Irgendwann fühlen sich auch Leipzigs Stadträte nur noch veräppelt, wenn ihre Beschlüsse nicht umgesetzt werden und Leipzigs Verwaltung nicht mal mehr kommuniziert, warum man an einem Projekt nicht weiterarbeitet. Oder sich weigert, weiterzuarbeiten, weil die Einwände der Bürger zu stark sind. So wie beim Kulkwitzer See.

Dass Leipzigs Verwaltung hier in eine Richtung zerrt, die die in Seenähe lebenden Leipziger überhaupt nicht wollen, ist seit spätestens 2006 deutlich. Seitdem wird über den neuen Bebauungsplan für den Bergbaufolgesee diskutiert. Geharnischte Proteste der Grünauer brachten die Verwaltung damals dazu, ihre Pläne zum massiven touristischen Ausbau des Ostufers zurückzunehmen und irgendwie überhaupt erst einmal das Gespräch mit den Grünauern zu suchen, die mit den Markranstädtern die Hauptnutzer des Sees sind.

Dann schien die Diskussion irgendwie – zähflüssig und mit vielen Missverständnissen – in Gang zu kommen. Und verebbte wieder, was die Linksfraktion 2010 dazu brachte, mal nachzufragen, wo denn die versprochene überarbeitete Fassung des B-Plans bleibt. Der Ton war schon entsprechend scharf, denn schon 2009 war deutlich geworden, dass die Verwaltung doch wieder irgendwie einen Plan für interessierte Investoren machen wollte, nicht – wie von den Grünauern gewünscht – ein gut gestaltetes Naherholungsgebiet. Und das möglichst wieder ohne Öffentlichkeit, wie die Linksfraktion betonte: „Im Februar 2009 wurde im Stadtbezirksbeirat West in geschlossener Sitzung über Inhalte des überarbeiteten Bebauungsplans Nr. 232 ‚Erholungsgebiet Kulkwitzer See‘ informiert. Dieser sah u.a. vor, mehrere Uferbereiche, darunter eine ganze Halbinsel, abzuzäunen mit der Möglichkeit, diese zeitweilig zu verschließen. Kritisch wurden auch massive Bauten direkt am See gesehen. Dies führte zum Antrag IV/A 312, grundsätzlich keine Absperrungen von Uferstreifen an Seen und Flussläufen zuzulassen, welcher im September 2009 mehrheitlich beschlossen wurde.“

Und da nicht nur die Linksfraktion diese verborgenen Spielchen im Sinne einiger weniger allgegenwärtiger Investoren an den Seen mit Misstrauen beäugte, blieb der Verwaltung gar nichts anderes übrig, als diese Entwürfe wieder zu überarbeiten. Was wieder Zeit brauchte. 2013 fragte die Linke-Stadträtin Dr. Ilse Lauter wieder an: „Nachdem der ursprüngliche Entwurf des B-Planes 232 ‚Erholungsgebiet Kulkwitzer See‘ im Jahr 2006 aufgrund zahlreicher Bürgerproteste zurückgezogen wurde, ist es nach einem konstruktiven Dialog mit dem Quartiersrat Grünau, der IG Kulkwitzer See und anderen Akteuren im Jahr 2012 gelungen, einen konsensfähigen Planentwurf zu erarbeiten. Dieser sollte zu Beginn des Jahres 2013 ins Verfahren gegeben werden, was jedoch bis heute nicht geschah.“

2013 gab’s den überarbeiteten Entwurf noch nicht. Dafür kam er 2014 auf den Tisch. Vieles darin klang anders. Aber wer genauer hinschaute, sah, dass man die Vorranggebiete für private Investoren nur anders versteckt hatte. Was dann spätestens bei der öffentlichen Auslegung dieser Pläne bei vielen Grünauern die Haare zu Berge stehen ließ. Deutlicher konnte eine Verwaltung gar nicht zeigen, dass ihr der Bürgerwille eigentlich völlig egal ist und sie auf einigen Politikfeldern versucht, die Interessen einiger weniger Gutbekannter bis in die Bebauungspläne hinein durchzusetzen.

Aber wenn schon bei der öffentlichen Auslegung spürbar wird, dass es im Stadtrat massiven Gegenwind geben wird, was macht man da?

Das würde Dr. Ilse Lauter auch jetzt wieder gern wissen.

Deswegen hat sie nun die nächste Anfrage für die Ratsversammlung gestellt: „Nachdem der ursprüngliche Entwurf des B-Planes 232 ‚Erholungsgebiet Kulkwitzer See‘ im Jahr 2006 aufgrund zahlreicher Bürgerproteste zurückgezogen wurde, ist es nach einem konstruktiven Dialog mit dem Quartiersrat Grünau, der IG Kulkwitzer See und anderen Akteuren im Jahr 2012 gelungen, einen konsensfähigen Planentwurf zu erarbeiten. Dieser sollte zu Beginn des Jahres 2013, dann nach der Sommerpause 2013 ins Verfahren gegeben werden. Das jedoch geschah erst im Juli 2014. Die öffentliche Auslegung erfolgte vom 09.09.2014 bis zum 08.10.2014. Seitdem hat sich anscheinend nichts getan.“

So nebenbei geht sie auch auf die sensiblen Biotope am See ein, die insbesondere um das Gebiet des Zschampert entstanden sind. Nicht erst seit 2006, wie sie in ihren Fragen vorsichtig andeutet, sondern seit Flutung des Sees.

Man kann gespannt sein, welche Antworten sie in der Ratsversammlung am 24. August auf ihre Fragen bekommt.

Hier sind sie:

„Welche Gründe haben zur weiteren Verzögerung der Beschlussfassung geführt?
Wer ist dafür verantwortlich?
Wie groß ist die Möglichkeit, dass sich in den vergangenen Jahren weitere geschützte Tier- und Pflanzenarten im und am See angesiedelt haben?
Wenn ja, macht sich dadurch eine erneute Prüfung von Umweltbelangen im Planverfahren erforderlich?
Wie würde sich diese auf den Zeitplan und die damit verbundenen Kosten des Planverfahrens auswirken?
Wann wird dem Stadtrat der B-Plan 232 zur Beschlussfassung vorgelegt? (Bitte konkretes Jahr benennen.)
Wird es im Jahr 2016 noch eine Zehnjahresfeier ‚ruhender B-Plan 232‘ geben?“

Begründung zur B-Plan-Vorlage von 2014.

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