Die Leipziger CDU möchte bei der städtischen Hochkultur mal wieder den Rotstift ansetzen. Im Stadtrat haben die Christdemokraten einen Antrag eingebracht, der die Verschmelzung von Oper, Schauspiel und Theater der Jungen Welt (TdJW) zu einem Kulturbetrieb vorsieht. Gespart werden soll vor allem am Personal in der Verwaltung. TdJW-Verwaltungschefin Lydia Schubert kritisiert das Vorhaben auf's Schärfste.

Wie positionieren Sie sich zu dem VorstoĂź der CDU-Fraktion?

Ein wenig kommt es mir so vor wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier…“ Nicht nur Actori attestierte uns, dass „sie noch nie ein vergleichbar effizient arbeitendes Theater untersucht hätten“, der Sächsische Rechnungshof hatte keinerlei Beanstandungen, die Studie zur Umwegrentabilität der HTWK wies für das TdJW eine bessere Rentabiltät als für das Schauspiel aus.

Als kleinster Kulturbetrieb mit einem städtischen Zuschuss von ca. 3,4 Mio. Euro pro Jahr würde eine Zusammenlegung mit den 14 – 40 Mio. Euro Tankern eine Aufgabe der seit Jahren ausgebauten Marke „TdJW“ bedeuten. Prozesse der „großen“ Kulturbetriebe würden zu Ineffizienz und einer Schmälerung der Leistungsfähigkeit des Theaters führen. Das Renommee des ältesten Kinder- und Jugendtheaters würde nach kurzer Zeit erheblich leiden. Es ist zu befürchten, dass das TdJW zum fünften Rad am großen Theaterwagen wird. Viele Beispiele der Deutschen Theaterlandschaft lassen diesen Schluss zu, nicht zuletzt wenn wir nach Halle schauen…

Die CDU-Fraktion geht davon aus, dass die drei Theaterbetriebe mögliche Synergieeffekte im Augenblick nicht vollends ausschöpfen. Welche Einsparpotenziale brächte eine gemeinsame Verwaltung der drei Häuser mit sich?

Für das TdJW sehe ich keinerlei Einsparmöglichkeiten durch eine Verschmelzung der Verwaltungen, im Gegenteil eine Verteuerung durch eine nicht mehr optimale und effektive Ausschöpfung der Ressourcen. Eine größere Entfernung zu den täglichen Abläufen ver- und behindert eine direkte Einflussnahme durch die Verwaltung. Für einen bereits effektiv aufgestellten Theaterbetrieb kann eine verordnete Fusion nur primär negative Folgen haben. Die Arbeitsweise ist bereits auf Flexibilität und interdisziplinäres Handeln ausgerichtet. Der nach einer Fusion entstehende lange Verwaltungsweg führt zwangsläufig zu einer „schwerfälligen“ Arbeitsstruktur und somit zu einer Verteuerung.

Hätte die Fusion der drei Theater auf der Verwaltungsebene zwangsläufig den Abbau von Personal zur Folge?

Nur durch den Abbau von Personal kann gespart werden, denn rund 80 Prozent der entstehenden Kosten in den Theaterbetrieben ist dem Personal zuzuordnen. Jedoch sehe ich für das TdJW auch nach einer Fusion der Verwaltungen keine Möglichkeit der Stellenstreichung. Die Kleinstverwaltung bewältigt bereits heute verschiedenste bereichsübergreifende Prozesse und ist höchst effizient.

Inwiefern würde sich die gemeinsame Verwaltung von Oper, Musikalischer Komödie, Schauspiel und TdJW auf die künstlerische Leistungsfähigkeit der Häuser auswirken?

Die Ausrichtung eines Unternehmens in einer einheitlichen Verwaltungsstruktur minimiert zwangsläufig die Interessensvertretung des „kleinsten“ Partners. Theater wird von Spezialisten gemacht. Die inhaltliche Absetzung bzw. Unterscheidung eines Theaterhauses ist wichtig für die Identitätsbildung des Hauses. Das Publikum am TdJW ist ein spezielles, sensibles und muss als solches nach deren Bedürfnissen und Prioritäten behandelt werden.

Das TdJW arbeitet in seiner Drittmittelakquise höchst erfolgreich aufgrund seiner erarbeiteten künstlerischen Marke. Namhafte Kooperationspartner sind u. a. Bayer Kultur, die DFB Kulturstiftung sowie das Deutsch-Israelische Zukunftsforum. Durch eine Fusion der Verwaltung wären solche Partner nur schwer zu binden und die finanziellen Ressourcen würden merklich für den künstlerischen Bereich geschmälert.

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Man kann ĂĽber alles diskutieren. Man muss ĂĽber die Aufwendungen der Hochkultur in Leipzig ernsthaft diskutieren, was ja nie erfolgte, wie von mir bereits mehrmals in Kommentaren dargelegt. Wenn man in Leipzig von Hochkultur spricht, dann geht es um Schauspiel, Oper und Gewandhaus.

Das Theater der Jungen Welt muss deshalb ausgeklammert werden, weil die Stellung /Bedeutung eine ganz andere ist. Allein schon der Hinweise auf die jährlichen Zuschüsse, wie von Frau Schubert richtig angeführt, erübrigt eine Einbeziehung. Ich selbst habe als ehemaliger Mitarbeiter des Rechnungsprüfungsamtes der Stadt Leipzig mehrmals das TdJW geprüft. Auch deshalb finde ich diese Äußerungen der Verwaltungschefin nachvollziehbar, richtig und verantwortungsbewusst.
Dabei sollte nicht unbeachtet bleiben, dass solche Meinungsäußerungen in der Stadtverwaltung und der Politik nicht immer mit Wohlwollen aufgenommen werden. Das wird auch auf bei diesen Äußerungen der Fall sein. Doch gerade deshalb sind solche öffentlichen Äußerungen wichtig, sehr wichtig. Besonders gegenwärtig in Leipzig!!! Danke, Frau Schubert.

Eine Diskussion ĂĽber andere Strukturen in der Hochkultur kann nur eine Richtung haben, Schauspiel, Oper und Gewandhaus zu Leipzig unter einen Hut zu bekommen. Nichts mehr und nichts weniger, Was gibt es denn fĂĽr nachvollziehbare GrĂĽnd das Gewandhaus beim jetzigen Vorschlag der CDU auĂźen vor zu lassen? Keine! Hier zeigt sich die Scheinheiligkeit der CDU. Einerseits will man das Fahrrad in Leipzig zum wiederholten Male neu erfinden, was die anderen Parteien auch schon gemacht haben.

Weshalb getraut sich die CDU auf der anderen Seite aber nicht an die “heilige Kuh” namens Gewandhaus zu Leipzig heran. Dort spielt die Musik! Dort flieĂźen Milch und Honig!!

Doch auch die CDU, wie u.a. die SPD mehrmals vorher, hat keinen Arsch in der Hose diese Kuh zu melken!! Weshalb wohl? Könnte eine wesentliche Ursachen darin bestehen, dass bei den Auslandsreisen des Gewandhausorchesters oftmals Politiker und zahlreiche Leipziger bzw. sächsische Unternehmer (die sicher oftmals der CDU/SPD angehören) offiziell mitreisen, um geschäftliche Kontakte zu knĂĽpfen. Das ist durchaus verständlich, aber rechtfertigt noch lange nicht die jahrelange “Misswirtschaft” der Leipziger Politik im Umgang (= Reformunwilligkeit) mit der Leipziger Hochkultur, wozu das TdJW nicht zählt.

Ein gut gemeinter Hinweis vom “Finanzrevisor Pfiffig aus der DDR” an die Damen und Herren von der CDU, lassen sie die Finger vom Theater der Jungen Welt!!!
Diese Hinweis erfolgt auch deshalb von mir, weil ich mit der Geschäftsstelle der CDU-Fraktion des Stadtrates in den letzten Monaten mehrmals keine gute Erfahrungen gemacht habe. Traurig, aber wahr, auch wenn ich diese Telefongesprächen nicht aufgezeichnet habe.

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