LeserclubDeutschland hat ein Problem. Und das ist kein simples Melde-Problem, auch wenn jetzt eine Klage vorm Europäischen Gerichtshof droht, weil die Bundesrepublik für mehr als die Hälfte seiner 4.700 FFH-Gebiete keine Maßnahmen zum Erhalt des Schutzstatus benannt hat. FFH steht für die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie - und so ein FFH-Gebiet ist auch der Leipziger Auwald. Der Floßgraben liegt mittendrin. Und Wasserpflanzenmahd ist eindeutig keine Schutzmaßnahme für Flora und Fauna.

Auch dann nicht, wenn sie im Winter stattfindet. Selbst auf der Website der Stadt Leipzig heißt es dazu: “Für jedes einzelne FFH-Gebiet gelten gebietsspezifische Erhaltungsziele. Sie bilden die Beurteilungsgrundlage bei der Prüfung eines Projekts auf mögliche Verschlechterung der Umweltbedingungen”.

Es geht nicht nur um den Eisvogel. Aber er ist nun einmal die besonders geschützte (oder besser: zu schützende Art), die sich im Floßgraben wieder angesiedelt hat, nachdem die Gewässerverbindung im südlichen Auwald entschlammt und wieder befahrbar gemacht wurde. Auch vor den Entschlammungsmaßnahmen und der Befahrbarmachung war er am Floßgraben nachweisbar. Die Wiederherstellung des Grabens hat seinen Lebensraum hier natürlich aufgewertet. Aber das bedeutet nicht, dass die Stadt Leipzig nun freie Hand hat, ihn einfach umzusiedeln oder in seinen (wieder entstandenen) Lebensraum einzugreifen und seine Lebensbedingungen wieder zu verschlechtern.

Zwei Jahre wurde darüber heftig diskutiert. Die Landesdirektion Leipzig wurde von den Naturschützern angerufen. Immer wieder führte das zur Einschränkung auch der Ausnahmegenehmigung für das Rana-Boot. Die Allgemeinverfügung für 2015 sieht nun vor, dass kein motorisiertes Boot durch den Floßgraben fahren darf. Auch nicht das Rana-Boot.

“Eigentlich sollte das allgemeine Verbot der Motorboot-Schifffahrt im Floßgraben für 2015 bereits deutlich genug sein. Trotzdem lässt die Stadt jetzt wieder im Floßgraben artenreiche Unterwasservegetation entnehmen – zum Schaden des sensiblen Gewässers”, kritisierte der Leipziger Ökolöwe die Wasserpflanzen-Mahd im Floßgraben. “Bereits in der Vergangenheit warnte der Ökolöwe vor der Ausmähung des kleinen Flüsschens im Auwald. Im Floßgraben befindet sich neben vielen geschützten Tierarten nämlich auch der Natura-2000-Lebensraumtyp des Anhangs I der FFH-RL ‘Fließgewässer mit Unterwasservegetation (Lebensraumtyp 3260)’. – Hier handelt es sich konkret um einen nach europäischem Recht geschützten Lebensraum, der nun mutwillig zerstört wird, obwohl gleichzeitig eine Schutzgebietsverordnung existiert, die diesen Lebensraumtyp als Erhaltungsziel definiert. Sogar in ihrem eigenen Limnologischen Gutachten aus 2012 hatte die Stadt bereits erfolgreich untersuchen lassen, dass die Entnahme der Unterwasservegetation einen Einschnitt für den Artenreichtum darstellt.”

Und trotzdem hat man im Winter wieder die Unterwasservegetation mähen lassen, als habe man im Frühjahr vor, wieder fleißig Motorboote durch den Graben fahren zu lassen.

So geht das einfach nicht, findet der NuKLA e. V. Für den Verein, der sich engagiert für den Erhalt des Auenwaldes einsetzt, ist die winterliche Krautung im Floßgraben eindeutig ein massiver Verstoß gegen bestehendes (Naturschutz-)Recht. Deswegen hat der NuKLA e.V. jetzt Beschwerde bei der Oberen Naturschutzbehörde, der Landesdirektion Sachsen, gegen die Untere Naturschutzbehörde, das Umweltamt der Stadt Leipzig, eingereicht.

Die Dienst-, Rechts- und Fachaufsichtsbeschwerde im kompletten Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Keune,
sehr geehrte Frau Cordes-Enge,

beginnend mit dem 03.02.2015 wurde der Floßgraben in erheblichem Umfang entkrautet. Veranlasst durch die Stadtverwaltung Leipzig, Amt für Stadtgrün und Gewässer, verantwortlicher Bürgermeister Heiko Rosenthal.
Ob und inwieweit die Stadt Leipzig auch für die Stadt Markkleeberg tätig geworden ist, ist derzeit nicht bekannt. Teile des von der Maßnahme betroffenen Floßgrabens liegen wohl auf Markkleeberger Flur. Die Beschwerde umfasst insoweit auch diese betroffenen Teile des Floßgrabens. Soweit die Stadt Leipzig auftragsgemäß für die Stadt Markkleeberg tätig geworden ist, umfasst die Beschwerde auch die Handlung der Stadt Markkleeberg.

Lt. Pressemitteilung der Stadt Leipzig war diese bis Mitte Februar andauernde Maßnahme angeblich zur Gewässerunterhaltung erforderlich, da in den Sommermonaten der Floßgraben angeblich “zu stark” verkraute. Weder wurde begründet, worin ein Schaden durch eine angebliche Verkrautung entstünde, der eine derartige Gewässerunterhaltungsmaßnahme erforderlich machen würde.
Darüber hinaus war die Entkrautung des im FFH- und Natura2000-Gebietes liegenden Floßgrabens unverhältnismäßig.
Gewässerunterhaltungsmaßnahmen sind zulässig und erforderlich, soweit die Ziele der WRRL, sowie die Schutzziele des FFH- und Natura2000- und SPA-Gebietes unterstützt werden:

• Bewahrung bzw. Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes aller im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen (LRT) des Anhanges I der FFH-RL (v.a. LRT der Fließ- und Stillgewässer, Hartholz- und Weichholzauenwälder sowie Eichen-Hainbuchen-Wälder)
• Bewahrung bzw. Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes aller im Gebiet vorkommenden Arten des Anhanges II und IV der FFH-RL (Fischarten, Amphibien, Libellen, Fischotter; hier insbesondere Bitterling und Grüne Keiljungfer)
•Sicherung/Erhaltung/Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustandes von insbesondere Mittelspecht sowie Schwarz- und Rotmilan sowie Eisvogel und damit eine ausreichende Vielfalt, Ausstattung und Flächengröße ihrer Lebensräume und Lebensstätten innerhalb des Vogelschutzgebietes, unter Berücksichtigung bestehender funktionaler Zusammenhänge. Erhalt und Förderung der Kohärenz zwischen dem nördlichen und südlichen Auwald mit zu förderndem Gebietsmanagement für den überregionalen Fließgewässerverbund der Weißen Elster.

Vermutlich ist diese angebliche Gewässerunterhaltungsmaßnahme im Hinblick auf eine touristische Nutzung vorgenommen worden, die weit über die Gemeingebrauchsnutzung hinaus geht. So insbesondere für eine gewerbliche und/oder motorisierte Gewässernutzung. Das Verändern von Gewässern für eine derartige Nutzung ist jedoch keine Gewässerunterhaltungsmaßnahme i.S. der gesetzlichen Regelungen.

Die Untere Wasser- und Naturschutzbehörde hat mit dieser vermeintlichen Gewässerunterhaltungsmaßnahme vermutlich gegen geltendes Umweltrecht verstoßen, insbesondere gegen das SächsNatSchG und das SächsWG sowie die ausgewiesenen Schutzgebietsziele, da mit den vermeintlichen Unterhaltungsmaßnahmen gegen die bestehenden Schutzziele verstoßen, bzw. deren Erreichen vereitelt wurde.

Wir bitten den geschilderten Sachverhalt im Hinblick auf die geltend gemachten Verstöße in dienst-, rechts- und fachaufsichtlicher Weise zu prüfen und gegebenenfalls entsprechend zu handeln. Insbesondere für die Zukunft einen Verstoß gegen geltendes Recht zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen!

Wolfgang Stoiber

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 2 Kommentare

Welche denn? Kennen Sie sich im Verwaltungsrecht aus?

Eine Behörde quasi “anzuzeigen” oder “anzuklagen” ist nämlich nicht so einfach.

(Wenn’s so wäre, hätte ich das Verkehrsamt in Leipzig längst mit Klagen überzogen.)

Beschwerde?
Darüber lachen doch die (Un)verantwortlichen des Leipziger Umweltamtes.
Es müssen andere Wege gefunden werden.

Schreiben Sie einen Kommentar