An dieser Stelle haben wir in den letzten Monaten mehrfach über den Einwohnerzuwachs in Sachsen seit Frühjahr 2014 berichtet. Die sächsischen Landesstatistiker lassen sich bei so etwas immer eine Menge mehr Zeit. So ungefähr zehn Monate. Jetzt bestätigen sie offiziell: Der Freistaat verliert nicht mehr, er wächst wieder.

“Ende 2014 lebten 4.055.274 Einwohner im Freistaat Sachsen. Das waren nach Angaben des Statistischen Landesamtes 8.889 Personen bzw. 0,2 Prozent mehr als am 31. Dezember 2013. Damit stieg die Einwohnerzahl erstmals im Vergleich zu einem Vorjahreszeitraum seit 1990”, heißt es in der Meldung der Landesstatistiker dazu. Die Entwicklung kommt nicht ganz überraschend. Der Saldo aus Geburten und Sterbefällen ist zwar weiterhin negativ. Dafür ist Sachsen schon seit einiger Zeit ein durchaus attraktives Zuwanderungsland. Und seit 2011 ist auch die Zahl der jungen Sachsen, die das Land auf der Suche nach einer Ausbildung oder einem Job verlassen mussten, deutlich gefallen. Die geburtenschwachen Jahrgänge der 1990er Jahre profitieren vom anziehenden Fachkräftebedarf der Wirtschaft.

“Bereits seit 2011 kann Sachsen Wanderungsgewinne gegenüber dem Vorjahreszeitraum verbuchen. Im Jahr 2014 waren sie fast so groß wie in den Jahren 2012 und 2013 zusammen”, formulieren die Landesstatistiker nun das Ergebnis. “Insgesamt zogen 23.402 Personen mehr in den Freistaat Sachsen als ihn verlassen haben. Zu den Wanderungsgewinnen mit dem Ausland von 17.153 Personen kamen 6.249 Personen, die innerhalb Deutschlands  mehr  in den Freistaat Sachsen zugezogen als fortgezogen sind.”

Heißt im Klartext: Gerade zum Studium kommen mehr junge Bundesbürger nach Sachsen als nach dem Studium wieder weg ziehen. Das Ergebnis sind immer wieder hohe Studierendenzahlen, die mit den Planungen der Landesregierung nichts zu tun haben. Auch an der Uni Leipzig, die in der vergangenen Woche meldete: “Das Immatrikulationsverfahren läuft noch, doch schon jetzt lässt sich sagen: Zum fünften Mal in Folge nehmen mehr als 7.000 junge Menschen ein Studium an der Universität Leipzig auf. Fast 36 Prozent von ihnen – und damit mehr als je zuvor – stammen aus dem Westen Deutschlands, 11 Prozent aus dem Ausland. Die Zahl der Bewerber lag bei rund 44.500. Dies ist der zweithöchste Wert in der Geschichte der traditionsreichen Hochschule. Auch in den Bereichen Forschung und Wissenstransfer kann die Universität Leipzig Erfolge vermelden. So machte sie im Förderranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Rangliste der 40 bewilligungsstärksten Hochschulen, den größten Sprung – sie kletterte um sieben Plätze auf Rang 31.”

“Die Zahlen sprechen für sich. Wir sind eine sehr attraktive und in vielen Bereichen erfolgreiche Universität – und wir freuen uns riesig, erneut so viele junge Menschen bei uns begrüßen zu dürfen. Wir fühlen uns dadurch bestätigt und zugleich angespornt und motiviert”, sagte Rektorin Prof. Dr. Beate Schücking dazu. Und gab sich optimistisch, obwohl der Hochschulrat der Uni gerade alles dafür tut, sie aus der nächsten Rektorenwahl herauszuhalten.

So richtig hat man auch im Dresdner Wissenschaftsministerium noch nicht begriffen, wie wichtig die breit aufgestellte Hochschullandschaft eigentlich nicht nur für die demografische Entwicklung des Freistaats ist, sondern auch für seine wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit.

Die Krux dabei ist nur, dass sich das Bevölkerungswachstum in Sachsen vor allem auf die drei Großstädte beschränkt, während die ländlichen Regionen weiterhin an Bevölkerung verlieren. Leipzig hat dabei mit 12.917 Einwohnern den größten Zuwachs geschafft, gefolgt von Dresden mit 5.554 und Chemnitz mit 1.499.

Was für die Landepolitik eigentlich heißt, dass sie eine Doppelstrategie fahren müsste: Eine echte Stärkung und Förderung der wachsenden Großstädte, denn alle drei haben jetzt einen massiv wachsenden Investitionsbedarf. Und parallel dazu müsste ein Stabilisierungskonzept für die ländlichen Regionen entwickelt werden. Aber auch dafür fehlen bislang die belastbaren Ansätze.

Und so gibt es die sichtbaren Geburtenzuwächse eben auch vor allem in den Großstädten.

“Zudem fiel 2014 der Überschuss der Gestorbenen gegenüber den Geborenen geringer aus als in den letzten Jahren.  Im Jahr 2014 starben 15.224 Personen mehr als lebend geboren wurden”, stellen die Landesstatistiker fest. “Mit  35.935 Lebendgeborenen wurden 2014 im Freistaat Sachsen mehr Kinder geboren als in allen Jahren zuvor seit 1991.” Was eben auch heißt, dass der Ausbau der Kinderbetreuungskapazitäten sich hier sichtbar positiv niederschlägt – wahrscheinlich verbunden mit deutlich verbesserten Arbeitsmarktchancen für die jungen Eltern.

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