Es waren Grüne und Linke, die sich zuletzt zusammengetan hatten, um für den Erhalt der Kleinen Theaterspielstätte in der Gottschedstraße 16 zu kämpfen, das Gebäude, in dem das Schauspiel zuvor die "Neue Szene" bzw. die "Scala" betrieben hatte. Das Haus läge ideal in Innenstadtnähe. Hier könnten freie Theatergruppen zeigen, was sie können, fanden die beiden Fraktionen. Doch Leipzigs Verwaltung zeigt sich dickfellig.

“Das Grundstück Gottschedstraße 16 (ehemalige Spielstätte Skala) wird einer dauerhaften kulturellen Nutzung zugeführt. Die Stadtverwaltung bietet diese potenziellen Nutzern aus der Freien Szene gezielt für Erbbaurecht oder Kauf an und unterstützt sie bei der Wiedereröffnung in geeigneter und angemessener Weise”, hatten die beiden Fraktionen beantragt, wohl wissend, das Leipzig eine solche Spielstätte fehlt und einige Vereine schon seit langem auf der Suche nach so einem Objekt sind. Meistens scheitern sie daran, dass die privaten Eigentümer andere Nutzungsvorstellungen haben. Oder dass das Liegenschaftsamt lieber verkauft als solche Nutzungen zu unterstützen.

Und so ist es auch diesmal. Kultur- und Wirtschaftsdezernat haben sich zusammengetan, um den beiden Fraktionen nun in einem gemeinsamen Verwaltungsstandpunkt klar zu machen, dass man nicht gewillt ist, die Verkaufspläne fallenzulassen. Formuliert haben sie es als Alternativvorschlag, in dem es nun heißt: “Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Rahmen eines Veräußerungsverfahrens des Objektes ‘Gottschedstraße 16’ im ersten Halbjahr 2015 zu prüfen, inwieweit einem eventuellen Bieter mit kulturellem Nachnutzungskonzept der Vorrang vor dem Meistbietenden ohne kulturellem Nachnutzungskonzept eingeräumt werden kann. Ebenfalls ist die Einräumung eines Erbbaurechtes mit kultureller Zweckbindung zu prüfen.”

Die Schwierigkeit ist dabei nicht das kulturelle Nutzungskonzept, sondern der gebotene Preis. Denn mit dem Erlös aus der Gottschedstraße 16 soll ja die neue kleine Spielstätte des Schauspiels Leipzig in der ehemaligen Schauhaus-Diskothek finanziert werden. Und die ist nicht wirklich billig.

Und das betonen beide Dezernate dann auch in ihrer Erklärung zum Vorschlag und benutzen auch das zweite Lieblingswort der deutschen Politik – neben dem Wörtchen “alternativlos” ist das das Wörtchen “unabdingbar”: “Aufgrund des hohen Finanzierungsbedarfs der geplanten Neuerrichtung der Zweitspielstätte Schauspiel im ehemaligen Objekt Schauhaus Leipzig (RBV-2150/149) ist die Veräußerung des Objektes Gottschedstraße 16 zur Gegenfinanzierung unabdingbar.”

Wie hart man tatsächlich die Zügel anziehen will, macht man auch deutlich. Und damit sind Interessenten aus der Leipziger Freien Szene, die nicht gleich die Millionen auf der hohen Kante haben, im Grunde schon aus dem Rennen. Sie werden, wenn es um den Wettlauf mit den üblichen Leipziger Immobilien-Investoren geht, immer der Hase sein und nicht der Igel. Denn schnelles Geld will die Stadt schon sehen in gewünschter Höhe, sonst kann im Schauspiel nicht gebaut werden.

“Sofern es rechtlich möglich ist, einen Bieter mit kulturellem Nachnutzungskonzept zu bevorzugen, ohne dass gleichzeitig die Finanzierung der Zweitspielstätte beeinträchtigt wird, wird das Liegenschaftsamt diesen vorrangig als Käufer gegenüber einem eventuellen Meistbietenden ohne kulturellem Konzept dem zuständigen Gremium zur Beschlussfassung über den Erwerb vorschlagen”, betonen die beiden Dezernate. Das Liegenschaftsamt gehört zum Dezernat Wirtschaft und Arbeit. Und die Erläuterung klingt genau so, wie man es erwartet, wenn das Amt den offiziellen Auftrag erhalten hat, aus einer Immobilie schnelles Geld zu machen, und zwar “ohne dass gleichzeitig die Finanzierung der Zweitspielstätte beeinträchtigt wird”.

Der Rest ist eher ein Bonbon als Zugabe für ein Versprechen, das eigentlich keins ist: “Im Rahmen der Prüfung wird auch die Einräumung eines Erbbaurechtes mit kultureller Zweckbindung untersucht.”

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Es gibt 3 Kommentare

Danke, lieber Sebastian Beyer, dass stimmt mich zuversichtlich.
Würde bitte einer der Moderatoren aus dem “Deei Fragen hätte ich da mal.” ein “Drei Fragen …” machen? Danke.
Ich wünsche Euch / Uns eine nachhaltig wirkungsvolle Zeit.

Fragen wie diese sind es, wegen der wir den Leser-Club eingerichtet haben. Bitte lieber JG diese nicht aus den Augen verlieren, auch wenn es für die dritte Frage vielleicht noch etwas früh ist.
Aber derartige Aktionen sind auch aus meiner Sicht sehr notwendig.

“Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, …”
Etwa der gleiche Oberbürgermeister, welcher beinahe das Stadtbad verhökert hätte?

Drei Fragen hätte ich da mal.
1. Wer hat in dieser Stadt das Sagen?
2. Wer hilft, ähnlich wie beim Stadtbad, einen entsprechenden Verein zu gründen?
3. Wer hat generell Lust und Interesse, einen Verein zu gründen, dessen Sinn es ist, diese unsere Stadt vor dem Ausverkauf zu schützen?

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