Es war ein für Leipzig durchaus ungewöhnliches Projekt, das unter Federführung des Leipziger Ökolöwen 2011 im Leipziger Norden stattfand. "Mach's leiser" hieß es und hatte zum Ziel, mit den Bürgern vor Ort gemeinsam Projekte zu entwickeln, wie der (Verkehrs-)Lärm ohne großen Aufwand gemindert werden kann. Nach drei Jahren fand nun der Stadtrat der Linken Jens Herrmann-Kambach, man könnte doch mal nachfragen, was draus geworden ist.

Das tat er Anfang März. Und das Dezernat Stadtentwicklung und Bau hat am 19. März auch geantwortet. Und das Erstaunliche ist: Einige Bürgervorschläge wurden mittlerweile tatsächlich umgesetzt, wenn auch teilweise nach erheblichem Tauziehen, wenn man an die Geschwindigkeitsbeschränkung in der Möckernschen Straße denkt. Da durften auch die Bürger, die ja in ihrem konkreten Wohnumfeld dachten und Vorschläge machten, erfahren, wie lange eine Verwaltung braucht, aus ihren Denkrastern herauszukommen.

Und so ein wenig klingt auch die aktuelle Antwort eher so, dass man sich nicht gar zu sehr mit so einem Projekt identifizieren mag – es könnte ja Schule machen.

“Das Modellprojekt ‘Mach ?s leiser – Mitwirken bei der Lärmaktionsplanung in Leipzig’ war ein Sondervorhaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, welches vom Ökolöwen-Umweltbund Leipzig e. V., CivixX – Werkstatt für Zivilgesellschaft und StadtLabor durchgeführt wurde”, betont denn das Baudezernat auch extra in der Antwort an Herrmann-Kambach. “Die Stadtverwaltung wurde neben anderen Akteuren wie z. B. der LVB GmbH zu speziellen Themen eingeladen und hat sich auf freiwilliger Basis beteiligt. Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben insbesondere konkrete Hinweise zur Umsetzbarkeit einzelner Maßnahmen während deren Erarbeitung gegeben.”

Aber versprochen ist versprochen – die Ergebnisse flossen mit ein in die Erarbeitung des Lärmaktionsplanes.

“Ein Stadtratsbeschluss zum Umgang mit dem Konzept oder zu dessen Umsetzung wurde jedoch nicht gefasst”, betont das Dezernat.

Aber einige Anregungen fand man dann doch so sinnvoll, dass man sie entweder schon umgesetzt hat oder demnächst umsetzen will. Denn durch eines zeichneten sich die meisten Vorschläge aus: Sie sind in der Umsetzung nicht teuer, brauchen oft nur eine veränderte Beschilderung. Naja, und ein bisschen Kontrolle.Von den im Konzept aufgeführten 24 Maßnahmen wurden, so betont das Baudezernat, unabhängig von Beschlusslagen im Rahmen des Verwaltungshandelns sechs Maßnahmen tatsächlich schon umgesetzt.

Das erste ist (01) die Wegweisung zum Zoo, die die von Außerhalb mit Pkw anreisenden Zoo-Besucher direkt über die Hauptverkehrsadern zu den Parkhäusern am Zoo lenkt und damit die angrenzenden Wohnviertel vom Park- und Suchverkehr entlastet.

Das zweite ist (Vorschlag 04) die Verkehrslenkung über die neue B 6, die zu einer Entlastung der Georg-Schumann-Straße führt.

Daraus folgt der teilweise umgesetzte Vorschlag 09 mit dem Arbeitstitel “Georg-Schumann-Allee”, der durch das Schaffen von Parkflächen und Radwegen im Verlauf der Straße zu einer Verkehrsberuhigung führt. Da und dort in der aktuellen Testphase auch zu Verkehrsengpässen oder zum üblichen Missbrauch von Rad- und Gehwegen als Parkplatz. Daran wird also noch weitergearbeitet werden müssen.

Umgesetzt ist Vorschlag 12, eine Tempo-30-Zone in der Hans-Oster-Straße, ebenso Nummer 13, eine Tempo-30-Zone im Viertelsweg. “2013 wurde die bestehende Tempo-30 Zone Yorckstraße auf die Huygensstraße erweitert”, ergänzt das Baudezernat, was Vorschlag Nr. 11 war. “In der Annaberger Straße und in der Hans-Beimler-Straße gilt schon seit längerer Zeit Tempo 30 mit Streckenbeschilderung.”

Und dabei soll es nicht bleiben. Denn auch die anderen Vorschläge zeichnen sich ja dadurch aus, dass sie mit relativ geringen Mitteln umsetzbar sind.

So sei noch für 2014 die Realisierung der Maßnahme 14, die Einrichtung einer Tempo-30-Zone in der Stahmelner Straße geplant, teilt das Baudezernat mit. “Nach Herabstufung der Stahmelner Straße als Anliegerstraße kann diese nunmehr in die Tempo-30-Zone einbezogen werden.”Eine weitere Maßnahme (Nummer 26) befände sich ebenfalls in Bearbeitung. Hier handelt es sich um die Herstellung einer Spielfläche in der Gottschallstraße. Ein Thema, das die Grünen-Fraktion jetzt mit einem eigenen Antrag aufgegriffen hat. Sie will nicht nur eine Spielfläche auf diesem Straßenabschnitt, der den Bretschneider-Park in Eutritzsch zerschneidet, sondern die Kompletteinziehung der Straße zwischen Kleist- und Geibelstraße.

“Der Bretschneiderpark ist als sehr beliebtes Freizeitareal durch die Gottschallstraße zerschnitten. Er würde, neben den damit wegfallenden Risiken durch den motorisierten Verkehr und der Reduzierung von Verlärmung, als Erholungsgebiet außerordentlich aufgewertet werden können. Die Straße muss dazu entwidmet und das dafür nötige Straßeneinziehungsverfahren eingeleitet werden”, heißt es in ihrem Antrag, der auch in der Ratsversammlung am 16. April wieder behandelt wird. “Durch die Einbindung des Straßenabschnitts in den Bretschneiderpark sind Umbaukosten zu erwarten. Diese müssen im Haushaltplan der zuständigen Ämter für 2015 eingeordnet und damit die erfolgreiche Umwidmung und qualitative Aufwertung als Parkteil mit hohem Aufenthaltswert abgesichert werden.”

Es bleiben trotzdem noch etliche Vorschläge aus dem Projekt “Mach’s leiser” über. Sie sind aber nicht vom Tisch.

“Die weiteren angedachten Maßnahmen, welche die Stadt Leipzig betreffen, werden in Zukunft mit der Planung von Baumaßnahmen geprüft und wenn möglich, im Zusammenhang mit diesen umgesetzt”, erklärt das Dezernat Stadtentwicklung und Bau. “Derzeit sind dafür jedoch keine finanziellen Mittel vorhanden oder speziell geplant.”

Ziemlich forsch – aber logisch – war die Nachfrage von Jens Herrmann-Kambach: “Inwieweit ist vorgesehen, das Projekt auf andere Ortsteile auszuweiten und hier ebenfalls unter Beteiligung der Öffentlichkeit ein konkretes Konzept zur Lärmreduzierung zu diskutieren und zu verabschieden.”

Aber da weicht das gestresste Dezernat lieber aus und verweist auf den Lärmaktionsplan, der aber nicht so ortsteilgenau ist und daher für viele Leipziger viel zu unkonkret. Das Dezernat dazu: “Maßnahmen zur Lärmreduzierung im Stadtgebiet sind Bestandteil des gültigen Lärmaktionsplanes und bilden damit Grundlage des Verwaltungshandelns. Der Lärmaktionsplan wurde mit mehrstufiger stadtweiter Beteiligung der Öffentlichkeit aufgestellt. Ob darüber hinaus seitens des Bundes Projekte in vergleichbarer Weise vorgesehen sind, ist derzeit nicht bekannt.”

Das nennt man dann ein gewolltes Missverstehen. Jens Herrmann-Kambach hat schon die richtige Frage gestellt.

Der Verlauf und die Ergebnisse des Projektes “Mach’s leiser” wurden in einer Broschüre des Umweltbundesamtes veröffentlicht.

Hier sind sie als Download verfügbar: www.uba.de/uba-info-medien/4455.html

Der Grünen-Antrag zur Gottschallstraße: http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/935C8A995D103337C1257C99004D1A69/$FILE/V-a-522.pdf

Zum Lärmaktionsplan der Stadt: www.leipzig.de/umwelt-und-verkehr/luft-und-laerm/laermschutz/

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