Eigentlich wollten Sachsens Statistiker am Montag, 25. April, ja nur stolz verkünden, dass Sachsens Arbeitsnehmer 2015 endlich mal ein bisschen mehr Geld bekommen haben. Aber ihre Statistik hätte auch gut zum „Equal Pay Day“ gepasst: Sie zeigt, warum Frauen so deutlich weniger Einkommen erzielen als Männer.

Das liegt nicht nur an der ausgewählten Branche – aber die spielt natürlich eine Rolle, wenn die Bruttojahresverdienste im Bereich von Dienstleistung und Gastgewerbe gerade einmal halb so hoch sind wie im Produzierenden Gewerbe: 20.000 Euro hier, knapp 40.000 Euro dort. Das sind Welten. Und so formulieren die Landesstatistiker denn auch: „Die niedrigsten Jahresverdienste Vollzeitbeschäftigter wurden in den Bereichen ‚Erbringung von sonstigen überwiegend persönlichen Dienstleistungen‘ (22.230 Euro), Gastgewerbe (22.829 Euro), ‚Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften‘ (23.432 Euro), ‚Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln‘ (24.519 Euro) und ‚Herstellung von Leder, Lederwaren und Schuhen‘ (24.525 Euro) gezahlt. In den Bereichen ‚Energieversorgung‘ und ‚Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen‘, ‚Forschung und Entwicklung‘ sowie ‚Erziehung und Unterricht‘ lagen sie über 51.000 Euro.”

Hinter „Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften“ steckt natürlich der ganze Zeitarbeitsbereich, von dem natürlich auch viele Männer betroffen sind.

Insgesamt ging es 2015 mit den Löhnen ein Stück bergauf: „Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Sachsen verdienten 2015 einschließlich aller Sonderzahlungen im Durchschnitt 37.192 Euro. Das sind 5,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, die bezahlte Wochenarbeitszeit (39,5 Stunden) ist dabei gleich geblieben. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes lagen die Bruttomonatsverdienste – ohne Sonderzahlungen – bei durchschnittlich 2.899 Euro, das ist ein Plus von 5,2 Prozent (Deutschland: 3.612 Euro; +2,4 Prozent).“

Aber der Blick aufs Gesamtbild zeigt auch: Nicht nur sind Frauen in eher schlechter bezahlten Branchen zu finden. Sie bekommen auch innerhalb der Branche deutlich niedrigere Gehälter: „Vollzeitbeschäftigte Frauen verdienten 2015 durchschnittlich 35.221 Euro und erzielten somit 92,2 Prozent des Verdienstes der männlichen Kollegen mit 38.210 Euro. 2014 lag der entsprechende Anteil bei 91,2 Prozent.“

Und das hat nicht nur etwas damit zu tun, dass Frauen seltener in Führungspositionen und damit höhere Gehaltsklassen kommen. Selbst die Gehaltsklassen differieren deutlich nach Geschlecht – was eigentlich im 21. Jahrhundert undenkbar ist, aber in vielen Branchen noch immer die Regel. Besonders krass in der Finanzbranche, wo Männer in der Leistungsgruppe 1 auf 8.600 bis 8.700 Euro Monatsverdienst kamen, Frauen nur auf 6.000 bis 6.100.

Natürlich sind auch 6.000 Euro Bruttomonatsverdienst in Sachsen ein sehr hoher Wert. In die Regionen kommt auch der öffentliche Dienst. Aber selbst dort erreichen Frauen in höheren Laufbahngruppen deutlich niedrigere Einkommen als die Männer.

Da die Statistik aber nur Vollzeitstellen erfasst und Teilzeitstellen aller Art ausblendet, spiegelt die Statistik aber auch wieder nur einen herausgehobenen Teil der sächsischen Arbeitswelt. Nur 66,7 Prozent der SV-pflichtig Beschäftigten sind überhaupt in Vollzeit tätig, 25,7 Prozent arbeiten in Teilzeit, 7,6 Prozent werden sogar nur geringfügig entlohnt. Und zwischen den Branchen schwanken die Stundensätze extrem – von 11,34 Euro bei Wach- und Sicherheitsdiensten bis zu 24 Euro im Bereich Forschung und Entwicklung.

„Im Produzierenden Gewerbe erhielten vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 2015 durchschnittlich 35.996 Euro, das waren 6,3 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum (33.869 Euro). Die Zahl der bezahlten Wochenstunden blieb unverändert bei 39,3 Stunden. Der Jahresdurchschnittsverdienst im Dienstleistungsbereich stieg um 4,9 Prozent auf 37.995 Euro brutto. Die bezahlte Wochenarbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten (39,6 Stunden) fiel geringfügig unter das Vorjahresniveau (39,7 Stunden).“

Die Meldung des Statistischen Landesamtes.

Die detaillierte Erfassung von Bruttoverdiensten und Arbeitszeiten zum Ende 2015.

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