Am Freitag, 24. Juli, haben wir uns in aller Herrgottsfrühe mit den Mumpitz-Zahlen der Generali-Versichung zu den Wohnungseinbrüchen in Deutschland beschäftigt. Und natürlich gab es die üblichen Fragen unserer Leser: Habt Ihr denn auch die reellen Vergleichszahlen? - Haben wir.

Da haben wir uns zwei Stunden hingesetzt und ein bisschen herumgeschnorchelt im Netz. Kann eigentlich jeder selbst machen, wenn er Zeit hat. Es gibt auch eine zentrale Zahlendatei auf Bundesebene. Aber die arbeitet so archaisch, dass wir lieber geschaut haben, was die einzelnen Polizeidirektionen und Medien vor Ort ausgespuckt haben. Bei Letzteren mit blankem Entsetzen. So langsam verstehen wir, warum Bundesbürger immer weniger verstehen und das Gefühl haben, von den üblichen Regionalblättern und Magazinen behumst und verarscht zu werden nach Strich und Faden.

Ein Eindruck, der nicht entsteht, weil die Blätter lügen wie gedruckt. Das nicht. Aber  entweder verbreiten sie eh schon nur halb gewalkte Meldungen aus diversen Nachrichtenagenturen, in denen das Wichtigste fehlt. Oder die regionalen Edelfedern verschwenden fast den ganzen Text, lyrische Romanzen auf Einbrecher, tapfere Polizisten und toughe Innenminister zu schreiben. Doch das in der Titelzeile angekündigte Versprechen, eine Geschichte über steigende Einbruchszahlen zu schreiben, halten sie nicht ein. Der eine schwadroniert über um 17 Prozent angestiegene Einbruchszahlen in Stuttgart – und lässt die Zahlen einfach weg.

Der nächste faselt über erfolgreiche Polizeiarbeit in Frankfurt – und vergisst komplett, die Zahlen fürs aktuelle und das vorige Jahr zu nennen. Die schlimmsten Ergüsse fanden sich in Münchner Blättern. Vielleicht will man ja die Leser nicht mit Mathematik erschrecken. Kann sein.

Bremen ist einsame Spitze: Zahl der Wohnungseinbrüche umgerechnet auf je 100.000 Einwohner. Grafik: L-IZ
Bremen ist einsame Spitze: Zahl der Wohnungseinbrüche umgerechnet auf je 100.000 Einwohner. Grafik: L-IZ

Die Suche bestätigte, was auch schon andere Analysen ergeben: Am stärksten leidet die Stadt Bremen unter Wohnungseinbrüchen. Auch wenn die Hauptstadt Berlin mit über 11.000 Einbrüchen im Jahr die zahlenmäßige Spitze stellt. Die “Welt” hatte 2011 mal eine Grafik veröffentlicht, die Bremen und Bremerhaven ebenfalls in der Spitze sahen. Aber andere Zahlen stimmten dafür wieder nicht – etwa die für Düsseldorf, das in Nordrhein-Westfalen noch so etwas wie eine Insel der Ruhe ist, wenn man es vergleicht mit dem, was in Köln oder Dortmund abgeht.

Wir haben uns einfach die Zahlen der zwölf größten Städte geschnappt. Und das Ergebnis bestätigt eine Vermutung: Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist besonders in jenen Städten hoch, in denen die sozialen Probleme am größten sind.  Dass Bremen hier einsame Spitze ist, verwundert nicht wirklich.

Und dass die Zahlen in Bayern besonders niedrig sind, verwundert auch nicht. Dort sind zwar die Zeitungsmeldungen gespickt mit Nachrichten über organisierte Banden, die dann auch entsprechend gezielt nach reicher Beute ausziehen, was durchaus stimmen mag. Doch gerade in Städten mit hochgradig ausgeprägten sozialen Problemen kommt die ganz normale Beschaffungskriminalität noch obendrauf. Und das sind eben nicht nur Junkies, die wieder mal “was zu verticken” brauchen, um ihre Sucht zu finanzieren. Das sind auch ein ganzer Teil Diebe, die damit ihren Lebensunterhalt finanzieren, weil sie entweder chancenlos sind am Arbeitsmarkt oder schon längst aus den sozialen Sicherungssystemen geflogen sind.

Bei dieser Gemengelage liegt Leipzig mit 377 Einrüchen auf 100.000 Einwohner (2014) praktisch auf einer Höhe mit Städten wie Hamburg, Köln und Dortmund. Fast alle deutschen Großstädte liegen in solchen Regionen. Nur jene Städte, die im Vergleich weniger soziale Probleme haben, haben auch deutlich niedrigere Einbruchsraten – unter den zwölf größten deutschen Städten fallen München, Stuttgart und die sächsische Hauptstadt Dresden auf diese Weise auf. Dresden hat mit 199 Einbrüchen auf 100.000 Einwohner nur fast halb so hohe Werte wie Leipzig.

So wird zumindest auch sichtbar, dass Leipzig an seinem Erbe der bei einem Viertel bis einem Drittel der Leipziger manifesten Armut noch immer zu tragen hat. Da kann man zwar nach mehr Polizei rufen, die es aber in Sachsen nicht gibt, weil ein gnadenloser Innenminister weiter am Polizeiabbau festhält. Aber selbst wenn es hier Sokos und Extra-Razzien gäbe, würde sich nicht viel ändern. Die Aufklärungsraten bei Wohnungseinbrüchen liegen in der Regel bei Werten um die 15 Prozent. Ändern wird sich das Problem erst, wenn auch die heute immer noch sozial Benachteiligten wieder Teil haben am so viel gepriesenen Wachstum. Wenn am Wachstum immer nur die eh schon gut Verdienenden partizipieren, löst sich das prekäre Milieu, aus dem die meisten  Wohnungseinbrecher stammen, nicht auf. Und die deutschlandweit wachsenden Einbruchszahlen erzählen davon, dass das Problem nicht schmilzt. Im Gegenteil.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Es gibt 5 Kommentare

Monika, nun weichen Sie aus, werden beliebig und gehen ins Allgemeine.

Jedenfalls: Vorurteile und Allgemeinplätze braucht man nicht in Kommentaren immer wieder aufzuwärmen. Ist eigentlich auch so ein Allgemeinplatz…

Na Stefan, es ist doch wohl logisch, dass Einbrecher “immer asozial” sind. Oder wollen Sie deren Tun rechtfertigen? Wer anderer Leute Eigentum nicht achtet oder auch Gemeinschaftseigentum nicht, der ist asozial, Punkt. Das gilt auch z. B. für Banker, die mit fremdem Geld zocken.

Monika, es ist recht bemerkenswert, wie genau Sie darüber Bescheid wissen, was für Leute diese Einbrecher sind.

Als ob die, die einbrechen, um ihren Lebensunterhalt oder Drogenkonsum zu finanzieren, einer geregelten Arbeit nachgehen würden, wenn man ihnen die Chance dazu gibt, das glaubt doch wohl keiner! Da gehen doch die meisten lieber klauen, das ist leichter verdientes Geld, als jeden Tag regelmäßig zur Arbeit gehen!

Schreiben Sie einen Kommentar