Gut Ding will Weile haben. Wahrscheinlich konnten sich die Richter des Oberverwaltungsgerichts in Bautzen 2018 gar nicht vorstellen, wie aufwändig es werden würde, den Leipziger Promenadenring für Radfahrer freizugeben. Obwohl es deren verbrieftes Recht ist, auf dem Ring zu fahren. Doch das trauen sich nur die Mutigsten, weil es bislang auf ganzen Abschnitten an sicheren Radwegen fehlt. Auch am Hauptbahnhof. Und dabei ist der Hauptbahnhof ein Unfallschwerpunkt.

Es gibt also mehrere Gründe, hier über einen neuen Radweg nachzudenken. Seit Jahren gibt es auch immer neue Vorstöße aus dem Stadtrat, diese Unfallstelle zu entschärfen. Damit tat sich die Leipziger Verkehrsplanung nie leicht. Aber nach Ostern wird es nach Jahren der Suche nach einer Lösung tatsächlich einschneidende Veränderungen geben. Darüber informierten Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne) und Michael Jana, Amtsleiter Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA), am Donnerstag, dem 6. April.

Der Ist-Zustand

Der Ring-Bereich vor dem Hauptbahnhof gehört mit 39.000 Fahrzeugen zu den verkehrsstärksten Straßen der Stadt. Allein zwischen 2020 und 2022 registrierte die Polizei auf diesem Ring-Abschnitt 24 Unfälle. Die Situation zwischen Fußgängern, die aus dem Bahnhof kommen, und Radfahrern ist sehr unübersichtlich. Unübersichtlich ist die Situation aber auch für Kraftfahrer. Die meisten Unfälle passieren hier durch Spurwechsel, aber auch mit ausfahrenden Fahrzeugen aus dem Taxi-Vorplatz und der Busstation.

Die Abschrägung zum geplanten Radweg auf der Ostseite des Hauptbahnhofs ist schon gebaut. Foto: Tom Richter
Die Abschrägung zum geplanten Radweg auf der Ostseite des Hauptbahnhofs ist bereits gebaut. Foto: Tom Richter

Radfahrer haben hier eigentlich keinen eigenen Radweg. Lediglich der Fußweg vor dem Hauptbahnhof ist für sie freigegeben. Eine Metallleiste im Pflaster zeigt zwar an, wo Fußgänger warten sollten. Aber die meisten stehen aus Gewohnheit dennoch an der Bordsteinkante, sodass Radfahrer, die hier aus beiden Seiten kreuzen, gut beraten sind, wirklich Schritt zu fahren oder anzuhalten, damit es nicht zu Kollisionen kommt.

Daher soll künftig der Verkehrsraum neu aufgeteilt werden: Radfahrer und Fußgänger bekommen mehr Platz, im Gegenzug wird die Straße um zwei Fahrbahnen reduziert. Dadurch werden auch die gefährlichen Spurwechsel verringert. Mit einer neuen Ampelschaltung sollen Staus auf der Brandenburger Straße und dem Georgiring vermieden werden.

Nach Ostern geht’s los

Baubürgermeister Thomas Dienberg sagt zu diesem Projekt, bei dem Ampelschaltungen und Verkehrsströme verändert werden müssen: „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Verkehrssicherheit an dieser Stelle künftig für alle Verkehrsteilnehmer wesentlich zu erhöhen. Zudem räumen wir dem Fuß- und Radverkehrs endlich mehr Raum ein, genau wie es uns der Stadtrat mit der Mobilitätsstrategie 2030 ins Lastenheft geschrieben hat. Es freut mich besonders, dass der Bereich vorm Hauptbahnhof mit der Neuorganisation auch für den Kfz-Verkehr nicht zum Nadelöhr wird.“

Michael Jana und Thomas Dienberg bei der Vorstellung der Pläne für die Verkehrsorganisation am Hauptbahnhof. Foto: Sabine Eicker
Michael Jana und Thomas Dienberg bei der Vorstellung der Pläne für die Verkehrsorganisation am Hauptbahnhof. Foto: Sabine Eicker

Die Fahrspuren vor dem Hauptbahnhof reduzieren sich künftig auf zwei geradeaus führende Spuren und eine Ausfädelspur, die den Nutzern des Taxivorplatzes das Ein- und Ausfahren übersichtlicher machen soll. Die vierte Fahrspur wird für den Radverkehr umgewidmet. Vorerst für den Radverkehr von Ost nach West.

Damit vor allem die unübersichtlichen Situationen aufhören, bei denen der Kfz-Verkehr aus dem Georgiring und der Brandenburger Straße zeitgleich vor den Hauptbahnhof fahren, werden beide Fahrzeugströme künftig entkoppelt – sie erhalten jeweils eigene Zeitfenster, in denen sie grünes Licht Richtung Hauptbahnhof bekommen.

Damit sind nur noch zwei statt bisher vier Fahrspuren für das Abfließen des Verkehrs nötig. Das unübersichtliche Wechseln der Fahrspuren entfällt. Und in der Verkehrssimulation, so Michael Jana, bleibt der Verkehrsfluss vollkommen erhalten. Mit zusätzlichem Stau ist bei dieser Variante nicht zu rechnen.

Auch vorm Hauptbahnhof wird’s grün

Mit der Neuorganisation wird auch der Konflikt zwischen Fuß- und Radverkehr in unmittelbarer Nähe der Fußgängerampeln abgeschwächt, so Dienberg. Zwei Bordsteinabsenkungen wurden schon in den letzten Tagen gebaut. Dort fahren die Radfahrer, die von Ost nach West unterwegs sind, künftig auf die Fahrbahn. Wie in anderen Abschnitten des Promenadenrings wird diese Radspur im Farbton „Verkehrsgrün“ eingefärbt.

Der künftige Radring um den Promenadenring nimmt Stück für Stück Gestalt an. Die Markierungsarbeiten sowie die Anpassungen in der Verkehrsführung vor dem Hauptbahnhof starten in der Woche nach Ostern und sollen im Mai abgeschlossen werden. Sie kosten rund 35.000 Euro.

Blick auf LVB-Haltestelle und Hauptbahnhof-Vorfeld. Foto: Tom Richter
Der Blick auf LVB-Haltestelle und Hauptbahnhof-Vorfeld. Foto: Tom Richter

In einem zweiten Schritt sollen an den Ampeln zudem die Aufstellflächen für Radfahrer und Fußgängerinnen räumlich getrennt werden, sodass beide Parteien mehr Platz zum Warten haben. Aber das ist noch Zukunftsmusik, betont Michael Jana. Erst einmal wolle man beobachten, wie die neue Verkehrsführung funktioniert.

Radfahrer von West nach Ost werden weiterhin den Fußweg nutzen können. Auch für sie ist künftig eine Verlegung auf die Fahrbahn geplant. Aber erst in einer späteren Phase.

Radstreifen bis zur Löhrstraße

Noch spannender wird es im Abschnitt westlich des Hauptbahnhofs, wo Radfahrer sich bis jetzt sowohl an der Einmündung der Kurt-Schumacher-Straße als auch an der Gerberstraße umständlich über Ampeln fädeln müssen, nur um hinter der Gerberstraße gar keinen Radweg mehr vorzufinden. Da auch der Fußweg für Radfahrer nicht freigegeben ist, müssten sie hier also alle absteigen und ihr Rad schieben. Oder sich in den motorisierten Verkehr einordnen.

Aber auch das soll sich bis Jahresende ändern.

Der aktuelle Zustand auf dem für Radfahrer freigegebenen Fußweg vor dem Hauptbahnhof. Foto: Tom Richter
Aktueller Zustand auf dem für Radfahrer freigegebenen Fußweg vor dem Hauptbahnhof. Foto: Tom Richter

In der Zufahrt der Gerberstraße wird in den kommenden Monaten eine sogenannte Fahrradweiche angelegt. Dabei wird der Radverkehr in Mittellage – praktisch in Fortsetzung der rechten Fahrspur vom Hauptbahnhof – geführt. Vor der Gerberstraße müssen dann die Kraftfahrer, die in die Gerberstraße einbiegen wollen, wie im Peterssteinweg über den Radstreifen wechseln, um auf die beiden Rechtsabbiegerspuren zu gelangen, während die Radfahrer künfig geradlinig an der Gerberstraße queren können.

Diese Spur wird so baulich abgesichert, dass Autos diese nicht frühzeitig überfahren können. Diese Arbeiten sollen zum Jahresende abgeschlossen sein.

Bessere Ampelschaltungen für die Straßenbahn

Damit sich auch die Ströme des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) verbessern, werden aktuell auch die Ampelschaltungen an der östlichen und westlichen Kreuzung sowie an der Goethestraße überarbeitet. Die Ampelanlagen sollen zudem mit der Weichensteuerung gekoppelt werden. Was dann – hoffentlich – dazu führt – dass sich die Wartezeiten der Straßenbahnen an diversen Ampeln und Weichen verringern.

Was dann – so Thomas Dienberg – wieder neuen Spielraum verschaff, die Kapazitäten des ÖPNV auszubauen.

Denn bislang ist der Hauptbahnhof für die Straßenbahnen ein richtiges Nadelöhr. Was freilich auch damit zu tun hat, dass die zur WM 2006 gebaute Haltestelle für die täglich hier umsteigenden Fahrgäste viel zu eng bemessen ist. Mit der Konsequenz, dass durchaus die Überlegung im Raum stehen dürfte, wie man die Wartebereiche vergrößern kann.

Und auch für Fußgänger wird es überschaubarer und damit auch sicherer (außer für die, die unbedingt bei Rot über die Ampel gehen wollen).

Die drei Ampeln über den Ring sind mit Abstand die am stärksten frequentierten in Leipzig – und die Konfliktlage, die sich daraus derzeit noch ergibt, hat die Beteiligung zum Fußverkehrsentwicklungsplan eindrucksvoll gezeigt, wie Dienberg betont: 344 Meldungen gab es allein zu den Konfliktstellen rund um den Hauptbahnhof, mit Abstand die häufigste Rückmeldung. Auch mehrere Stadtratsfraktionen haben sich in den vergangenen Jahren mit Anträgen für eine veränderte Verkehrsführung am Hauptbahnhof eingesetzt.

Aber den Druck, den Ring umzubauen, hat das Baudezernat ja seit 2018: Hintergründe der verkehrsorganisatorischen Änderungen sind neben der Bürgerbeteiligung zum Fußverkehrsentwicklungsplan auch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts, das den Ausschluss des Radverkehrs auf weiten Teilen des Rings für rechtswidrig erklärt hatte. Auch die vom Stadtrat beschlossene Mobilitätsstrategie 2030 sieht vor, die Verkehrsmittel des Umweltverbundes gleichberechtigt zu fördern.

Und nach diesen ersten Schritten vorm Hauptbahnhof und dem neuen Radweg bis zur Löhrstraße wird das nächste große Thema die Planer im VTA beschäftigen. Denn der Goerdelerring ist ebenso ein dauernder Unfallschwerpunkt. Und auch hier müssen die Radwegprobleme gründlich gelöst werden.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 10 Kommentare

Hab gestern später Nachmittag mir mal etwas Zeit gegönnt und die neue Verkehrssituation vor Hauptbahnhof per Auto ausprobiert. Hier ein kleiner und nicht repräsentativer Fahrtbericht.
– Kommend auf der Brandenburger Straße Richtung Hauptbahnhof erster Halt Ampelanlage Hans-Poeche-Straße, ist Rot.
– Grün es geht weiter, langsam um der Ampel Sachsenseite die Zeit zu geben auch Grün zu werden. Nicht ganz geschafft.
– Weiterfahrt nach erreichen Grünphase, langsam da noch einige Fahrzeuge sich vor der jetzt auf Rot schaltende Ampel Einfahrt Ring Willy-Brandt-Platz befinden . Stehen ungefähr bis Anfang H2 Hotel. Bereich zwischen beiden Ampel füllt sich.
– Jetzt wird es lustig. Ampel Einfahrt Ring Willy-Brandt-Platz wird grün und die erste Ampel Fußgängerüberweg Bahnhof wird Rot. Kolone setzt sich in Bewegung und bremst gleich wieder ab.
Schaffe es in dieser Ampelphase nicht rüber, kann mir die Situation also noch etwas länger ansehen. Fahrzeugpulk aus dem Georgiring hat es da besser, haben ja auch nur eine Spur. Zweite ist gesperrt.
– Zweite Ampelphase, habe es gerade noch geschafft. Nicht weil es Gelb wurde, sondern weil kein Platz hinter der Ampel. Und welche Überraschung, hinter mir stellt sich keiner auf den Fußgängerüberweg. Alle sehr vernünftig.
– Fußgängerampel wird grün, nun realisieren einige Autofahrende das sie sich auf den inneren Spuren befinden. Braucht wohl noch etwas Übung. Also Gewechsle ohne Ende, aber es geht schön in einem Ruck (geschätzt so 40km/h) bis Ampelanlage Goerdelerring.
– Von da wie üblich in Kolone bis Ampelanlage Gottschedstraße. Dann Anstehen für Überfahrt in Harkortstraße. 4 Ampelphasen dafür gebraucht. Zweite Route in den Süden Leipzig über Karl-Tauchnitz-Straße gesperrt, also alles durch das Nadelöhr am neuen Rathaus.
Abschließend hat der ganze Spaß 30min gedauert von der Brandenburger Straße bis zur Harkortstraße und ich würde das jetzt nicht als repräsentativ ansehen. War mal ein Experiment. Ich muss diese Strecke ja nicht mit Auto fahren, da ich die Strecke immer laufe. Viele sind da nicht in der guten Lage.

@Sebastian
keine Ahnung, wer das Zitat gebracht hat – die Suchmaschine hat hierzu kein Ergebnis gefunden. Verkehrsplanung ist (weitestgehend) keine Ideologie, sondern Mathematik, Physik und Psychologie.

“Verkehrsplanung ist immer Ideologie”?

Hm, der Spruch passt meiner Meinung nach eigentlich am besten für Verkehrsminister wie Wissing oder vormals Andreas be-Scheuer-t (sorry, letzteres Wortspiel musste jetzt einfach sein). Wenn z. B. das idiotische Beharren auf E-Fuels kein ideologischer Unsinn ist, was ist es dann?

Dass der Radweg am Hauptbahnhof dringendst umgestaltet werden musste, ist für mich persönlich keine ideologische Frage oder ein Signal. Für mich stellt es einfach eine absolute Notwendigkeit dar. Ab und an lasse ich meiner Phantasie freien Lauf und stelle mir das Verkehrschaos vor, dass entstehen würde, wenn jeder Radfahrer, frei nach dem deutschen Grundsatz “Freie Fahrt für freie Bürger”, aufs Auto umsteigt. Dann wäre die Ka…. aber ganz schön am dampfen. Nee, der Gedanke ist so was von gruselig, dass ich’s lieber gleich wieder bleiben lasse.

Es ist vielleicht auch die Überlegung wert, ob die Ausweitung der Radwege nicht auch die Verkehrsführung für Autos erleichtert. Fortbewegen kann man sich eh nur mit einem Transportmedium und wer zu Fuß, per ÖPNV oder mit dem Rad unterwegs ist, macht doch auch Platz frei. Die, die das Auto noch unbedingt benutzen müssen (oder meinen dies tun zu müssen), sind doch auch entlastet, je mehr Radfahrer unterwegs sind. Dann ist es evtl. sogar ein Nullsummenspiel. Zwei Fahrspuren weg, aber der Autoverkehr dünnt aus, weil der Radverkehr dort mehr zunimmt.

@Sebastian
Ich fand es gut, wie Sie argumentiert haben und verspüre nicht einen zwanghaften Missionierungsdrang in mir. Jedoch bin ich froh um jeden Menschen, der es schafft, sich gänzlich vom Zwang oder der Notwendigkeit lösen kann, ein Auto zu besitzen. Und ich habe sehr positive Vorstellungen davon, wie eine Stadt aussehen könnte, die nicht mehr aufs Auto ausgerichtet ist. Diese Vorstellungen sind real, gut umsetzbar und keine Phantasterei. Es geht nicht um die Einschränkung der Mobilität, sondern um den Wandel hin zu anderen Transportmitteln.

Ich möchte in einer menschengerechten Stadt leben – nicht mehr in einer autogerechten Stadt.

Verkehrsplanung ist immer Ideologie. Der Satz stammt nicht von mir.
Und: mindestens hier in diesem Kommentarfaden hab ich klar gemacht, dass ich nicht nur von der Auto*innenseite her denke. “Leute wie ich” haben es an anderen Stellen ebenso gemacht. Aber solche Offensichtlichkeiten spielen eben keine Rolle, wenn das Feindbild klar ist.
Und Kaisen, zum Thema Ideologie: Sie haben Herrn Jung nicht mehr im Ohr,der über die grünen Radwege neben der Fahrradstraße am Ring von einem “starken Signal” sprach?

@Kaisen
Gemeint sind hier die nicht richtlinienkonformen Schneisen am Promenadenring, wo man trotz anderslautender Richtlinienvorgaben mal eben die Gehwege zu schmal gemacht hat und den Radverkehr komplett ausgespart hat. Dabei hätte man spätestens seit Mitte der 1990er auch im Sinne der Ratsbeschlüsse Radwege bauen müssen. Seit RASt06 ist das Planungsprinzip übrigens so, dass zunächst der Bedarf des Fußverkehrs, dann der Bedarf des Radverkehrs zu berücksichtigen ist. Erst dann kommt in Prio 3 der ÖPNV. Zuletzt der Kfz-Verkehr. Die Richtlinie stammt übrigens von einer sehr autoaffinen Verkehrsforschungsgesellschaft und ist nach der Einführung durch die Verkehrsminister*innen von Bund und Ländern als Stand der Technik zwingend umzusetzen. Guckt man sich an, wer seitdem alles Bundesverkehrsminister war, sind die Herren alle unverdächtig dem Fuß- und Radverkehr auch nur 1cm Raum zu geben, den Öffis schon mal gar nicht. In den Ländern sieht es übrigens nicht viel besser aus.
Aber: Leute wie Sebastian sehen überall gleich Ideologie gegen das Auto bzw. für den Umweltverbund. Dass es noch andere Verkehrsbedarfe und Ansprüche an öffentliche Räume gibt, wird völlig ignoriert.

Hallo Michel,
Bin fast komplett bei Ihnen. Auch beim Geld, was ein Auto kostet. Ich mache es mit dem Arbeitsweg genau so wie Sie. Favorit ist erst mal das Rad, Auto nur wenn nötig oder Dreckwetter. Und wenn Sie beruflich viel gefahren sind, hat man es irgendwann nur satt, klar.
Für mich gibt’s einige Anwendungen für das Auto, und wenn ich am Wochenende mit zwei Leuten zum Sport nach Halle fahre, oder mit Zeugs zu meiner Werkstatt, oder Abends zu Freunden zur Grillfete ins traute Eigenheim im Randgebiet, dann hab ich kein schlechtes Gewissen mein Auto zu nutzen, ärgere mich aber um so mehr über ideologisch umgebaute Straßen, wenn ich dann dort im Stau stehe.

@Sebastian
Also, ich erlebe es praktisch jeden Tag, wenn ich zur Zeit des Feierabendverkehrs mit dem Rad fahre, dass ich an sehr langen Autoschlangen vorbeifahren kann. Was die Sache mit der Bequemlichkeit angeht, so ist dies weitaus angenehmer für mich. Natürlich ist es im Winter nicht jeden Tag praktikabel. Doch es gibt ja die Möglichkeit, auch kurzfristig zu entscheiden: Heute wird gutes Wetter sein, warum nicht aufs Rad schwingen? Und durch die vielen Wege, die ich durch die Parks fahren kann, kann ich zusätzlich noch Dreck, Abgasen, Lärm und Aggressionen weitaus besser aus dem Weg gehen. Und ich schätze auch den gesundheitsfördernden Aspekt sehr, der mit der Bewegung verbunden ist.

Beruflich bedingt musste ich früher sehr viel Auto fahren (war bundesweit tätig und musste noch viel Material dabei transportieren). Ich habe es wirklich nur noch gehasst. Auf den Stress, den ich auf Autobahnen oder im Stadtverkehr dabei erlebte, kann ich wirklich sehr gut verzichten. Nein, das Autofahren ist in der Relation gesehen für mich eher unbequem. Wenn’s sehr kalt ist, es stark regnet usw. dann ist es bequem, doch wenn ich es in der Summe betrachte, hab ich in an Lebensqualität gewonnen. Und: Ich spare übrigens sehr viel Geld. Ein Auto ist eine Geldvernichtungsmaschine.

Wie es leider so oft geschieht, wird häufig Schwarz-Weiß-Malerei betrieben. Es erfordert eine gewisse Flexibilität im Handeln und Denken, um zu guten Lösungen zu kommen. Meine Frau hatte an ihrer letzten Arbeitsstelle ein großes Unverständnis für ihre Kolleginnen, da diese grundsätzlich nur mit dem Auto zur Arbeit gefahren sind. Sie sagte, dass alle theoretisch mit dem ÖPNV kommen könnten (alle wohnten nicht sehr weit abseits gelegen). Gleichfalls wären Fahrgemeinschaften sehr gut möglich gewesen. Sie selbst musste zwar den längsten Weg fahren, hat sich aber dafür ein Pedelec geleistet und dadurch konnte sie das problemlos ohne Auto erledigen. Wenn dann doch mal sehr schlechtes Wetter geherrscht hat, fuhr sie eben mit der Straßenbahn. Da reicht ja schon der Blick in die Wetter-App am Vortag.

Wer dies natürlich nur schwarz-weiß betrachtet, trägt nicht zur Lösung unserer Verkehrs- und Umweltprobleme bei. Wenn ich – ein paar – Tage im Jahr habe, an denen schlechtes Wetter herrscht, ich außerdem noch abends einen Großeinkauf erledigen will und deshalb das Fazit ziehe, dass das Auto deshalb unbedingt an – jedem – Arbeitstag genutzt werden muss, ist eher schlecht erreichbar für Argumente.

Klingt tatsächlich so, als ob es gut werden könnte. Bin auch gespannt.

> Ein gut gestalteter, sicherer Radweg – ist dies nicht verführerisch, um doch mal das Rad auszuprobieren.
Ich fahre in dieser Stadt seit 14 Jahren Fahrrad. Alle möglichen Wege, bisher unfallfrei. Da muss sicher kein “Verkehrsgrün” (?) aufgemalt werden, damit jemand die Vorteile des Rades auf mittlerer Reisedistanz erkennt.

> “Es ist ein tolles Gefühl, im Feierabendverkehr mit dem Rad an im Stau stehenden Blechkisten vorbeizufahren und bequem und stressfrei seinen Weg fahren zu können.”
In Punkto “Bequemlichkeit” dem Auto den Rang abzulaufen wird schwer, aber muss natürlich Jeder selbst entscheiden, was ihm mehr liegt. Ich habe bisher seltenst erlebt, dass mich ein Drahtesel (Metallmetaphern sind toll!) rechts überholte, wenn ich zwischen Thomaskirche und Rathaus im Stau stand… Und glaubt man der Vorstellung über die Umbauten vor dem HBF, dann wird es auch dort überhaupt keinen Stau geben 😉

Endlich!! Ich hoffe, die Umsetzung wird praktikabel sein. Manchmal ist gut gemeint, doch nicht gut gemacht. Aber schlimmer könnte es eh nicht mehr werden. Die bisherigen Zustände waren wirklich unhaltbar.

Hinweis an die (womöglich schimpfende) Autofahrerfraktion: Als ich noch ein Auto besaß, habe ich diese Stelle auch als Autofahrer “genießen” dürfen und ich muss betonen, dass die derzeitige Verkehrsführung mit mehreren Spuren und notwendigen Spurwechseln auch für Autofahrer richtig besch… ist.
Fazit: Vielleicht erst mal ausprobieren und schauen, ob sich ein Ärger überhaupt lohnt.

Und überhaupt: Ein gut gestalteter, sicherer Radweg – ist dies nicht verführerisch, um doch mal das Rad auszuprobieren. Es ist ein tolles Gefühl, im Feierabendverkehr mit dem Rad an im Stau stehenden Blechkisten vorbeizufahren und bequem und stressfrei seinen Weg fahren zu können.

Schreiben Sie einen Kommentar