Der Abschied fällt schwer. Die einen erwarteten nach acht Jahren Hangen und Bangen nichts anderes, als was Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal am Montag, 6. März verkündete: Der Elsterstausee wird nicht mehr mit Wasser befüllt und entwidmet. Andere hatten noch so eine Hoffnung. Die Linke zum Beispiel. Sie hatte auf eine technische Lösung für den lecken See gehofft.

„Noch bis September 2016 haben wir nach technischen Lösungen gesucht, die finanziell verträglich eine Wiederbefüllung ermöglicht hätten“, erklärt nun Sören Pellmann, Vorsitzender der Linksfraktion im Stadtrat. „Leider hat dies die Stadtverwaltung offenbar nicht mit aller Kraft getan, sonst hätte es nicht die Zeit von 2009 bis heute gebraucht, um eine wirtschaftliche Lösung dann doch nicht zu finden. Vielleicht hätte die Stadtverwaltung dann geprüft, ob das bestehende Leitungssystem der Braunkohletagebausanierer genutzt werden könnte.“

Inzwischen sei so viel Zeit ohne erkennbare Zielerreichung vergangen, dass die NeubürgerInnen und die jungen LeipzigerInnen den Elsterstaussee gar nicht mehr kennen würden.

„Sie können das verlorene Kleinod gar nicht mehr bewerten“, sagt Pellmann. „Wir wollten den Elsterstausee weiter als Gewässer erhalten. Er hätte das Potential, den Wasserhaushalt des südlichen Auwaldes gesunden zu lassen. Mit einer Kapazität von 1.000.000 m³ hätte der See für Trockenperioden im Auwald Wasser bereithalten können. 6.000 LeipzigerInnen haben sich mit ihrer Unterschrift für den Erhalt des Stausees ausgesprochen. Alles für die Katz. Unsere Hoffnungen haben sich nicht erfüllt.“

Weniger enttäuscht zeigt sich die SPD-Fraktion. Sie hat schon viel früher auf die eine andere Entwicklung des trocken gefallenen Stausees gesetzt.

„Wir möchten daran erinnern, dass die SPD-Fraktion in der Vergangenheit die einzige Fraktion im Stadtrat war, die eine Entwidmung des Elsterstausees befürwortet hat“, erklärt Stadtrat Axel Dyck. „Eine nachhaltige Wiederherstellung des Gewässers als Stauanlage, bei der auch der Untergrund des ehemaligen Elsterstausees abgedichtet werden müsste, würde mehr als vier Millionen Euro kosten und darüber hinaus würden jährlich Betriebskosten anfallen. Diese Kosten sind nicht gerechtfertigt.“

Um den künstlichen See wieder in Betrieb nehmen zu können, müssten die 1933 bis 1935 gebauten Dämme für 4 Millionen Euro als stabile Deiche neu gebaut werden, der Seeboden müsste abgedichtet und die Pumpstation auf neuesten Stand gebracht werden. Aber – das hatte die Landesdirektion deutlich gemacht – auch eine Klärstation für das einzuleitende Elsterwasser müsste gebaut werden. Der See hat keinen natürlichen Zufluss. Wer die Wirtschaftlichkeit so eines Projekts berechnet, muss das immer mitbedenken – erst recht, wenn gleich nebenan zwei große neue Badeseen entstanden sind, die es 1933 noch nicht gab.

„Die Naherholungssituation in Leipzig im Allgemeinen und im Leipziger Südwesten im Speziellen hat sich in den letzten Jahren zudem erheblich verändert”, betont Axel Dyck. „Unmittelbar angrenzend an den Elsterstausee liegt seit dem Jahr 2000 der Cospudener See und südlich der A 38 wurde der Zwenkauer See vor knapp zwei Jahren der Öffentlichkeit übergeben. Dass der Elsterstausee nunmehr als naturnahes Erholungsgebiet genutzt werden soll, ist unserer Auffassung nach folgerichtig und zeigt Perspektiven auf, die über den Horizont des Elsterstausees hinausgehen. Die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger, sowie des Fördervereins in den Beteiligungsprozess begrüßen wir ausdrücklich.“

Und auch die Grünen zeigen sich unaufgeregt.

„Sicherlich haben wir uns eine andere Option für den Elsterstausee gewünscht“, sagt Michael Schmidt, Stadtrat der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für den Leipziger Südwesten. „Dennoch muss man konstatieren, dass die ökologischen und naturschutzrechtlichen Konsequenzen und die finanzielle Belastung bei einer zukünftigen Befüllung des Sees inakzeptabel wären und die Entscheidung zur Entwidmung des Sees konsequent ist. Das Vorgehen der Landestalsperrenverwaltung, die mittlerweile in völlig überzogener Weise auf großflächige Abholzungen auf Dämmen und Deichen beharrt, würde auch am Elsterstausee zu massiven Fällungen führen, sofern eine zukünftige Befüllung das Ziel wäre. Diese Eingriffe in den Naturraum und die damit verbundenen negativen ökologischen Folgen wären eine Katastrophe und würden gleichermaßen das Flair des Gesamtareals nachhaltig zerstören.“

Ideen, was – zusätzlich zu den Plänen des Umweltdezernats – noch passieren könnte, hat er auch.

„So könnte ich mir neben dem geplanten Historienpfad auch generationsübergreifende naturnahe Trimm-Dich-Angebote und auch Aussichtspunkte zur Tierbeobachtung vorstellen. Das Objekt des Segelvereins, welches mittelfristig durch den geplanten Umzug an den Zwenkauer See zur Verfügung stehen wird, bietet zukünftige Potentiale hinsichtlich gastronomischer und Umweltbildungsangebote oder Platz für Ferienfreizeiten. Auch der beruhigte Fuß- und Radweg entlang der Weißen Elster sollte als wichtige Nord-Süd-Verbindung erhalten bleiben und eine Instandsetzung erfahren“, meint Schmidt. Betont aber auch: „Welche Vorstellungen auch immer umgesetzt werden – wir werden aktiv auf eine frühzeitige und breit angelegte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger drängen. Viele Jahre haben sich zahlreiche Engagierte für eine weitere Entwicklung des Elsterstauseeareals stark gemacht. Erinnert sei an die riesige Unterschriftenaktion oder die symbolische Menschenkette zur Befüllung des Sees. Viele Menschen suchen auch heute das Areal zur Erholung auf. Ihre Ideen müssen in den Prozess einbezogen werden, um letztlich eine Entwicklung nicht nur für sondern mit dem Leipziger Südwesten zu erreichen.“

Auch in der Linksfraktion glühen nun die Köpfe, was man am See alles machen müsste. Die Vorschläge der Linksfraktion zum weiteren Umgang mit dem Stausee:

„1. Reparatur und Erhalt der Wege um und zum Stausee,
2. Umleitung des Elsterradweges auf die Cospuden-Strecke,
3. Wege um den Stausee nur noch für Fußgänger,
4. Erinnerungskultur entwickeln, natürlich auf das technische Denkmal als Flughafen und als Stauwerk in einer damals ‚seearmen‘ Landschaft,
5. Nutzung der vielfältigen Rechercheergebnisse des Vereins.“

Man sieht: Da ist der nächste Streit schon angelegt. Denn nicht nur vom ADFC kommt die klare Forderung, den beliebten Radweg westlich des Stausees zu erhalten. Es macht wenig Sinn, die Radrouten im Süden alle auf der viel befahrenen Strecke am Cospudener See zu bündeln und eine attraktive Radwegeverbindung zum Zwenkauer See einfach zu kappen. Die Stadtverwaltung sieht bislang auch keinen Grund, diesen Radweg einzuziehen.

Andererseits kündigt Sören Pellmann schon einmal an: „Diese Forderungen werden wir in der Stadtratssitzung entsprechend begründen. Es gibt Signale aus der Verwaltung, dass dies auch so möglich ist.“

In eigener Sache: Lokaler Journalismus in Leipzig sucht Unterstützer

https://www.l-iz.de/bildung/medien/2017/03/in-eigener-sache-wir-knacken-gemeinsam-die-250-kaufen-den-melder-frei-154108

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 2 Kommentare

Der Elsterradweg verläuft seit über 10 Jahren am Westufer des Cospudener Sees lang. Da muss also nichts mehr umgeleitet/geändert werden.

Wenn, um nur ein und dazu ein sehr kleines, Beispiel zu benennen, für den unnötigen Harth-Kanal über 20.000.000 € aus der Tagebausanierung vorhanden sind, fehlt das Geld für den Elsterstausee?! Werden vermeintliche wirtschaftliche Gründe in’s Feld geführt?!
Verlogener geht es kaum.
Diesem neoliberalen Gelaber, nichts Anderes ist es, fällt nicht nur der Elsterstausee zum Opfer. Es ist das gesamte sogenannte Leipziger Neuseenland, das diesem Maximalverwertungsgedanken zum Opfer fällt. Was auch etwas mit Umwelt- und Naturschutz, mit Kultur und Leben zu tun hat. Vor allem aber mit Demokratie.
Ist doch toll, wenn sich der Stadtrat 9 Jahre am Nasenring durch die Manege führen läßt.
Was allerdings nur geht, wenn der Stadtrat das mit sich geschehen läßt.

Schreiben Sie einen Kommentar