FDP-Stadtrat Reik Hesselbarth sprach am Dienstag, 17. September, von "Watschn Nr. 3 für OBM Burkhard Jung", als der in Chemnitz ansässige Stromversorger enviaM vermeldete, er habe vor dem Landgericht Leipzig eine einstweilige Verfügung gegen die Neuvergabe der Stromkonzessionen in Leipzig erwirkt. Aber ganz so einfach ist die Lage augenscheinlich nicht.

Auch wenn etliche Kommentare zum zähen Leipziger Verfahren der Neuvergabe den Eindruck erwecken, als gäbe es aus der 2012 ausgetragenen Wettbewerbsrunde einen Sieger und der müsse nach geltendem Wettbewerbsrecht auch den Zuschlag erhalten. Doch seit 2012 herrscht eine Patt-Situation. Seinerzeit wollte Oberbürgermeister Jung (SPD) dem Stadtrat auch genau das vorschlagen – dem hauchdünnen Sieger im Auswahlverfahren denn auch die neue Konzessionsvergabe zuzugestehen.

Doch der Punkte-Unterschied zwischen dem “Sieger” enviaM und den kommunalen Stadtwerken Leipzig (SWL) war nur gering. Und – das bestätigten mehrere Stadträte, die die Wettbewerbsunterlagen einsehen durften, er war auch nicht wesentlich. Beide Unternehmen hatten eine Bewerbung vorgelegt, die den Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit genügte.

Was übrigens auch die Rechtlichkeit des Verfahrens nicht beeinträchtigt. Das waren die beiden ersten “Klatschn”, die Reik Hesselbarth zitierte. Auf Nachfrage bestätigte die Landesdirektion, Regionalstelle Leipzig, dass auch sie nur – wie zuvor das Bundeskartellamt, die Recht- und Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens geprüft habe. Klare Ansage: Eine Empfehlung an die Stadt, nun auch die enviaM mit den Konzessionen für die 14 in den Jahren 1999 / 2000 eingemeindeten Ortsteile wieder zu betrauen, sei damit nicht verbunden gewesen.

Klingt nach einer Zwickmühle. Erst recht, nachdem der Verwaltungsausschuss am 4. September mehrheitlich beschloss, dem Stadtrat vorzuschlagen, den Zuschlag an die Stadtwerke Leipzig zu vergeben. Mehrheitlich – nicht einhellig.Deutlich distanzierte sich hernach die FDP von dem Vorschlag. Aber die Bekundungen der Stadtratsfraktionen deuteten durchaus darauf hin, dass der Vorschlag des Verwaltungsausschusses auch im Stadtrat eine Mehrheit finden würde. Als sich das abzeichnete, erwirkte die enviaM die einstweilige Verfügung, der Tagesordnungspunkt wurde für die Stadtratssitzung am 18. September abgesetzt.

Die L-IZ wollte von der Stadtspitze nun trotzdem wissen, wie stark nun tatsächlich die Souveränität der Stadt und des Stadtrates ist, so eine Entscheidung zu treffen. Immerhin geht es um ein Gebiet der Daseinsfürsorge. Wie bindend ist dann das Ergebnis, das eine unabhängige Kanzlei aus eigener Punktevergabe ermittelt hat? Oder gehört die Konzessionsvergabe nicht in einen der Vergabeausschüsse der Stadt? Immerhin kauft man ja damit quasi über 20 Jahre eine wichtige Dienstleistung ein.

Aber das, was mehrere Fraktionen schon im Sommer 2012 anmahnten, trifft augenscheinlich genau so zu: Wenn es mehrere qualifizierte Angebote gibt, die den Prämissen der Wirtschaftlichkeit genügen, hat der Stadtrat die letzte Entscheidungshoheit.

So sieht es jetzt auch die Verwaltungsspitze. “Konzessionierungsverfahren im Energiebereich müssen wettbewerblich, das heißt nach kartell- und gemeinschaftsrechtlichen sowie energiewirtschaftsrechtlichen Vergabegrundsätzen ordnungsgemäß ablaufen. Die Grundlagen ergeben sich aus dem Energiewirtschaftsgesetz und aus dem Kartellgesetz”, teilt die Verwaltungsspitze nun mit. “Entscheidungsgremium ist bei der Größe des Auftrages nicht der Vergabeausschuss der Stadt, sondern der Stadtrat selbst. Dieser trifft auch die wichtigen Zwischenentscheidungen selbst. Zur Beratung und Begleitung dieses sehr komplizierten Verfahrens bedient sich die Stadt, wie auch in anderen Verfahren üblich, einer externen Kanzlei. Andere Kommunen wie auch Wirtschaftsunternehmen verfahren in solchen Fragen in gleicher Weise.”

In ihrer Pressemitteilung vom 18. September betonte die Verwaltung auch, dass der Stadtrat sehr wohl einen Ermessensspielraum bei solchen Entscheidungen habe.

Verwaltung und Stadtratsfraktionen wollen sich jetzt weitere Zeit für Beratungen nehmen.

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