So langsam merken es alle, die Interesse an den wichtigen Infrastrukturprojekten der Stadt haben. Egal, ob es um neue Kindertagesstätten, Schulen oder demnächst sozialen Wohnungsbau geht: Die Stadt hat kaum noch ausreichend verfügbare Flächen im inneren Stadtgebiet zur Verfügung, um einfach drauflos zu bauen. Ergebnis einer jahrelang gepflegten Politik nach dem Motto: Mit Flächenverkäufen kann man doch den Haushalt stärken. Oder etwa nicht?

Doch die jahrelang gepflegte Verkaufspolitik erweist sich jetzt als Handicap. Leipzig kann den wachsenden Bedarf nicht mehr aus eigenen Reserven bestreiten und hat damit ein wichtiges Steuerinstrument aus der Hand gegeben. Eines der allerwichtigsten, wie jetzt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen feststellt: “Die Vergabe und Entwicklung von kommunalen Flächen ist eines der zentralen Instrumente der Steuerung und Gestaltung von Stadtentwicklung. Liegenschaftspolitik ist die Grundlage nicht nur von Wohnungsbau-, sondern auch von Kita- und Schulentwicklungspolitik. Auch aus kultur-, sport- und wirtschaftspolitischer Sicht braucht Leipzig Freiräume, um sich durch experimentelle Nutzungen neuzuerfinden. Die Liegenschaftspolitik der Stadtverwaltung behindert in den letzten Jahren in zunehmendem Maße eine nachhaltige Stadtentwicklungspolitik.”

Was – das erwähnen die Grünen an dieser Stelle nicht – auch daran liegt, dass Stadtentwicklung und Liegenschaften in verschiedenen Dezernaten angesiedelt sind – die Stadtentwicklung gehört zum Dezernat Stadtentwicklung und Bau, das Liegenschaftsamt zum Dezernat Wirtschaft und Arbeit.

“Die Politik des Ausverkaufs kommt uns heute teuer zu stehen”, stellt dazu Tim Elschner, Stadtrat und stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, fest. “Angesichts des Bevölkerungswachstums und den dadurch bedingten Wandlungsprozessen braucht unsere Stadt wieder Flächen und Gebäude insbesondere zur Sicherung der sozialen Daseinsvorsorge, auch um gesetzliche Pflichtaufgaben erfüllen zu können. Gerade deshalb brauchen wir endlich eine strategische und vorausschauende Flächenvorhaltung und -bevorratung. Gleichzeitig fordern wir eine Abkehr von der bisherigen Liegenschaftspolitik, die immer noch auf Grundlage einer ‘schrumpfenden Stadt’, sich vor allem auf den Verkauf kommunaler Flächen und Gebäude konzentriert, um so einen Beitrag zur Konsolidierung des städtischen Haushalts zu erbringen.”

Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat vor diesem Hintergrund einen entsprechenden Haushaltsantrag eingereicht. Dieser sieht vor, dass einerseits keine Liegenschaften der Stadt Leipzig, ihrer Eigenbetriebe und Beteiligungsunternehmen mehr verkauft werden sollen, die insbesondere jetzt oder perspektivisch für die soziale Daseinsvorsorge und andere fachpolitische Zwecke geeignet sein könnten und andererseits sich die Liegenschaftspolitik verstärkt der Flächenbevorratung aus denselben Gründen zuwenden soll. Hierfür sollen zusätzlich 1 Million Euro in den Doppelhaushalt 2015/2016 eingestellt werden.

Bei einem Verkauf von Liegenschaften sollen ferner folgende Kernziele Berücksichtigung finden: die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen, die Förderung gemeinschaftlichen, familiengerechten und generationsübergreifenden Wohnens, der Wohnungsbau und die Förderung Klima verbessernder Maßnahmen. Bei einem beabsichtigten Verkauf soll außerdem ein entsprechender Nachweis der Überprüfung dieser Vorgaben erbracht werden.

Tim Elschner: “Die Stadtverwaltung soll dazu die Instrumente der Liegenschaftspolitik so anpassen, dass diese Vorgaben und Ziele besser und in einem transparenten Verfahren umgesetzt werden können. Denn in der Vergangenheit blieb dem Stadtrat häufig nichts anderes übrig, als Versäumnisse der Verwaltung nur noch zu kommentieren.”

Die Pressemitteilung der Grünen mit ihrem Haushaltsantrag als PDF zum download.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar