Stück für Stück werden die alten Leipziger Mühlgräben wieder freigelegt. Auch das ist so ein echtes Leipziger Jahrhundertprojekt. Vor 60 Jahren wurden Pleiße- und Elstermühlgraben in aller Eile verrohrt, weil die Industrieabwässer aus dem Süden die Brühe schäumen und stinken ließen. Entsprechend teuer und aufwendig wird die Wiederherstellung der Wasserlandschaft. Am Elstermühlgraben geht es jetzt weiter.

Den ersten Abschnitt – den von der Funkenburgbrücke/Thomasiusstraße bis zur Jacobstraße – hat man schon 2006 im Rahmen des Olympiasofortprogramms und der Neuordnung im Ranstädter Steinweg geöffnet. 2007 war hier die feierliche Eröffnung. Dann folgte 2010 der zweite Abschnitt vom Schreberbad bis zur Friedrich-Ebert-Straße samt Bau der Außenmole für den künftig geplanten Stadthafen. Und 2015 wurde dann für rund 7,3 Millionen Euro der erste von drei Bauabschnitten im restlichen Teil vollendet: das Stück zwischen Friedrich-Ebert-Straße (mit Neubau der dortigen Westbrücke) und der Elsterstraße.

Bleiben noch zwei Einzelabschnitte.

Der letzte – der zwischen Elsterstraße und Lessingstraße – soll 2018 angepackt werden. Da sollen dann auch die Elsterbrücke und die Poniatowskibrücke neu gebaut werden.

Noch 2016 aber soll der Bau des vorletzten Abschnitts zwischen Poniatowskibrücke/Lessingstraße und Funkenburgbrücke/Thomasiusstraße beginnen. Auch das ist kein ganz einfaches Stück innerstädtischen Gewässers. Denn das 85 Meter lange Grabenstück soll ja nicht nur künftig zur Bootsbenutzung befähigt werden, sondern auch Hochwasserschutzbelange erfüllen. Was dann bedeutet, dass der Graben breiter werden soll als der ursprüngliche Elstermühlgraben an der Stelle. Insbesondere auf der südlichen Seite sollen die neuen Wände so versetzt werden, dass man einen breiteren Grabenzuschnitt erhält, durch den im Hochwasserfall mehr Wasser abgeleitet werden kann.

Auf der Nordseite gibt es keine Spielräume. Da will man dem Verlauf der alten Grabenmauern folgen, auch wenn die im ersten Schritt erst einmal komplett ausgegraben und durch neue Stützmauern aus Beton ersetzt werden sollen. Das alte Natursteinmaterial aber soll zur Verblendung der Mauer wieder genutzt werden.

Das nächste Stück Elstermühlgraben zwischen Lessing- und Thomasiusstraße. Karte: Stadt Leipzig
Karte: Stadt Leipzig

Am Haus Lessingstraße 24 gibt es dann eine Besonderheit, die so ein bisschen das Gefühl wieder lebendig macht, das vor 100 Jahren die Nutzer des Elstermühlgrabens hatten, wenn sie hier Richtung Stadtzentrum schipperten.

In der Vorlage der Verwaltung zum neuen Finanzierungsbeschluss heißt es dazu: „Am Nordufer soll die Uferwand im Bereich des Gebäudes Lessingstr. 24 nicht bis zur gegenwärtigen Geländeoberkante geführt werden. Vielmehr ist aus gestalterischer Sicht eine tieferliegende Kopfausbildung der Wand gefordert, um Teile der ineinander übergehenden Gebäude-Kellerwand sowie der Uferwand erlebbar zu machen.“

Das Haus steht dann also wieder direkt am Wasser. So dass eigentlich kein Platz mehr für einen Fuß- und Radweg bleibt, der von der Stichstraße von der Thomasiusstraße her weiterführt bis zur Lessingstraße. Also wird hier direkt über das Wasser ein Holzsteig gebaut, wie man ihn schon von Lurgensteins Steg kennt.

Oder im Planerdeutsch: „Da die Führung des Uferweges das bestehende Geländehöhenniveau beibehalten soll (Einhaltung der Belange der Barrierefreiheit), ist der Uferweg in diesem Bereich als aufgeständerte Konstruktion zu führen. Zwischen aufgeständerter Wegführung am Gebäude Lessingstr. 24 und normaler Führung auf der Verkehrsfläche Stich Thomasiusstraße wird der Uferweg als Kragsteg ausgeführt, da die Uferwandaußenkante wie bisher die Grundstücksgrenze bildet.“

Da das Grabenkonstrukt völlig neu gebaut wird, wird es an der Stelle natürlich nicht gerade billig: Rund 4 Millionen Euro wird der Neubau kosten, der in den Jahren 2016 und 2017 ausgeführt werden soll. Neu an dem Projekt ist, dass der Neubau der Funkenburgbrücke im Verlauf der Thomasiusstraße jetzt mit ins Projekt einbezogen wird. Bislang sollte dafür im Rat ein Extra-Baubeschluss gefasst werden.

Der Bau der Brücke kostet rund 1 Million Euro. Sinn macht die Einbeziehung vor allem deshalb, weil sich dadurch die Bauzeit (und damit die Sperrzeit für die Thomasiusstraße) verringern lässt.

Insgesamt hat sich dieses Grabenstück gegenüber früheren Planungen um rund 830.000 Euro verteuert. Darin enthalten sind auch 35.000 Euro für Grunderwerb. Den zusätzlichen Baugrund von einem Privateigentümer zu erhalten, war augenscheinlich ein schwieriges Unterfangen. Ob die Stadt auch die zusätzlichen 830.000 Euro gefördert bekommt, ist noch offen.

Bislang sind anteilig für 3,2 Millionen Euro Baukosten für das Grabenbauwerk (alte Planung) rund 2,3 Millionen Euro an Fördergeldern zugesagt. Da der Freistaat wahrscheinlich auch den Brückenneubau fördert, könnten auch 75 Prozent der Brückenbaukosten als Fördersumme fließen.

Der kleine Spielplatz mit der Schlange direkt an der Thomasiusstraße soll künftig erhalten bleiben.

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