Irgendetwas läuft nicht mehr rund in der Leipziger Verwaltung. Immer mehr Aufträge des Stadtrates werden auf die lange Bank geschoben, Fertigstellungstermine werden nicht eingehalten, wichtige Projekte stocken. Aktuell fragt die Linksfraktion, wo denn eigentlich die Pläne zum agra-Gelände bleiben. Eine Anfrage, die augenscheinlich sehr viel mit einer anderen Anfrage zu tun hat: Hat das Rathaus überhaupt genug Leute?

Oder in der Formulierung der Anfrage der Linksfraktion: „Im Zusammenhang mit der Aufstellung des Haushaltes 2017/2018 meldeten die Fachämter der Stadt Stellenmehrbedarfe an. Diese resultierten überwiegend aus neuen gesetzlichen Anforderungen, der steigenden Einwohnerzahl, Beschlüssen des Stadtrates, Aufgabenerweiterung und damit verbundener Arbeitsüberlastung in einzelnen Abteilungen. Der Stellenplan 2017/18 sieht für beide Jahre einen Stellenmehrbedarf von 318,71 Stellen vor. Davon wurden 260,07 Stellen zum 01.01.2017 in den Stellenplan aufgenommen. Von diesen werden 113,57 Stellen zum 01.10.2017 besetzt. Weitere 58,64 Mehrbedarfsstellen sollen im laufenden Haushaltsjahr eingestellt werden.“

Und dann gibt’s eine ganze Latte Fragen. Angefangen mit: „Wie viele Stellenmehrbedarfe wurden von den Fachämtern ursprünglich für den Doppelhaushalt 2017/18 angemeldet? Welche Gründe gibt es, dass davon nur 318,71 Stellen anerkannt worden sind? Sind die darüber hinaus geforderten Stellen unnötig? Falls ja, mit welcher Begründung? Falls nein, nach welchem Prinzip wurden die Prioritäten und Nachrangigkeiten gesetzt?“

Usw.

Die Anfrage finden Sie unterm Artikel.

Und sie reißt ein Thema an, das in Leipzigs Politik immer nur sporadisch diskutiert wird: Wie viele Fachkräfte fehlen eigentlich nach über zehn Jahren Konsolidierungskurs und Einstellungsstopp in der Verwaltung? In welchen Ämtern wurde zu viel gespart? Wo wurde zu wenig eingestellt? Im Stadtplanungsamt weiß man es. Da kommt man nicht mal mehr hinterher, die wichtigsten Planungen für die Stadt voranzutreiben.

Aber wenn es dort so ist, liegt die Vermutung nahe, dass es in anderen Ämtern genauso aussieht.

Und das könnte eine gute Erklärung dafür sein, dass die Vorlagen für den Stadtrat um halbe und ganze Jahre in Verzögerung kommen.

„Im Oktober 2015 beschloss die Ratsversammlung auf Antrag der Fraktion Die Linke (A 1266-NF-002) die Erarbeitung eines Strategie- und Nutzungskonzeptes zur Entwicklung des agra-Areals. Laut Beschlusslage sollte im 2. Quartal 2016 ein Strategie- und Nutzungskonzept vorgelegt werden“, stellt die Linke zum agra-Gelände-Antrag fest. Immerhin ein brisantes Thema. Zwei Mal musste die Verwaltung ihre Pläne fürs agra-Gelände schon kassieren, weil ihr außer Wohnbebauung, Supermarkt und Hotel nichts Gescheites zu diesem Stückchen Erde eingefallen war. Alles nur zusammengewürfelt. Keine Idee, wie man das angrenzende agra-Park-Gelände besser einbinden und nutzen könnte, keine zu einer einrucksvollen Gestaltung an der Bornaischen Straße. Das Potenzial dieses Geländes ist groß – die Ideen aber waren eher mickrig.

„Da bis zum August 2016 weder ein Konzept noch eine Information zum Bearbeitungsstand vorlag, fragten wir in der Ratsversammlung  am 24.8.2016 nach (Anfrage F 3121). Grundaussage der damaligen Antwort war: Der Entwurf eines Konzeptes sei in Arbeit. Die Arbeit an den einzelnen Themen sei sehr kompliziert und es könne keine Aussage zum Fertigstellungstermin geben. Bürgermeister Herr Albrecht empfahl zum Abschluss seiner Beantwortung der Fragen, zum Jahresende erneut nachzufragen.“

Aber augenscheinlich klemmt das Projekt – möglicherweise auch wieder im Gezerre der verschiedenen Ämter und Dezernate. Denn die alten Ideen stammten allesamt aus dem Wirtschaftsdezernat. Dass hier auch Visionen für Naturschutz (Umweltdezernat) und Städtebau (Planungsdezernat) verbunden werden müssen, ist sinnfällig. Möglicherweise klemmt es genau da.

Aber über solche Querelen informiert man lieber nicht. Manchmal werden sie mit einem OBM-Schiedsspruch beendet. Aber das scheint hier nicht passiert zu sein.

Logisch, dass die Linksfraktion jetzt wissen will, wie der Stand der Dinge ist und ob überhaupt in nächster Zeit mit einer neuen, dritten Vision fürs agra-Gelände gerechnet werden kann.

In der nächsten Ratsversammlung will sie also ein paar Fragen beantwortet haben:

„Wie ist heute der Arbeitsstand bezüglich eines Strategie- und Nutzungskonzeptes zur Entwicklung des agra-Areals?
Sind inzwischen die Vereinbarungen mit der Stadt Markkleeberg ausgearbeitet worden? Gibt es den Nutzungsvertrag?
Wie ist der Zustand der Hallen, und wie werden diese genutzt?
Bei der Beschlussfassung zum Antrag gab es keinerlei Bedenken der Verwaltung bezüglich  des Termins für ein Konzept. Für wie zuverlässig und seriös sind die Aussagen der Verwaltung anzusehen, wenn zum Termin weder ein Konzept noch eine Information vorliegt und lediglich auf Nachfragen, wie hier bereits zum zweiten mal, ausgeführt wird?“

Anfrage der Linksfraktion zum agra-Nutzungskonzept.

Anfrage der Linken zur Personalsituation der Stadt.

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