Das neue Jahr hat begonnen, und siehe da: Es steht eine Null vorm Koma. Die Jahresinflation im Jahr 2014 lag bei 0,9 Prozent. Zumindest lag sie das für alle, die eifrig Öl und Benzin verbrauchen. Denn tatsächlich ist es nur der tief in den Keller gerutschte Ölpreis, der die Jahresteuerungsrate gedrosselt hat. Wer hingegen kein Auto fährt und keine Ölheizung hat, der war mit mindestens 1,2 Prozent mehr Ausgaben dabei. Der Lichtblick lag dann eher im Supermarkt, wo Obst, Gemüse und Speiseöl billiger wurden.

Aber auch das hilft nicht wirklich weiter, wenn andere Produkte im Supermarkt trotzdem teurer wurden.

Und während für Selbstfahrer die Mobilität preiswerter wurde, weil sich derzeit Amerikaner, Russen und die Erdölförderländer eine regelrechte Preisschlacht liefern, wurden Transportleistungen im ÖPNV saftig teurer. Wer sich erinnert: Mit der Begründung, der Sprit wäre teurer geworden. Zumindest das Bundesamt für Statistik hat Zahlen zur Preisentwicklung im ÖPNV. Danach stiegen dort die Preise um 1,1 Prozent binnen eines Jahres.

Aber das rechnen Sachsens Statistiker nicht extra aus. Ihr Fokus liegt bei Verkehr immer wieder nur auf Autofahrern und Fluggästen. Ein eher nachhaltig lebender Sachse findet sich in der Statistik nicht wieder.

Das liegt am “Warenkorb”, dem sogenannten “Wägungsschema”, mit dem die einzelnen Erfassungsgrößen in den “Warenkorb” eingerechnet werden. Da ist der Nutzer der ÖPNV regelrecht marginalisiert: Von 134,73 Punkten entfallen allein 111,92 auf Kraftfahrzeuge, nur 22,81 auf Verkehrsdienstleistungen. In Prozenten ausgedrückt: Verkehr taucht im “Warenkorb” mit 13,47 Prozent Anteil auf, davon die Kosten der Kraftfahrzeuge allein mit 11,19 Prozent. Und in den restlichen 2,28 Prozent steckt dann der ÖPNV. Sachsens Statistiker heben aber immer nur den Flugverkehr hervor, der am Warenkorb lütte 0,29 Prozent Anteil hat. Während der ÖPNV (unter Statistikern: Kombinierte Personenbeförderungsdienstleistungen) immerhin 1,06 Prozent Anteil am Warenkorb hat.

So hat die Entwicklung des Rohölpreises also eine erhebliche Wirkung auf den Gesamt-Warenkorb, auch wenn davon nur ein Teil der Verbraucher – nämlich die Autofahrer profitiert.

Im Wortlaut der sächsischen Statistiker: “Beeinflusst durch die günstigen Entwicklungen auf dem Rohöl- und dem Nahrungsmittelmarkt sinkt die durchschnittliche Jahresteuerung für 2014 aller Voraussicht nach auf 0,9 Prozent.” Das mit der “Voraussicht” betonen sie. Die Zahlen sind erst einmal vorläufig. Aber die Tendenz ist klar: “Dies ist die niedrigste Rate seit 2009 (0,3 Prozent). Ohne Berücksichtigung von ‘Heizöl’ (-8,1 Prozent), ‘Kraftstoffen’ (-4,3 Prozent) sowie ‘Nahrungsmitteln’ (1,2 Prozent) ergibt sich eine Teuerung von 1,4 Prozent.”

Preislich günstiger als 2013 sind vor allem technische Artikel z. B. ‘Kommunikations-‘ (-7,3 Prozent), ‘Audio-/Foto-/IT-‘ (-2,8 Prozent) sowie ‘Haushaltsgeräte’ (-1,3 Prozent).  Dafür musste im Supermarkt mehr gerechnet werden. Denn Obst, Gemüse und Speiseöle fielen zwar preiswerter aus als in den Vorjahren. Dafür ging es bei anderen Produkten deutlich nach oben.

Weniger zahlen musste man für „Gemüse“ (-4,1 Prozent) und „Speisefette/-öle“ (-3,1 Prozent).

Doch dem stehen höhere Preise für „Molkereiprodukte und Eier“ (6,6 Prozent) sowie „alkoholische Getränke“ (2,6 Prozent), speziell „Bier“ (3,4 Prozent), gegenüber.

Und während insbesondere für Eigenheimbesitzer die Ölheizung billiger wurde, zahlten normale Mieter mehr fürs Wohnen: “Mehr zahlen die Verbraucher zudem für ‘Wohnungsnebenkosten’ (2,5 Prozent), wie ‘Wasser’ (1,8 Prozent) oder ‘Müll’ (6,6 Prozent). ‘Strom’ kostet im Schnitt ein Prozent mehr.”

Wobei als Zwischenbemerkung wichtig ist: Bei diesen Kosten gibt es in Sachsen unterschiedliche Trends – in den wachsenden Großstädten, wo die Infrastrukturen wesentlich besser ausgelastet sind, sind diese Kosten stabil geblieben oder leicht gesunken. Die Steigerungen finden vor allem in den Landkreisen statt, wo immer weniger Einwohner die vorhandenen Infrastrukturen finanzieren müssen.

Und nicht nur die demografische Entwicklung spiegelt sich in den Verbraucherpreisen – auch der Mindestlohn steckt schon drin. Immerhin war das eine der klügeren Analysen aus dem Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), die im Herbst darauf hinwies, dass viele Unternehmen schon 2014 auf den Mindestlohn reagiert haben. Die logische Folge ist: Die höheren Löhne für die Angestellten wird auf die Dienstleistung oder die Produkte umgelegt. Aber da sie nur einen kleinen Anteil am Warenkorb haben, sorgte das 2014 nicht einmal ansatzweise für eine spürbare Inflation.

Das Thema Mindestlohn betrifft zum Beispiel den Pflegebereich in den Kategorien „Dienstleistungen ambulanter“ (7,7 Prozent) und „stationärer Einrichtungen“ (4,2 Prozent).  Dasselbe fürs Friseurhandwerk, zu dem die Statistiker schreiben: “Gesetzliche Anpassungen wirken bei ‘Friseurdienstleistungen’ (8,6 Prozent) oder den ‘Anwalts- bzw. Notargebühren’ (10,4 Prozent).”

Möglich, dass andere Dienstleister noch zum Jahresbeginn nachziehen. Aber die Prognose der  IWH-Forscher, dass der Mindestlohn am Ende nur für 0,2 Prozent Anstieg der Verbraucherpreise beiträgt, wird wohl zutreffen. Und zutreffen wird wohl auch, dass die meisten Unternehmen, die es betrifft, längst umgestellt haben.

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