Ganz so weit daneben lagen die drei Linke-Stadträte Sören Pellmann, Michael Neuhaus und Oliver Gebhardt gar nicht, als sie im Mai ihren gemeinsamen Antrag „Startschuss für Jogger und Naturschutz!“ stellten. Da steckte natürlich vor allem die Frage drin: Was wird nun aus dem Ratsholzdeich, dem Weg darauf und dem Auwald dahinter?

Inzwischen gab es ja auch schon eine klare Forderung des Ökolöwen, den Deich an dieser Stelle komplett zu entfernen, und eine noch etwas zurückhaltende Antwort aus dem Umweltdezernat. Aber in der Stellungnahme zum Antrag der drei Linke-Stadträte wird das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport nun doch recht deutlich. Denn dort sieht man jetzt die reelle Chance, wirklich mal ein Stück Auwald wieder für natürliche Überflutungen zu öffnen.Und man sieht dort auch die einmalige Gelegenheit, die Landestalsperrenverwaltung (LTV) genau zu dieser Ausgleichsmaßnahme zu bringen, um die Baumfällungen von 2011 bis 2013 endlich auszugleichen. Denn andere Ausweichmöglichkeiten hat sie kaum noch. Es wäre der Beginn einer schrittweisen Renaturierung der Elsteraue.

Und es wird verhandelt, betont das Umweltdezernat: „Das Amt für Umweltschutz und das Amt für Stadtgrün und Gewässer haben sich seit den jeweiligen Eingriffen stets darum bemüht, dass die LTV ihren Kompensationsverpflichtungen nachkommt. Allerdings konnten bislang nur Teilerfolge erzielt werden.  Derzeit besteht noch ein erhebliches Kompensationsdefizit von ca. 4,4 Millionen Wertepunkten (nach dem sog. Leipziger Modell).

Zu erbringen sind insgesamt ca. 7,8 Mio. Wertepunkte. Eine zügige und vollständige Umsetzung der noch ausstehenden Maßnahmen wird grundsätzlich unterstützt und ist erforderlich. Das bestehende Kompensationsdefizit soll der Auenentwicklung in Leipzig zugutekommen, wobei das in Erarbeitung befindliche integrierte Auenentwicklungskonzept zu berücksichtigen ist.“

Das Auenentwicklungskonzept soll im Projekt „Lebendige Luppe“ bis Ende 2022 erarbeitet werden. Es soll nicht nur die Nordwestaue umfassen, wo das Projekt bislang schon tätig war, sondern auch die Südaue.

Und das Umweltdezernat sieht durchaus am Ratsholzdeich eine gute Voraussetzung dafür, hier die LTV zur Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen zu bewegen. Es schlägt selbst vor: „Als Suchraum für die Ausgleichsmaßnahmen ist dabei der Bereich des östlichen Elsterflutbettes zu benennen und die LTV aufzufordern, den östlichen Weg entlang des Elsterflutbettes bis zur vollständigen Erbringung der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen weiterhin zu unterhalten und für die öffentliche Nutzung im angemessenen Umfang zu öffnen.“

Und man hat sich durchaus schon Gedanken darüber gemacht, wie das mit dem – nicht nur von Joggern – gern genutzten Weg hier künftig aussehen könnte: „Aus naturschutzfachlicher Sicht wäre eine Aufgabe des Weges östlich des Elsterflutbettes (der im Rahmen der Planfeststellung zum Projekt ,Ratsholz‘ der LTV entwidmet wurde) sehr positiv zu bewerten.“

Aber was passiert, wenn der Deich abgebaut wird, war ja auch die besorgte Frage einiger Leser.

„Ein Rückbau dieses Deichabschnitts mit der Maßgabe, dass in Wurzelräume von Altbäumen am Waldrand nicht eingegriffen wird, die Bewaldung der frei werdenden Flächen und eine damit einhergehende unmittelbare Korrespondenz zwischen Fluss und Auwald stellt im gegenständlichen Zusammenhang die seltene Gelegenheit dar, für den Auwald Flächen in großem Umfang direkt zurückzugewinnen und hier die für Auen typische Dynamik teilweise (Waldflutung über das Elsterflutbett aufgrund dessen Tieflage nur bei größeren Hochwässern möglich) wieder zuzulassen. Eine solche Maßnahme stellt eine klassische Form des naturschutzrechtlichen Ausgleichs dar“, erläutert das Amt für Umweltschutz.

Und der Weg verschwindet nicht. Es wird nur ein anderer: „Ein Erhalt der Wegebeziehung in Form eines unbefestigten Waldweges (,Joggerpfad‘), in Kombination mit einer Optimierung des Elsterradweges westlich des Elsterflutbettes, steht dem nicht entgegen.“

Jetzt muss man nur noch mit der LTV zu einer vertraglichen Einigung kommen, was aber augenscheinlich kein wirklich leichtes Unterfangen ist: „Bis zur Planung, Genehmigung und Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen ist der Status Quo bezüglich des Weges östlich des Elsterflutbettes durch die Eigentümerin und Ausgleichspflichtige, die LTV, sicherzustellen.“

Bei der Gelegenheit sprachen die drei Linke-Stadträte natürlich auch den Weg auf dem westlichen Deich des Elsterflutbettes an. Den hat die Stadt Leipzig ja inzwischen vertraglich in Pflege genommen und im Stadtrat wurde mehrfach moniert, dass der Weg in einem selbst für härteste Radfahrer unzumutbaren Zustand ist.

Aber Ende Mai meldete ja das Amt für Stadtgrün und Gewässer schon, dass dieser Weg jetzt auf mögliche Baumwurzeln hin untersucht werde, denn inzwischen sieht man ja Licht am Horizont und hofft, den Weg 2022 endlich grundhaft sanieren zu können.

Das bestätigt jetzt auch das Amt für Umweltschutz: „Die Sanierung des Elsterradweges auf der Westseite des Elsterflutbettes zwischen Schleußiger Weg und Teilungswehr Großzschocher ist in der Vorbereitung und wird ab Ende 2022 geplant. Derzeit befindet sich die Maßnahme in der Vorplanung, die zur Vorbereitung des Fördermittelantrages erarbeitet wird.“

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

 

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar