Die CDU-Fraktion hat beantragt, im Frühjahr dieses Jahres im Stadtrat eine Sicherheitspolitische Stunde - ähnlich der Bildungspolitischen Stunde 2011 - durchzuführen und als Gast den Leipziger Polizeipräsidenten Horst Wawrzynski einzuladen. Sicherheit in Leipzig ist ein durchaus ambivalentes Thema.

Deswegen will die CDU-Fraktion drei Hauptthemen setzen: Zum ersten die Sicherheit in Leipzig – statistisch gemessen und subjektiv wahrgenommen. So schwankt die Zahl der von der Polizei registrierten Straftaten in Leipzig seit Jahren um die 60.000. Nur 2009 lag sie mal kurz drunter. Dabei ging die Zahl der Rohheitsdelikte und der sexuellen Straftaten tendenziell eher zurück. Zugenommen haben dafür die Fälle Diebstahl und Betrug – also deutlich wirtschaftlich bedingte Straftaten, die eng mit der nach wie vor hohen Armutsquote in Leipzig korrellieren. In diesem Zusammenhang ist auch die seit 2010 wieder angestiegene Zahl der Rauschgiftdelikte zu sehen, die nicht nur die fetten Schlagzeilen in einigen Medien bestimmen, sondern mittlerweile auch die Polizeimeldungen dominieren.

Ein Grund übrigens dafür, dass die L-IZ die meisten Polizeimeldungen mittlerweile ebenfalls wieder dem Papierkorb anvertraut. Denn auch die Leipziger Polizeidirektion macht mit ihren Meldungen Politik. Und wenn Meldungen schwerpunktmäßig unter dem Aspekt der (Drogen-)Beschaffungskriminalität an die Presse weitergegeben werden, ist das auch ein Versuch, das öffentliche Bild zu beeinflussen.

Fakt ist: Die Zahl der registrierten Rauschgiftdelikte hat noch nicht einmal das Niveau der Jahre 2006/2007 wieder erreicht. Das “Grundrauschen” ist also seit Jahren unverändert. Nur 2008 und 2009 sank die Zahl der angezeigten Fälle leicht, weil die Polizei ihren Fahndungsdruck etwas verringerte. Ab 2010 hat sie den Druck auf Dealer und Konsumenten wieder erhöht – die Fallzahlen sind wieder gestiegen.

Und in diesem Zusammenhang sind auch die Fälle in der Beschaffungskriminalität mehr geworden, denn die gründliche Fahndung der Polizei machte die illegale Ware in Leipzig knapp. Der Kapitalismus in seinem Selbstverständnis schlug zu: Die Preise für die illegalen Produkte stiegen – die Konsumenten suchten sich neue Geldquellen. Es ist ein Spiel mit Fuchs und Igel. Und es ändert nichts daran, dass Leipzig auch nach über 20 Jahren der Hauptumschlagplatz für Drogen in Mitteldeutschland bleibt. Und das nicht, weil die Drogenpolitik in der Stadt versagt hat, sondern weil sie die verkehrstechnisch am günstigsten gelegene Großstadt in diesem Raum ist.Erst am 26. Januar wurde in den späten Abendstunden eine 26-jährige Frau aus dem Landkreis Zwickau bei einer Zollkontrolle in Johanngeorgenstadt geschnappt. Die Zöllner fanden bei ihr rund 20 Gramm Crystal. Das Rauschgift war in drei Cliptütchen, die sich in den Hosentaschen der 26-Jährigen befanden, verpackt. Laut eigenen Angaben habe sie das Crystal für 30 Euro pro Gramm in der Tschechischen Republik gekauft, um die Droge später für 100 Euro pro Gramm im Großraum Halle/Leipzig gewinnbringend weiter zu verkaufen, sagte die junge Dame den Zollbeamten.

Wegen des Verdachts der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln wurde gegen die 26-Jährige ein Strafverfahren eingeleitet. Das Zollfahndungsamt Dresden übernahm die weiteren Ermittlungen.

Auch der Leipziger Polizei gelangen in den letzten Monaten mehrere erfolgreiche Zugriffe auf Kuriere und Zwischenhändler. Doch sie haben die Szenerie nicht wirklich lädiert. Was hier funktioniert, sind tatsächlich die reinen Gesetze des Marktes. Und der kommt erst dann in Bedrängnis, wenn die Süchtigen es schaffen, auszusteigen. Eine nicht ganz unwesentliche Aufgabe der Leipziger Drogenprävention.

Kann man natürlich fragen – und das ist der zweite Schwerpunkt des CDU-Antrages – wie ist die Zusammenarbeit von Stadt und Polizei tatsächlich – unter anderem auch auf dem Handlungsfeld Drogen?

Und drittens: Welchen Beitrag leisten die verschiedenen städtischen Ämter zum Querschnittsthema Sicherheit?

Die Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Dr. Sabine Heymann, begründet diese Initiative: “Sicherheit ist eine kommunale Querschnittsaufgabe, die nicht allein das Ordnungsamt angeht. Viele Bereiche, von der Stadtplanung über die Jugendhilfe bis hin zur Suchthilfe, haben einen Beitrag zur Kriminalprävention zu leisten. Ein weiterer Schlüssel zu mehr Sicherheit liegt in einer effektiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Stadt und Polizei. Dafür wurden Leitlinien beschlossen, die nun aber jeden Tag aufs Neue mit Leben erfüllt werden müssen. Dies klappt oft, aber nicht immer. Negativbeispiel war der im vorigen Jahr öffentlich ausgetragene Dissens in der Drogenpolitik. Wir möchten nun wissen, ob und wie Polizei und
Stadtverwaltung zu einer gemeinsamen Linie zurückgefunden haben. Für uns als CDU steht dabei Abstinenz als oberstes Ziel der Suchthilfe nicht zur Disposition.”

Erfahrungsgemäß stelle sich die in der Kriminalstatistik messbare objektive Sicherheit in einer Stadt besser dar als die von den Einwohnern wahrgenommene “gefühlte Sicherheit”. Dazu Dr. Sabine Heymann: “Diese Diskrepanz ist verständlich. Hauptgrund ist – neben der Rolle der Medien – vor allem die Wahrnehmung der öffentlichen Ordnung und Sauberkeit. Eine Stadt, in der es noch zu viele verwahrloste, vermüllte und beschmierte Orte gibt, wird automatisch als weniger sicher empfunden.”

Darum sollte die Sicherheitspolitische Stunde zeitnah mit dem Vorliegen der aktuellen Kriminalitätsstatistik einberufen werden.

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