Am Donnerstag, 24. November, hat Finanzminister Georg Unland die neuen Zahlen vorgestellt, die aufgrund der jüngsten November-Steuerschätzung der Bundesregierung für Sachsen entstehen. „Zudem zeigt sich, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Von jeder neuen Steuerschätzung immer noch deutlich höhere Einnahmeprognosen zu erwarten und damit immer noch höhere Ausgaben zu rechtfertigen, kann nicht funktionieren“, sagte er noch vor drei Wochen.

Insbesondere ging er dabei auf den scheinbaren Dämpfer ein, den die Bundesprognose ausgerechnet für die ostdeutschen Bundesländer in der Wirtschaftsentwicklung sah. Was mit den falschen Annahmen des Arbeitskreises Steuerschätzung zu tun hat, der Berlin immer wieder dem Westen zurechnet. Was natürlich blödsinnige Ergebnisse mit sich bringt. Auch und gerade für ein Land wie Sachsen, wo sich die beiden nach Berlin zweitgrößten Großstädte des Ostens befinden, die ihrerseits wie kleine Metropolkerne wirken.

Und das sorgt dafür, dass eine Flächenberechnung ziemlicher Murks wird, weil einer wirtschaftlichen Stagnation in der Fläche immer die völlig abweichende Entwicklung in den Großstädten gegenübersteht. Die wachsen ja nicht, weil irgendein Minister sie gut gegossen hätte (das Gegenteil ist der Fall), sondern völlig gegen den Trend und alle wirtschaftspolitischen Papierchen.

Und Wachstum bedeutet eben nun einmal auch mehr Beschäftigung, mehr Ansiedlungen, mehr Umsätze und damit: mehr Steuern.

Und die Fehler, die die Bundes-Steuerschätzer machen, pflanzen sich dann bis in die Sonderrechnungen des sächsischen Finanzministers fort, der nie müde wird, die Öffentlichkeit zu beschwören, „dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen“. Und aller halben Jahre muss er trotzdem die Zahlen korrigieren. Nach oben nämlich.

Was übrigens erstaunlicherweise schon so lange geht, wie das demografisch völlig unbegriffene Wachstum der Großstädte Dresden und Leipzig anhält. „Für das aktuelle Jahr sind im sächsischen Staatshaushalt Steuereinnahmen von rund 13,39 Milliarden  Euro zu erwarten“, meldete das Finanzministerium am Donnerstag, nachdem es die Bundeszahlen auf Sachsen heruntergerechnet hat. „Die Prognose der Mai-Schätzung wird damit deutlich um 379 Millionen Euro übertroffen.“

Nur zur Erinnerung: Im Mai hatte Georg Unland die Einnahmeprognose erst von 12,9 auf 13,01 Milliarden Euro anheben müssen, nachdem die neue Steuerschätzung des Bundes die alten Zahlen deutlich übertroffen hatte. Geplant hatte Unland das Jahr 2016 mit 12,6 Milliarden Euro. Und das sind erst einmal nur die Schätzungen. Für gewöhnlich stellt sich dann am Jahresanfang heraus, dass auch die letzte Schätzung bei den realen Einnahmen noch einmal übertroffen wurde.

Vage Ausblicke

Deswegen ist auch mit Vorsicht zu genießen, was jetzt für die nächsten beiden Jahren prognostiziert wird: „Im Jahr 2017 stehen gegenüber der Schätzung vom Mai voraussichtlich um 211 Millionen Euro und im Jahr 2018 um 84 Millionen Euro höhere Steuereinnahmen zur Verfügung.“

Diese Zahlen haben mit dem Dämpfer im Export zu tun, den die Wirtschaftsweisen der Republik ab 2017 sehen. Was nicht nur mit Brexit und Russland und China und USA zu tun hat, sondern vor allem mit der Tatsache, dass die deutsche Austeritätspolitik seit 2008 die Wirtschafsentwicklung in der ganzen EU abgewürgt hat, weswegen ja jetzt auch die Italiener mit dem Gedanken an den Austritt aus der EU spielen.

Zumindest eine Lehre kann man daraus schon ziehen: Man darf deutsche Finanzminister nicht die Wirtschaftspolitik der EU machen lassen. Da kommt nur Murks bei heraus. Und ihre Erklärungen dafür, warum die Wirtschaft brummt und sogar Steuern gezahlt werden, sollte man mit Vorsicht genießen.

Export oder Binnenkraft?

Georg Unlands Versuch, die nun doch wieder höheren sächsischen Steuereinnahmen zu erklären: „Für den Zuwachs in diesem Jahr gibt es zwei Ursachen: Der Freistaat profitiert von der bundesweit verbesserten Einnahmeschätzung. Der größere Teil des Betrages entfällt jedoch auf Umsatzsteuermittel für die anteilige Kostenübernahme im Bereich Asyl und Integration, die der Bund den Ländern bis Jahresende erst noch auszahlen wird.“

Was nicht wirklich irgendetwas erklärt. Denn das Wachstum der sächsischen Steuereinnahmen ist wesentlich durch wachsende wirtschaftliche Umsätze bedingt. Nicht unbedingt in den geliebten Exportbranchen, die wirklich zu kämpfen haben mit den Miseren der demolierten Welt-Märkte. Aber gerade im Dienstleistungs-, Bau- und Pflegesektor wachsen die Zahlen, werden mehr Umsatz- und mehr Einkommenssteuern gezahlt, die anteilmäßig alle dem sächsischen Haushalt zugute kommen. Das Land hat sich seit der Finanzkrise stabilisiert, die Arbeitskräftenachfrage hält an, die Bevölkerung schrumpft nicht mehr.

Und weil sie ganz hinten in der Schlange stehen, bekommen auch die Kommunen noch ein bisschen ab von dem Geld: „In 2016 werden gemäß der Schätzung die kommunalen Steuereinnahmen um 45 Millionen Euro und im nächsten Jahr um 54 Millionen Euro höher ausfallen.“ Und die erste absehbare Erleichterung für die Kommunen: „Ab 2018 erhalten auch die Kommunen umfangreiche Umsatzsteuerentlastungen im Zusammenhang mit dem Bundesteilhabegesetz. Im Vergleich zu den bisherigen Prognosen stehen dann insgesamt Steuermehreinnahmen von über 130 Millionen Euro jährlich zur Verfügung.“

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Keine Kommentare bisher

Na da gleichen sich ja die Steuerschätzung der Bundesregierung und die Ergebnisse des Ifo Institut wie ein eckiges Ei dem anderen 😉

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