LeserclubAm 8. April berichtete die L-IZ über eine Statistik des Sächsischen Landesamtes für Statistik zu den kommunalen Einnahmen und Ausgaben in Sachsen 2014. Immerhin zeigte die Veröffentlichung für Leipzig Erstaunliches: Millionen-Überschüsse für die Haushaltsjahre 2013 und 2014. Zahlen, die die Stadt Leipzig selbst noch nicht vermeldet hat. Aus gutem Grund, wie jetzt Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) bestätigt.

Drei Fragen hat Torsten Bonew gleich mal gebündelt beantwortet. Denn es ist tatsächlich so: Was die Landesstatistiker da ausgerechnet haben, hat mit der Haushaltspraxis in den Kommunen eher wenig zu tun. Tatsächlich kann auch Leipzig für 2013 und 2014 noch keine endgültigen Zahlen vorlegen.

Unsere Fragen lauteten:

1. Sind diese Zahlen auch aus Leipziger Sicht so kommunizierbar oder wird es dazu noch Korrekturen geben?

2. Oder sind es nur rein virtuelle Zahlen, die nicht als frei verfügbare Finanzbeträge zu betrachten sind?

3. Wenn ja: Wie kann man das den Bürgern erklären? Was für eine Art Überschuss ist es dann?

Die Antwort von Torsten Bonew:

Die Veröffentlichungen des Statistischen Landesamtes Kamenz zu Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Kommunalhaushalte im Freistaat Sachsen werden durch die Stadt Leipzig nicht kommentiert und kommuniziert. Folgende Gründe aus unserer Sicht sprechen dafür:

Durch das Landesamt für Statistik wurden die veröffentlichten Werte auf der Grundlage der Quartals- und Jahresstatistik ermittelt. Allerdings handelt es sich um durch das Landesamt bereinigte Ein- und Auszahlungen. Für die Stadt Leipzig ist es nicht oder nur schwer nachvollziehbar, welche Werte bereinigt wurden. Die Stadt Leipzig meldet gegenüber dem Landesamt für Statistik nur die Kassenstatistik, die ausschließlich zahlungswirksame Vorgänge berücksichtigt.

Allein der Umstand, dass im Bericht des Landesamtes Einnahmen und Ausgaben dargestellt werden, während das Haushaltsrecht für die sächsischen Kommunen nur nach Erträgen/Aufwendungen (Ergebnishaushalt) bzw. Einzahlungen/Auszahlungen (Finanzhaushalt) unterscheidet, zeigt, dass eine Ableitung zu einem tatsächlichen Überschuss nicht möglich ist.

Unseres Erachtens sind die Daten nicht aussagekräftig bzw. für Rückschlüsse verwendbar, da a) diese weder für 2013 noch für 2014 endgültig sind (Verschiebungen sind noch immer möglich) und b) stellt diese Rechnung lediglich tatsächliche Zahlungsströme im Haushaltsjahr dar. Hierbei sind keine Erträge/Aufwendungen bzw. Kassenreste (vor allem investiv) betrachtet, die zur Verzerrung zwischen den Jahren führen können. Dazu sollte die gesamte Jahresrechnung (inkl. Ergebnishaushalt) betrachtet werden. Das StaLa interessiert meist nur einzelne Posten aus der Statistik (Steuerentwicklung, Sozialausgaben, Zuweisungen und Zuschüsse etc.). Wir werden Ihre Anfrage nutzen, um in Kamenz entsprechend anzufragen.

Im Glossar der Veröffentlichung weist das Landesamt auf die bedingte Aussagekraft hin: „Gegenwärtig erfolgt in den Kommunen die Umstellung des Rechnungswesens von der Kameralistik zur Doppik. Im Jahr 2013 wenden bereits mehr als 90 Prozent der Gemeinden und Gemeindeverbände das neue doppische Rechnungswesen an. Für eine einheitliche Ergebnisdarstellung werden die doppischen Daten in kameralistische Daten umgesetzt. Während der gesamten Umstellungsphase ist mit Beeinträchtigungen der Ergebnisdaten in ihrer Aussagekraft und Vergleichbarkeit zu rechnen“.

Das doppische Rechnungswesen, welches für die sächsischen Kommunen verpflichtend anzuwenden ist, ist generell sehr komplex. Da wie oben ausgeführt die Statistik mit abgeänderten Zahlen arbeitet, ist eine Erklärung nicht möglich (ggf. durch das Landesamt). Zielführender ist hier ggf. “dem einfachen Bürger zu erklären”, was das Landesamt mit derartigen Statistiken verfolgt: das Landesamt interessieren nach unserer Einschätzung eher nur einzelne Posten dieser Statistik, wie z. B. Steuerentwicklung  oder Sozialausgaben in den verschiedenen Kommunen.

Und was macht Leipzig mit dem Geld?

Da aber in der Statistik des Landesamtes solche rechnerischen Überschüsse auftauchten, wollte natürlich auch die L-IZ wissen, was damit passiert, wenn sie in der Leipziger Haushaltsrechnung tatsächlich übrig bleiben. Immerhin weiß ja jeder Leipziger, wie gigantisch der Investitionsstau in der Stadt ist. Da hilft jede Million, wieder das eine oder andere drängende Problem zu lösen.

Unsere Fragen dazu also:

4. Was wird mit dem Geld? Wird es wieder für unterjährige Investitionen eingesetzt? Werden Investitionen vorgezogen? Oder ist es als Puffer notwendig, um Kostensteigerungen (z. B. im Sozialetat) aufzufangen?

5. Wann wird der OBM die entsprechenden Vorschläge machen, was damit geschieht?

Die Antwort von Torsten Bonew:

Im Hinblick auf die Frage zu der Verwendung eines möglichen Überschusses gilt es erneut den kommunalen Haushalt im Detail anzusehen.

Ein Überschuss im Ergebnishaushalt kann gesetzlich vorgeschrieben nur für Ergebnisrücklagen verwendet werden. Diese Rücklagen können dann in Folgejahren für den Ausgleich eventueller Defizite im Ergebnishaushalt herangezogen werden.

Überschüsse im Finanzhaushalt (=Verbesserung der Liquidität) dienen in der Regel der Finanzierung von Investitionsvorhaben, welche sich verzögert haben bzw. der Finanzierung von bereits gebildeten Rückstellungen. Die mittelfristige Liquiditätsentwicklung ist nach aktuellem Planungsstand eher kritisch, keinesfalls jedoch so positiv zu bewerten, wie dies die Zahlen des Landesamtes erwarten lassen.

Aussagen zu einem möglichen Überschuss im Jahr 2013 werden im HH-Planentwurf 2015/16 getroffen (Band 2, Seiten 3-11, der bestätigte Plan wird erst nach der Genehmigung durch die Landesdirektion veröffentlicht). Für das Jahr 2014 gibt es noch keine Zahlen zu einem Rechnungsergebnis, aus heutiger Sicht wird zwar von einem positiven Ergebnis ausgegangen, dies wird jedoch deutlich geringer ausfallen, als dies die zitierte Statistik des Statistischen Landesamtes vermuten lässt.

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Es gibt 3 Kommentare

Danke Klaus, und es “schämt” sich auch niemand.
(Erst recht kein ehemaliger Geschäftsführer im Einzelhandel)
Nur weiß ich dass meine Bewertung sehr “voreingenommen” ist und somit kann sie nicht korrekt sein.
Also suche ich andere, interessierte Meinungen.
Letztlich geht es um Schwarmintelligenz.

Ein dazu gut gemeinter Hinweis. Keiner brauch sich zu schämen, wenn er in von dieser Problematik so viel versteht, wie es meine Oma Emma bei ähnlichen Sachverhalten toll im schönsten Sächsisch zum Ausdruck gebracht hatte. “Da schauste rein wie ein Schwein in das Uhrwerk”. Keiner.
Den Abgeordneten in den Parlamenten geht es nicht anders.

Gibt es einen klugen Leser (vielleicht unser Finanzrevisor Pfiffig), der die Nebelantwort von Torsten Bones erleuchten könnte. (so das möglich ist)

“Ein Überschuss im Ergebnishaushalt kann gesetzlich vorgeschrieben nur für Ergebnisrücklagen verwendet werden. Diese Rücklagen können dann in Folgejahren für den Ausgleich eventueller Defizite im Ergebnishaushalt herangezogen werden.

Überschüsse im Finanzhaushalt (=Verbesserung der Liquidität) dienen in der Regel der Finanzierung von Investitionsvorhaben, welche sich verzögert haben bzw. der Finanzierung von bereits gebildeten Rückstellungen. Die mittelfristige Liquiditätsentwicklung ist nach aktuellem Planungsstand eher kritisch, keinesfalls jedoch so positiv zu bewerten, wie dies die Zahlen des Landesamtes erwarten lassen.

Aussagen zu einem möglichen Überschuss im Jahr 2013 werden im HH-Planentwurf 2015/16 getroffen (Band 2, Seiten 3-11, der bestätigte Plan wird erst nach der Genehmigung durch die Landesdirektion veröffentlicht). Für das Jahr 2014 gibt es noch keine Zahlen zu einem Rechnungsergebnis, aus heutiger Sicht wird zwar von einem positiven Ergebnis ausgegangen, dies wird jedoch deutlich geringer ausfallen, als dies die zitierte Statistik des Statistischen Landesamtes vermuten lässt.”

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