Die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat knüpft sich jetzt mal die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH vor, kurz LTM. Das ist die Truppe, die fürs Stadtmarketing zuständig ist, die "Leipziger Freiheit" bewirbt, das Lichtfest organisiert und die Tourismuspreise vergibt. Im Herbst hat der Stadtrat eine kräftige Budgetsteigerung für die LTM beschlossen - von 1,8 Millionen Euro städtischem Zuschuss auf 2,5 Millionen. Aber wer kontrolliert das eigentlich, fragt sich jetzt die CDU.

Das zusätzliche Geld soll für neue Stellen eingesetzt werden, mit denen die internationalen Märkte durchackert werden sollen. 4,5 neue Stellen hatten 2014 im Antragspapier gestanden. Dass man gleichzeitig noch daran dachte, alte Mitarbeiter auszubooten, stand nicht da. Auch Anderes war nicht vermerkt, wenn man mal den Verweis auf die gestiegenen Übernachtungszahlen weglässt. Denn damit steht Leipzig nicht allein da. Auch andere deutsche Kulturstädte profitieren vom Städtetourismus, ohne dass klar wird, wer oder was eigentlich für die Zuwächse verantwortlich ist.

Der Geschäftsführer der LTM GmbH, Volker Bremer, rechnet die steigenden Zahlen gern der Arbeit seiner Mannschaft zu. Überprüft hat das keiner. Und gleich mehrere Fraktionen stellten im Herbst verblüfft fest, dass die LTM bis heute kein Tourismuskonzept für Leipzig vorgelegt hat. Nach welcher Strategie wird da überhaupt gearbeitet? Wo sind die Kernthemen? Die Vermarktungsschwerpunkte?

Verblüffenderweise kümmert sich seit 2006 ein ganz anderer Verein um touristische Entwicklungskonzepte. Das ist der Grüne Ring Leipzig, der aber – naturgemäß – einen ganz anderen Fokus hat, nämlich den Wassertourismus. Der dominiert auch in dem erst im Februar vorgelegten “Tourismuswirtschaftlichen Gesamtkonzept für die Gewässerlandschaft im Mitteldeutschen Raum (TWGK)”. Aber das machte, da es ja nun einmal den Tourismus in der Region untersucht hat, auch ziemlich klar, dass in der touristischen Gesamtvermarktung der Region nichts zusammen läuft. Jeder macht sein Ding für sich, Stärken werden nicht gebündelt. Und die LTM in der größten Stadt der Region? Für die Regionen-Bewerbung spielt sie augenscheinlich keine Rolle. Was ja dann Räume öffnet für so seltsame Ableger wie einen nicht existenten Wassertourismus.

Von dem würde keiner reden, wenn es für die eigentlichen touristischen Schwerpunkte in der Region irgendwo eine durchdachte Gesamtstrategie gäbe. Gibt es aber nicht.

CDU-Fraktion fordert mehr Kontrolle

Das alles scheint auch in der CDU-Fraktion mittlerweile mehr Fragen als Antworten auszulösen: Was macht die LTM eigentlich? Mit wem redet sie über ihre Aktionen? Wem ist sie Rechenschaft pflichtig?

Denn bei allem Gewähren von zusätzlichem Geld hat man augenscheinlich vergessen, dass es für die LTM gar keine Kontrollinstanz gibt. Was eigentlich nicht sein dürfte. Bei jeder anderen städtischen Beteiligung gibt es gesetzlich verbriefte Mitwirkungsrechte für die Stadtratsfraktionen. Dazu ist die Kommune sogar verpflichtet, denn sie darf – so will es der Gesetzgeber – die Kontrolle über die Verwendung der Steuergelder nicht einfach aus der Hand geben.

Das zitiert die CDU in ihrem Antrag jetzt extra: “Gemäß § 96 (1) 2. der SächsGemO darf eine Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben ein Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts nur errichten, übernehmen, unterhalten, wesentlich verändern oder sich daran unmittelbar oder mittelbar beteiligen, wenn die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens erhält.”

2 Millionen Euro sind schon eine sehr unmittelbare Beteiligung – es ist der Hauptteil der Gelder, mit dem die LTM arbeitet. In der Rechtsform einer GmbH. Was nach der Sächsischen Gemeindeordnung schlicht ein “entsprechendes Überwachungsorgan” erzwingt.

Und so fordert die CDU-Fraktion jetzt: “Der Oberbügermeister unterbreitet dem Stadtrat bis zum 30.09.2015 einen Vorschlag, wie die durch LTS e.V./LTM GmbH für die Stadt Leipzig wahrgenommenen Aufgaben künftig in einer Weise ausgeführt werden können, die gewährleistet, dass a.) die Bestimmungen der §§94 ff. SächsGemO nicht länger umgangen werden, b.) der Einfluss des Stadtrates auf die Bestellung der Geschäftsführung sowie die Strategische Steuerung des Unternehmens LTM sichergestellt ist.”

So geht das nicht weiter, stellt die CDU-Fraktion fest. Der Stadtrat hat sogar die Pflicht, diese ausgelagerte Aktivität der Stadt Leipzig zu kontrollieren. Die CDU wird sogar noch deutlicher: Sie spricht von einer Unterlaufung der gesetzlichen Mitwirkungsrechte: “Durch das Konstrukt Leipzig Tourist Service e.V./Leipziger Tourismus und Marketing GmbH wird diese gesetzliche Bestimmung seit Jahren erfolgreich umgangen. Insbesondere die im § 98 SächsGemO festgelegten Mitwirkungsrechte des Rates werden planmäßig unterlaufen. Der Stadtrat hat weder de jure noch de facto eine Möglichkeit, über Aufsichtsrat oder Gesellschafterversammlung auf die Geschäftsführung oder die Unternehmensstrategie Einfluss zu nehmen.”

Wozu man natürlich wissen müsste, welche Gelder für welche Projekte fließen und mit welchem Effekt. Jeder kulturelle Eigenbetrieb der Stadt muss jährlich einen Wirtschaftsbericht vorlegen. Die LTM erstaunlicherweise nicht.

Die folgerichtige Forderung der CDU-Fraktion: “Ein Unternehmen, dessen Hauptfinanzierungsquelle laut Beteiligungsbericht aus einem städtischen Zuschuss zur Förderung des Tourismus-, Veranstaltungs- und Kongresswesens in Millionenhöhe besteht, darf der Kontrolle des Stadtrates nicht länger entzogen werden.”

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 2 Kommentare

Da kommen sie wieder sehr schön zum Vorschein, die miserablen Kenntnisse der Parteien bzw. Politiker (hier der Leipziger CDU) über die kommunale Finanzkontrolle – hier der Steuerung und Prüfung von kommunalen Beteiligungen. Keiner hat eigentlich Lust sich damit zu befassen, weil doch alles so schön funktioniert bzw. angeblich zu kompliziert ist.

Für die Politiker bzw. Parteien des Stadtrates ist ein Exemplar meines Buch zur kommunalen Finanzkontrolle in der Verwaltungsbibliothek kostenlos ausleihbar. Während die Ausleihe bzw. das Interesse am “Finanzrevisor Pfiffig aus der DDR” in der Stadtbibliothek (zwei Exemplare – habe insgesamt drei Bücher der Stadtbibliothek geschenkt) hervorragend ist, benötigt (scheinbar) die Politik keine Nachhilfe. So sieht die Realität aus. Von Besserung keine Spur.

Schreiben Sie einen Kommentar