Seit Jahren konzentriert sich das Bevölkerungswachstum in Sachsen auf die Großstädte - anfangs allein auf Dresden und Leipzig, seit einiger Zeit ist auch Chemnitz dabei. Und zumindest Leipzigs Statistiker versuchen jedes Jahr, in einem Beitrag im "Statistischen Quartalsbericht" das Phänomen zu beleuchten. Denn wenn eine Stadt wie Leipzig nicht aus eigener Kraft wächst, ist natürlich die Frage: Woher kommen die Leute?

Und da sie es so emsig verfolgen, wissen sie auch seit einiger Zeit, dass Leipzig praktisch in alle Himmelsrichtungen einen Wanderungsgewinn hat. Einzige Ausnahme irgendwie: Berlin. Aber eine logische Ausnahme. Denn wenn es vor allem Großstädte sind, die von den Wanderungsbewegungen profitieren, heißt die Konkurrenz auch für die sächsischen Großstädte nicht Bayern oder NRW, sondern Berlin. Das Stichwort lautet schlicht: Urbanität, wenn man damit das ganze Bündel von Angeboten und Infrastrukturen denkt, das heute eine Großstadt ausmacht.

Das befördert nicht nur die Abwanderung von jungen Leuten und Familien aus den angrenzenden Landkreisen Leipzig und Nordsachsen nach Leipzig, auch mit allen anderen Landkreisen in Sachsen hat Leipzig einen Wanderungszugewinn. Sogar mit der Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge. Was betont werden muss. Denn mit diesem Landkreis hat sogar Dresden einen negativen Saldo. Übrigens genauso mit dem Landkreis Meißen. In Dresden ist der Suburbanisierungsprozess schon wieder im Rollen, insbesondere Gutverdiener zieht es in die ruhigeren Wohngegenden der angrenzenden Kreise. Ein Effekt, den Leipzig bislang noch in wesentlich milderer Form mit Orten wie Markkleeberg, Taucha, Kleinpösna usw. hat.

Den Leipziger Statistikern gibt es trotzdem zu denken: Kommt der Prozess der Suburbanisierung in Leipzig wieder ins Rollen?Noch beschert das vor allem den Gemeinden im Süden und Osten Leipzigs leichte Wanderungsgewinne gegenüber Leipzig.

Trotzdem gewann Leipzig 2012 aus Nordsachsen 421 Bewohner hinzu, 2013 waren es 432. Im Landkreis Leipzig wird die beginnende Suburbanisierung in der Statistik schon sichtbar: Hatte Leipzig 2012 gegenüber diesem Landkreis noch ein Wanderungsplus von 566, waren es 2013 nur noch 264.

Der Wanderungsaustausch mit den beiden Landkreisen ist sowieso wesentlich stärker als der mit anderen sächsischen Landkreisen. Während 2013 3.099 Personen aus dem Landkreis Leipzig in die Großstadt zogen, zogen gleichzeitig 2.835 aus Leipzig in den Landkreis. Langfristig verliert der Landkreis Bevölkerung an Leipzig, dafür wachsen die Gemeinden im direkten Gürtel der Metropole. Der Suburbanisierungs-Trend ist also elementarer Bestandteil der wachsenden Metropole. Die Stadt schafft Beschäftigung und Einkommen weit über ihre Stadtgrenzen hinaus.

Und das lockt die jungen Sachsen auch aus Zwickau, dem Erzgebirgskreis und Mittelsachsen, überall lag der Leipziger Wanderungssaldo über 200 im Jahr 2013.

Ruth Schmidt beleuchtet in ihrem Beitrag auch die besondere Wanderung der Asylsuchenden, die ja bisher stets zuerst ins Erstaufnahmelager in Chemnitz kamen. Chemnitz hat dadurch einen permanenten Wanderungsgewinn aus dem Ausland, hat aber gegenüber ganz Sachsen ein Wanderungsminus von 3.308. Das liegt daran, dass die Asylbewerber nach ihrer Ankunft in Chemnitz auf die anderen Kommunen in Sachsen verteilt werden. Leipzig hat so im Jahr 2013 immerhin 778 Asylsuchende aufgenommen, haben Leipzigs Statistiker ausgerechnet.

Das kann man einordnen. Zum Beispiel in die Wanderungsgewinne aus den benachbarten Bundesländern. Aus Brandenburg zum Beispiel blieben 2013 immerhin 405 als Wanderungsplus in Leipzig, aus Thüringen waren es 1.233 und aus Sachsen-Anhalt 2.000. Selbst gegenüber Niedersachsen hat Leipzig ein Wanderungsplus von 388, gegenüber Baden-Württemberg waren es 323. Der Wanderungsgewinn allein aus den alten Bundesländern betrug 1.760, der aus den neuen Bundesländern 6.534 – und da ist das Minus von 100 gegenüber Berlin schon abgezogen.

Die Stadt Leipzig wirkt also bundesweit attraktiv. Fast könnte man sagen weltweit. Denn insbesondere die Rolle als Universitätsstadt sorgt dafür, dass Klein-Paris auch für immer mehr Studierende aus aller Welt interessant wird. Damit spielt die Stadt natürlich in der Liga der attraktiven Universitätsstädte der Welt mit. Vielleicht nicht die große Pauke, aber vielleicht eine Viola. Dass der Saldo am Jahresende bei 10.662 im Plus war, bedeutet eben auch, dass diese Stadt funktioniert.

Die Frage ist nur: Wie nachhaltig ist das?

Und die andere Frage: Warum gerade Leipzig? Kann man in Dresden und Chemnitz nicht viel besser Geld verdienen?

Auch mit diesem Thema beschäftigt sich der Quartalsbericht. Dazu mehr im nächsten Teil.

Der Quartalsbericht ist im Internet auf http://statistik.leipzig.de unter “Veröffentlichungen” einzusehen. Er ist für 7 Euro (bei Versand zuzüglich Versandkosten) beim Amt für Statistik und Wahlen erhältlich. Postbezug: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen, 04092 Leipzig, Direktbezug: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen, Burgplatz 1, Stadthaus, Zimmer 228.

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