Zu allem braucht man Leute. Die dann machen und umsetzen, was der Stadtrat beschlossen hat. Mittlerweile türmen sich im Rathaus die Beschlüsse, die deshalb nicht umgesetzt werden konnten, weil man die entsprechenden Leute dazu nicht eingestellt hat. Das trifft auch auf das neue Betreiberkonzept für die „Völkerfreundschaft“ in Grünau zu. Schon im Juli 2015 hatte es die Verwaltung mit Trompetenstößen angekündigt.

In der Ratsversammlung am 16. September 2015 hat der Stadtrat das Nutzungs- und Betreiberkonzept für das Bürgerhaus „Völkerfreundschaft“ in Leipzig-Grünau dann beschlossen. Aber im Juni 2016 war an einem entscheidenden Punkt noch immer nichts passiert. Da fragte die Linksfraktion lieber noch mal nach. Und bekam dann Ende Juni auch Antwort.

„Wie ist der Stand der Umsetzung des Nutzungs- und Betreiberkonzeptes?“, fragte man kurz und knapp. Und das Sozialdezernat teilte stolz mit, dass tatsächlich schon so einiges passiert ist. Man sieht es nicht unbedingt von außen. Denn um das neue Betriebskonzept umsetzen zu können, mussten vor allem in der inneren Raumstruktur einige Veränderungen vorgenommen werden. Daran habe man schon seit 2015 gearbeitet, heißt es in der Antwort der Verwaltung.

„Die geplanten Bau- und Sanierungsmaßnahmen wurden umgesetzt. 2015 wurden insgesamt 43.481 Euro in Baumaßnahmen ohne Wartung investiert. Dazu gehören Arbeiten im Bereich Brandschutz, Beleuchtung und Wechselsprechanlage.“

Die angedachte neue Koordination im Haus habe dann im Mai 2016 ihre Arbeit aufgenommen, so das Sozialdezernat: „Die Nutzung des ‚Großen Saals‘ wird derzeit über die Leitung des Offenen Freizeittreffs in Zusammenarbeit mit dem Amt für Gebäudemanagement gesteuert und umgesetzt. Der Koordinator für Jugend und Bildung hat im Mai 2016 sein Büro in der ‚Völkerfreundschaft‘ bezogen. Mit der neuen Raumkonzeption für die ‚Völkerfreundschaft‘ und dem damit verbundenen alleinigen Nutzungsrecht des ‚Kleinen Saals‘ durch den Offenen Freizeittreff wurde die sozialpädagogische Arbeit erweitert. Gemeinsam mit den Nutzern des Offenen Freizeittreffs wurden die Angebote weiterentwickelt. Mit der räumlichen Erweiterung ist auch die Nutzerzahl leicht gestiegen. Die Umorganisation des Vereinssports in der ‚Völkerfreundschaft‘ ist abgeschlossen und im Einvernehmen mit den Sportvereinen umgesetzt. Die bisherigen Nutzer aus dem Bereich des Vereinssports nutzen das Gebäude weiterhin.“

Aber das wäre – bei aller Umsortiererei – trotzdem immer noch das alte, ziemlich nach innen gekehrte Nutzungskonzept. Dabei sollte doch das Haus mit seinen Angeboten nach dem Stadtratsbeschluss deutlich besser vermarktet werden. Dazu sollte – wie die Linksfraktion extra nachfragte – die Stelle einer/eines Koordinatorin/Koordinators entweder kostenneutral über eine Stellenumbesetzung bzw. über eine Neubesetzung besetzt werden.

Das ist aber so nicht passiert, wie die Verwaltung dann mitteilte: „Eine amtsinterne Umbesetzung oder Stellenwandlung zur Besetzung der Stelle des/r Koordina-tors/in für Veranstaltungsmanagement wurde intensiv geprüft. Sie ist jedoch aufgrund anderweitiger Bedarfe nicht möglich. Eine Neubesetzung der Stelle ist aufgrund der derzeitigen hohen Bedarfe und im Rahmen der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel der Stadt Leipzig ebenfalls nicht möglich. Die Verwaltung prüft Alternativen für das Veranstaltungsmanagement.“

Dabei hatte es im Stadtratsbeschluss extra geheißen: „Das größte Entwicklungspotential im Gebäudekomplex der ‚Völkerfreundschaft‘ wird in der Qualifizierung des Veranstaltungsmanagements im sogenannten ‚Großen Saal‘ gesehen. Dieser ‚Große Saal‘ stellt ein Alleinstellungsmerkmal für Grünau gesamt dar und muss neu organisiert und planerisch aufbereitet werden.“

Dafür wurde der Zugang zum Großen Saal extra neu organisiert. Jetzt muss nur noch jemand die gewünschten Veranstaltungen einwerben, die die „Völkerfreundschaft“ auch in der Kulturlandschaft wieder ins Gespräch bringen. Und es war das Sozialdezernat selbst, das in den Beschluss hineinschrieb: „Ergänzend für das Amt für Gebäudemanagement, das für die Gebäudeunterhaltung und das Gebäudemanagement verantwortlich ist, wird in der ‚Völkerfreundschaft‘ ein Büro für einen Koordinator für Veranstaltungsmanagement eingerichtet.“

Und der fehlt, weil er schlicht nicht bezahlt werden kann. Entsprechend sauer reagieren nun der Linke-Stadtrat Rüdiger Ulrich und der Stadtrat der Grünen Michael Schmidt in einer gemeinsamen Pressemitteilung:

„Mit dem neuen Konzept wurde das Ziel verfolgt, eine professionellere Vermarktung des Gebäudekomplexes im Sinne einer lebendigen generationsübergreifenden Nutzung für die Grünauer Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Dabei waren die verschiedenen Interessenlagen der vorhandenen Nutzer aus den Bereichen Jugendhilfe, Kultur und Sport angemessen zu berücksichtigen.

Zentraler Baustein des Nutzungs- und Betreiberkonzeptes war die Einrichtung einer Koordinatorenstelle für Veranstaltungsmanagement. In der Vergangenheit wurde dieses Aufgabengebiet von den pädagogischen MitarbeiterInnen des in der ‚Völkerfreundschaft‘ angesiedelten Offenen Treffs nebenbei mit übernommen. Das ging natürlich nur zulasten der eigentlichen Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen. Ein weiterer wesentlicher Baustein des Konzeptes bestand aber in der Stärkung des Offenen Freizeittreffs. Auf Antrag der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen wurde deshalb durch den Stadtrat beschlossen, ‚dass die personelle Ausstattung des Offenen Treffs unverändert beibehalten wird. Die Stelle der/des Koordinatorin/Koordinators für Veranstaltungsmanagement ist durch verwaltungsinterne Umbesetzung oder durch Neubesetzung zu schaffen.‘

Nach nahezu einem Jahr haben wir in der Stadtratssitzung im Juni nachgefragt, wie dieser Beschluss umgesetzt wurde. Es erfolgte die lapidare Antwort, dass die Stelle bis jetzt nicht geschaffen wurde. Alternativen werden geprüft. Damit wird ein Stadtratsbeschluss einfach negiert, ohne dass eine Information an den Stadtrat erfolgt. Zum anderen ist ein wesentlicher Bestandteil des Konzeptes nicht umgesetzt. Es besteht die Gefahr, dass die Zielstellung des neuen Konzeptes insgesamt nicht erreicht werden kann.

Wir erwarten, dass der Oberbürgermeister entsprechend seiner Stellung dafür sorgt, dass die Beschlüsse des Stadtrates umgesetzt werden.“

Beschlussvorlage zur „Völkerfreundschaft“ vom Mai 2015.

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