Manches geht nicht so schnell, wie es sich Leipzigs Planer so gedacht haben. Meistens liegt es am Geld oder an der Komplexität der Aufgabe. Aber auch im Schneckentempo kommt man irgendwann an den Punkt, an dem ein lange als noch fast unmöglich gedachtes Projekt so langsam in die Umsetzung kommt. Das ist jetzt bei der Georg-Schumann-Straße der Fall.

So einen Vorgeschmack, wie der Straßenzuschnitt zwischen Chausseehaus und Stahmelner Straße künftig einmal aussehen könnte, haben die Nutzer der Straße schon seit 2012. Damals wurde – nachdem das neue Teilstück der B6 auf der Max-Liebermann-Straße in Betrieb gegangen war – die Georg-Schumann-Straße kurzerhand abmarkiert, wurden rechts und links neue Parkstreifen aufgemalt, daneben noch Radfahrstreifen. Eigentlich erst einmal zum Test.

Dass das an einigen Stellen – insbesondere vor stark frequentierten Kreuzungen – zu neuen Konflikten führen könnte, war zu ahnen. Aber mit einigem Recht hofften ja Leipzigs Verkehrsplaner darauf, dass sich die Hauptlast des Verkehrs auf die Max-Liebermann-Straße verlagern würde.

Aber spätestens im Berufsverkehr sieht man, dass diese Rechnung nicht ganz aufging. Was auch daran liegt, dass die Georg-Schumann-Straße viele Seitenverbindungen bedient, ohne die die Leipziger nicht zur Arbeit, zur Kita oder zur Schule kommen.

Das muss natürlich berücksichtigt werden, wenn die Straße tatsächlich umgestaltet wird.

So lange aber will die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat nicht warten. Sie will die 2012 auf den Asphalt gemalte Straßenraumaufteilung schon vorher evaluieren lassen und hat einen entsprechenden Antrag zur Ratsversammlung am 15. April gestellt.

Darin heißt es: “Die im Jahr 2012 beschlossene und realisierte Straßenraumaufteilung in der Georg-Schumann-Straße, östlich der Slevogtstraße, wird auf Grundlage von Verkehrszählungen und vorhandener Problemanzeigen auf ihre Zweckmäßigkeit evaluiert. Im Ergebnis dessen legt die Stadtverwaltung bis 31.12.2015 einen Vorschlag zur künftig dauerhaften Straßenraumaufteilung vor, der dann Grundlage für alle weiteren Straßenausbauplanungen in der Georg-Schumann-Straße ist.”

Beginnend mit dem Jahr 2015 steht die Georg-Schumann-Straße im Mittelfristigen Investitionsprogramm der Leipziger Verkehrsplaner. Doch allein die Länge der Straße sorgt dafür, dass hier in mehreren Abschnitten gebaut werden muss und sich die Gesamtbaumaßnahme mindestens bis ins Jahr 2020 hinziehen wird. Die Investitionskosten liegen irgendwo zwischen 29 und 34 Millionen Euro. Und es wird gerade an den Knotenpunkten nicht viel anders sein als im aktuellen Bauprojekt Karl-Liebknecht-Straße: Es braucht kluge Kompromisse, die auch notwendige Fördergelder für die Straßenbahn ermöglichen, den Verkehr an den neuralgischen Punkten aber nicht abschnüren.

Im Sommer 2012 wurde der Verkehrsraum in der Georg-Schumann-Straße mit Markierungen neu aufgeteilt. Grundlage dafür waren zwei Ratsbeschlüsse von 2011 und 2012.

Das Projekt sollte auch ein paar Kernfragen für den geplanten Umbau klären. Aus CDU-Sicht diese: “Hintergrund dieses Antrags war, neben dem generellen Ziel einer zügigen Verkehrswirksamkeit der B 6 (neu), die seit vielen Jahren geführte Diskussion, ob die Straßenbahn hier einen separierten Gleiskörper benötigt, was nach langjähriger Lesart die einzig förderfähige Lösung sei, oder ob eine Mischnutzung der Straßenmitte durch Straßenbahn und Autoverkehr funktionieren kann.”

Kaum eine Stadtratsfraktion beschaut sich das Ganze nun seit 2012 so kritisch wie die CDU-Fraktion: “Die Neuaufteilung des Straßenraums durch Markierung sehen wir als Verkehrstest an, um genau diese Frage sachgerecht entscheiden zu können, bevor vollendete Tatsachen in Beton und Asphalt gegossen werden. Die neue Straßenraumaufteilung wird im Sommer diesen Jahres nunmehr drei Jahre alt, eine gründliche Evaluierung ist somit angebracht und sinnvoll. Die bisherige Bilanz ist aus unserer Sicht durchwachsen.”

Das Hauptproblem, das die Fraktion derzeit sieht, ist die Behinderung der Straßenbahn durch Autostaus.

“Regelmäßig, vor allem in der Verkehrsspitze spätnachmittags, passiert dies in der landwärtigen Zufahrt zur Kreuzung/Haltestelle Lützowstraße. Der hier zu verzeichnende Rückstau von Autos auf den unseparierten Gleiskörper ließe sich allerdings mit veränderter Markierung leicht vermeiden bzw. zumindest reduzieren”, stellt sie dazu fest. Die Sache ist also nicht unlösbar. Schon in den Vorjahren hatte die Fraktion mehrfach vorgeschlagen, die Radfahrstreifen statt mit einer durchgehenden mit einer gestrichelten Abgrenzung zu versehen.

“Verschiedentlich sind ähnliche Rückstauprobleme auch in der landwärtigen Zufahrt zur Kreuzung Slevogtstraße und in der stadtwärtigen Zufahrt zur Einmündung Kirschbergstraße zu verzeichnen”, stellt die CDU in ihrem Antrag ebenfalls fest. Und benennt damit zwei weitere Kreuzungspunkte, an denen die Georg-Schumann-Straße nach wie vor als Haupterschließungsstraße für die angrenzenden Stadtteile dient. Das löst man natürlich nicht mit der Erwartung, dieser Verkehr könnte auf die Max-Liebermann-Straße verlagert werden.  Dasselbe Wahrnehmungsproblem haben die Planer ja auch bei den Nord-Süd-Querungen für Radfahrer.

Aber irgendwie sieht die CDU-Fraktion das Problem nach wie vor eher in den Radfahrern und nicht im opulent ausgebauten Parkraum an der Straße. “Ein weiteres Problem ist die sehr ungleichmäßige Ausnutzung der Verkehrsflächen. Während die durch Straßenbahn und Autoverkehr gemeinsam genutzte Straßenmitte sehr stark ausgelastet ist, wird der Radstreifen augenscheinlich nur spärlich genutzt. Auch in der fahrradfreundlichen wärmeren Jahreszeit 2014 blieb die Zahl der Radfahrer hier sehr überschaubar. Es stellt sich somit die Frage, ob es angesichts des Radverkehrsaufkommens in Gohlis, Möckern und Wahren einen ausreichenden Bedarf für diesen Radstreifen gibt”, heißt es folglich im CDU-Antrag. Aber aus der ersten Verstimmung über die Radfahrer an dieser Stelle ist man jetzt heraus und schlägt lieber vor: “Ein denkbarer Kompromiss wäre z.B. die Neumarkierung des Radstreifens mit einer bei Bedarf überfahrbaren gestrichelten Linie.”

Mit dem Antrag möchte die Fraktion frühzeitig die Diskussion über die künftige Straßenraumaufteilung in der Georg-Schumann-Straße eröffnen. Aber die eigentliche Diskussion wird sowieso erst beginnen, wenn Stadt und LVB die ersten Planungsentwürfe vorlegen. Und die wird es erst geben, wenn die Förderbedingungen für den Gleiskörper (separiert oder nicht) geklärt sind. Möglicherweise mit dem Freistaat, denn der Bund fördert nach wie vor nur separierte Gleiskörper, die vor allem eine Beschleunigung der Straßenbahn ermöglichen.

“All diese Fragen sollten nunmehr gründlich geprüft werden, um im Ergebnis zu einer langfristigen Verkehrsraumaufteilung zu kommen, die funktioniert und dann auch dauerhaft in Beton und Asphalt gegossen werden kann”, stellt die CDU-Fraktion in ihrem Antrag noch fest.

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Ich halte die Spariererei der Straßenbahn generell für einen Fehler, auch in der Karl-Liebknecht-Straße, z. B.
Dadurch wird die Straße zerschnitten, Querungsmöglichkeiten für Fußgänger/Radfahrer beseitigt und die Anmutung einer Schnellstraße hergestellt, wo Verkehrsberuhigung angesagt wäre, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, die eine Voraussetzung für die Ansiedlung von Geschäften wäre, die eine solche Straße beleben müssen, wenn sie nicht eine Geisterstraße bleiben soll, wie die GS in weiten Teilen ist…

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