Eigentlich ging es in den letzten Sitzungen der Fachausschüsse nur um die Frage: Wie teuer wird die Anker-Sanierung? Und wer soll es bezahlen? Gibt es nun einen Millionennachschlag? - Doch Fachausschüsse haben in Leipzig ein Problem: Sie tagen nicht öffentlich. Hinterher kann jeder Teilnehmer plappern, was er lustig ist. Und jeder andere kann's abstreiten. Aber weil das so ist, bringt FDP-Stadtrat René Hobusch jetzt die Frage der Öffentlichkeit auf den Tisch.

Einmal natürlich, um SPD-Stadtrat Gerhard Pötzsch zu widersprechen. Die LVZ zitierte Pötzsch am Donnerstag, 5. Juni, mit den Worten: “Es gilt weiter der Stadtratsbeschluss, dass der Anker zu sanieren ist. Darüber sind sich alle einig, auch wenn das höhere Kosten verursachen wird.”

“Es gibt keine Einigkeit, dass ohne Rücksicht auf die Kosten, weiter saniert werden soll”, sagt René Hobusch, der für die FDP-Fraktion an der Sitzung teilgenommen hat. “Einen Blankoscheck wird es von den Liberalen nicht geben. Dies wäre mit Blick auf marode Schulen, fehlende Kitaplätze und auf den Zustand unserer Straßen und Wege vollkommen unverantwortlich. Die Verwaltung hat oft genug gezeigt, dass sie mit Geld nicht umgehen kann und wir Stadträte dann nur noch Mehrkosten nachträglich abnicken dürfen. Bevor es beim Anker weitergeht, gehören alle möglichen Szenarien sauber mit Kosten unterlegt auf den Tisch des Stadtrates. Sowohl die Räte als auch die Öffentlichkeit haben ein Recht darauf zu erfahren, was bisher investiert wurde. Es gehört auf den Tisch, was vor der Salamitaktik mal geplant war. Und es muss öffentlich werden, was bei einem vollständigen oder teilweisen Abriss an Fördermitteln vakant ist.”

In gewisser Weise hat es der Ausschuss auch so beschlossen: Bis Juli will er von der Verwaltung ein Konzept vorgelegt bekommen, wie der Anker unter realistischen Bedingungen saniert werden könnte.

“Zur Verantwortung von uns Stadträten gehört, alle Varianten nüchtern und ohne Emotionen abzuwägen”, sagt Hobusch. “Bei allen auch persönlichen Sympathien sollten wir das große Ganze nicht aus den Augen verlieren. Dazu gehören eben bspw. auch die Schulen. Dort fehlt unter anderem am Heisenberg-Gymnasium gleich um die Ecke vom Anker eine Summe von 300.000 Euro für die Sanitäranlagen. Wenn dann beim Anker 1,6 Millionen Euro mehr für den Erhalt des maroden Gebäudes ausgegeben werden sollen, nur weil Klaus Renft dort mal aufs Klo gegangen ist, fehlt mir dafür jedes Verständnis. An über 30 Schulen in unserer Stadt sieht es ähnlich aus, wie im Heisenberg-Gymnasium. Es ist am Ende eine Abwägungsentscheidung, die wir treffen sollten, wenn alles auf dem Tisch liegt. Von mir wird es keinen Blankoscheck geben und daher gibt es eben auch keine Einigung. Dies habe ich so in der Sitzung zum Ausdruck gebracht.”

Aber ihn stört bei dem ganzen Geplapper, bei dem oft seltsamste Informationen aus den geschlossenen Ausschusssitzungen in die Zeitung durchsickern, dass die Ausschusssitzungen hinter verschlossenen Türen stattfinden. Immerhin wird hier der größte Teil der Entscheidungen, die dann im Stadtrat abgestimmt werden, vorentschieden.

“Es gibt gute Gründe nicht mehr in jeder Fachausschusssitzung die Öffentlichkeit auszuschließen”, sagt Hobusch. “Fakt ist aber, dass sie derzeit ausgeschlossen ist. Von meinen Kollegen muss ich erwarten können, dass die gemeinsam entschiedene Nichtöffentlichkeit respektiert wird. Weder aus der SPD noch aus der Linksfraktion, aus der sich Stadtrat Schlegel zur Sitzung äußerte, waren bislang Forderungen zur Abschaffung der Nichtöffentlichkeit zu vernehmen. Mit Blick auf die neue Wahlperioden sollten wir diese Debatte aber durchaus führen. Vieles, was heute hinter verschlossenen Türen debattiert wird, können wir genauso gut öffentlich tun.”

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