Am 30. August ging die L-IZ der Frage nach, wie die derzeitige Situation im Leipziger Taxigewerbe nun wirklich ist. Sind Mindestlöhne für Angestellte ab dem 1. Januar 2015 überhaupt möglich, wie ist die derzeitige Vergütungsstruktur und wie bereiten sich die großen Zentralen und Taxianbieter auf die Einführung eines Mindestlohnes vor? Besondere Aufmerksamkeit hatte die Gründung einer neuen Gewerkschaft in Leipzig hervorgerufen. Nun meldete sich auch die zweite große Vereinigung Leipzigs zu Wort. Löwentaxi-Vorstand Uwe Franz zur Sicht der dienstältesten Taxivereinigung Deutschlands.

Im Haus an der Jahnallee rollt unter der Nummer 98 2222 der Betrieb Tag und Nacht, damit die knapp 500 Fahrer und der Fahrgast zueinander kommen. Die Genossenschaftler haben die DDR in privatwirtschaftlicher Form überstanden, auch die Flut von neuen Taxigenehmigungen nach der Wende. Nicht leicht für die Anbieter dieser Fahrdienste, denn nach 1989 entstand urplötzlich ein rasantes Überangebot. “Bis zu 1.200 Taxis waren damals auf Leipziger Straßen unterwegs”, so die Genossenschaftler.

Die nachfolgende Marktbereinigung verringerte die Anzahl der Taxis zwar auf 700 bis 650 Fahrzeuge in ganz Leipzig, doch die 130 selbstständigen Taxiunternehmer der Genossenschaft mit derzeit rund 200 Fahrzeugen und bis zu 500 Fahrern für Tag- und Nachtschichten, sowie den Mitarbeitern in der Vermittlungszentrale sehen sich längst einem neuen Problem gegenüber.

Der Termin am 1. Januar 2015 könnte eine Kostensteigerung mit sich bringen, welche alle Taxiunternehmer unter Druck setzen wird. Eine Erhöhung der Beförderungsentgelte wäre eine Variante, doch diese unterliegen der staatlichen Regulierung. Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband e.V. (BZP), die bundesweite Interessenvertretung der Taxiunternehmer, schlug deshalb Anfang Juli 2014 Alarm: “Die Tarife für Beförderungsleistungen werden in einem komplizierten und oft langwierigen Verfahren von der öffentlichen Hand festgelegt. Nach Meinung von Gutachtern müssten die Kosten für Taxi-Fahrten im Durchschnitt bundesweit um rund 25 Prozent steigen. Damit wären aber nur die Kosten für höhere Löhne abgedeckt, nicht jedoch steigende Preise für Kraftstoff, Versicherungen, Fahrzeuge usw.”

Auch in Mitteldeutschland stellten die Taxiunternehmer im Juli bereits gemeinsam einen Antrag auf Anhebung der Fahrpreise, ob und wann diesem stattgegeben wird, ist noch offen.

Parallel dazu wollen Ver.di und der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband e.V. (BZP) über Härtefallregelungen verhandeln und sich so eventuell auf eine Fristverlängerung bei der Einführung des Mindestlohnes einigen. BZP-Präsident Michael Müller zum Problem der gesamten Branche: “Im Gegensatz zu allen anderen Bereichen kann die Taxi- und Mietwagenbranche die durch den Mindestlohn ausgelösten Mehrkosten nicht in der notwendigen Höhe an ihre Kunden weitergeben. Darum wollen wir im Gespräch mit den Gewerkschaften eine verträgliche Lösung für Kunden und Mitarbeiter herbeiführen.”

Der Mindestlohn scheint, nachdem dies auch von Löwentaxi-Konkurrent 4884 bestätigt wurde und anderen Ortes bereits zu einer Gewerkschaftsgründung führte, ganz offensichtlich alle Taxiunternehmen der Stadt Leipzig in eine ordentliche Bredouille zu bringen.

Auch Uwe Franz, Vorstand der Löwentaxi e.G., fand deutliche Worte dazu im L-IZ- Interview.

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Wie steht Löwentaxi als größter Taxianbieter zum Thema Mindestlohn für die Fahrer bei Ihrer Genossenschaft?

Da Löwentaxi als Zentrale selbst über keine Fahrer verfügt, ist das Thema auf das Personal in unseren Räumen beschränkt. Wir wissen (noch) nicht, wie wir die zirka 8000 Euro mehr Lohnkosten stemmen sollen. Für die uns angeschlossenen Unternehmen und dessen Taxifahrer ist es eine Katastrophe. Bei durchschnittlichen Stundeneinnahmen von zirka 13,00 Euro können Sie nicht die 8,50 Euro zahlen. Man braucht Stundeneinnahmen von etwa 25,00 Euro dafür.

Wird in der Löwentaxi Genossenschaft, also durch die Unternehmer, bereits Mindestlohn gezahlt?

Nein, wir zahlen noch keinen Mindestlohn. Durch freiwillige Zahlungen (z.B. Schichtzuschläge, vermögenswirksame Leistungen usw.) kommt unser Personal bereits jetzt beim Nettolohn in diesen Lohnbereich. Bei Zahlung des Mindestlohnes ab 01.01.2015 werden diese kaum mehr haben, weil wir dann auf freiwillige Leistungen verzichten müssen.

Werden Sie oder Mitglieder Ihrer Genossenschaft der “Gewerkschaft der Taxi- und Mietwagenfahrer Mitteldeutschlands”, welche im Umfeld von Top-Taxi entstand, beitreten?

Nein, wir werden dieser “Gewerkschaft” nicht beitreten. Der BZP führt für das Gewerbe deutschlandweit Verhandlungen mit Verdi, wir glauben, dass das der bessere Weg ist. Zum Thema Top-Taxi, das ist keine Zentrale, sondern ein Taxiunternehmen, das mit eigenen Taxis angestellte Fahrer beschäftigt und über ein betriebsinternes Funksystem verfügt. Das hat nichts mit einer Vermittlungszentrale für Taxiunternehmen zu tun, wie es die Taxi-Genossenschaft, DTS Taxi oder die 4884 betreiben.

Halten Sie die Gründung der “Gewerkschaft der Taxi- und Mietwagenfahrer Mitteldeutschlands” für zeitgemäß und sinnvoll?

Wir haben das Thema Gewerkschaftsgründung verfolgt und sehen diese als zumindest sehr zweifelhaft an. Die gleichen Leute, die ich sonst bei Versammlungen sehe und die sich dort als Chef eines Taxibetriebes ausgeben bzw. uns alle in dem Glauben lassen, dass sie diesen Taxibetrieb leiten, wollen jetzt eine Gewerkschaft gründen? Das hat mehr als ein Geschmäckle!

Und das Ganze sind dann Ehefrauen, Kinder, Schwestern und was weiß ich was alles des Inhabers? Da ist uns allen die saubere Lösung über den BZP mit Verdi lieber!

Welche Wege verfolgt derzeit Löwentaxi beim Thema Ausgestaltung der gültigen Fahrpreise und bei der Grundgebühr bei Zustieg in Leipzig?

Wir alle zusammen haben eine Tarifanhebung beantragt. Dies kann natürlich nur mit einer gleichzeitigen Verknappung des Taxiangebotes von Erfolg sein. Also so unsinnig wie es klingt, künstliche Verknappung des Taxiangebotes und höhere Preise sollen höhere Einnahmen für die verbliebenen Taxen bringen.

Von einer bisher gewohnten Verfügbarkeit rund um die Uhr muss sich der Kunde dann verabschieden.

Zur Webseite der Löwentaxi Genossenschaft

www.loewentaxi.de

Zur Webseite des Deutschen Taxi- und Mietwagenverband e.V. (BZP)

www.bzp.org

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