Der Freistaat hat sich nach der Bildung der neuen Regierung noch nicht bewegt. So ist noch nicht klar, ob er nun - wie versprochen - auch stärker in die Finanzierung der Schulsozialarbeit einsteigt. Was auch bedeutet, dass die Kommunen bei diesem Thema weiter auf sich allein gestellt sind. Dumm nur, wenn man sich bei den Planungen gleich für drei Jahre verrechnet hat. Am Donnerstag, 20. November, gab Sozialbürgermeister Thomas Fabian dazu Auskunft.

Er beantwortete getreulich eine Anfrage der Grünen-Fraktion. Da musste er denn zugestehen, dass das zuständige Fachamt wohl nicht ganz bei der Sache war. Fabian: “Der gesamte finanzielle Aufwand inkl. der Kofinanzierungen beträgt 2014 1.961.000 ?, wovon 1.936.000 ? auf die voll finanzierten Schulstandorte entfallen. Dieser Gesamtbetrag wurde vom Fachamt nicht vollständig in den städtischen Haushalt eingetragen. Der Budgetansatz betrug 1.887.850 ? und der Differenzbetrag in Höhe von 73.144 ? wurde aus dem Eckwert des Amtes für Jugend, Familie und Bildung bereitgestellt.”

Und das ist nicht nur 2014 so. Das ist auch für die Planansätze 2015 und 2016 so, was dann – so kritisiert die Fraktion der Grünen, eine Unterdeckung des Budgets des laufenden und der nächsten Haushaltsjahre aufgrund interner Fehlberechnungen bedeutet. Und ein Ausgleich sei auch für die nächsten beiden Jahre nicht vorgesehen.

Im Gegenteil. Thomas Fabian: “In den anderen Fällen müssen bei gleichbleibendem Haushaltsansatz unter Umständen Reduzierungen bei den Sachkosten, beim Personalanteil oder bei den Umlage- beziehungsweise Leitungskosten in Betracht gezogen werden.”

Das war eigentlich nicht im Sinn des Stadtratsauftrags, die Schulsozialarbeit in Leipzig sollte mindestens auf dem bestehenden Niveau gehalten, wenn möglich sogar ausgebaut werden.

“Dass es die Verwaltung nicht verstanden hat, die Kosten für die Schulsozialarbeit nach dem Beschluss des Stadtrates im Vorjahr korrekt zu summieren und somit 73.144 Euro zu wenig in den Haushalt 2014 eingeplant hat, ist schlimm genug. Dass man aber nun mit dieser Zahl auch in die Folgejahre geht, ist noch schlimmer”, kritisiert Michael Schmidt, Stadtrat Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Jugendhilfeausschuss, diese Haltung, die eine regelrechte Kettenreaktion auslöst. Denn die Sozialarbeit wird ja von Freien Trägern sichergestellt.Folge Nummer 1, so Schmidt: “Die Freien Träger der Jugendhilfe, die die Leistungserbringer sind, haben für das kommende Jahr 2015 einen Mehrbedarf durch Tarifsteigerungen ihres Personals in Höhe von 77.761,07 Euro angemeldet.

Dass die Verwaltung dies negiert und nur im Rahmen bis maximal 44.000 Euro pro Schulstandort Gesamtkosten befürwortet, bedeutet, dass es zwangsläufig zu Leistungseinschränkungen kommen wird. Eine Kürzung der Verwaltungs-, Sach- und Umlagekosten ist in aller Regel nicht möglich. Einziges Mittel wäre, Personal mit weniger Berufserfahrung einzusetzen, bspw. durch Umsetzung etc. Dies kann nicht im Sinne der Schulsozialarbeit sein, wo Bindungen über lange Zeiträume aufgebaut wurden und daher eine Personalkontinuität von größter Bedeutung ist.”

Und für die Stadt selbst bedeute das, so Schmidt, ein stillschweigendes Abweichen von eigenen Zielen. Michael Schmidt: “Die Stadtverwaltung hat sich mit Zustimmung des Stadtrates dem Fachplan Kinder- und Jugendförderung verschrieben und sich so selbst zu einer Ausweitung der Schulsozialarbeit mit dem Ziel einer flächendeckenden Implementierung verpflichtet. Dies ist nur mit einem sukzessiven Ausbau von Stellen an Schulstandorten mit angemeldetem Bedarf zu erreichen. Bedarfsanmeldungen gibt es aktuell von sieben Schulen. In einer Stellungnahme, welche dem Jugendhilfeausschuss auf Antrag der Freien Träger vorgelegt wurde, befürwortet die Verwaltung aus fachlicher Sicht und nach Rücksprache mit der SBAL die Ausweitung der Schulsozialarbeit im kommenden Jahr an zwei Grundschulen (Theodor-Körner-GS und Astrid-Lindgren-GS) und an der Oberschule am Weißeplatz sowie für 2016 an der Oberschule in der Schwarzestraße. Im kommenden Doppelhaushalt ist dieser fachlich begründete Ausbau und Mehrbedarf nicht im Haushalt eingeplant und somit aus Sicht der Verwaltung hinfällig.”

Und verabschiedet ist ja der Doppelhaushalt 2015/2016 noch nicht. Das wird der neu gewählte Stadtrat, der sich im Dezember konstituiert, frühestens im Januar tun.

Michael Schmidt: “Aus meiner Sicht muss es zentrales Ziel des Doppelhaushaltes sein, die begründeten Mehrkosten durch Tarifsteigerungen zu übernehmen, den Fehlbetrag in 2015/16 als weiteren jährlichen Mehrbedarf einzuplanen und die von der Verwaltung empfohlenen vier weiteren Schulsozialarbeiterstandorte zu finanzieren. Bedauerlich ist nur, dass sich die Stadtspitze trotz aller fachlichen Empfehlungen und Beschlüsse der vergangenen Jahre nicht imstande sieht, die finanziellen Notwendigkeiten einzuplanen, sondern es einmal mehr den politischen Entscheidungsträgern überlässt, Korrekturen vorzunehmen.”

Bei einem Appell an das Gewissen der Stadtspitze will es die Grünen-Fraktion aber nicht belassen, so Schmidt: “Meine Fraktion strebt hierzu einen fraktionsübergreifenden Haushaltsantrag an, um eine erneute Mehrheit im Stadtrat zu finden und ein deutliches Zeichen für die Notwendigkeit der Schulsozialarbeit zu setzen.”

Die Auskunft von Sozialbürgermeister Thomas Fabian als PDF zum Download.

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