Das mit der Bürgerbeteiligung in Leipzig ist eine schwierige Kiste. Es gibt ein paar Beteiligungsprojekte, in denen Leipzigs Stadtverwaltung gezeigt hat, dass sie durchaus bereit ist, sich dem Bürger zu öffnen. Aber systematisch ist das alles noch nicht. Deshalb gab's gleich vier Fraktionsanträge zur Bürgerbeteiligung. Die Grünen finden den jetzt vorgelegten Verwaltungsvorschlag ganz interessant.

Die Richtung stimmt. Denn bisher ist alles noch sehr kompliziert – die Verwaltung öffnet Einzelprojekte (wie den Lärmaktionsplan) für Bürgerbeteiligung, organisiert auch mit nicht wenig Geld die nötigen Foren und Werkstätten. Aber systematisch ist das alles nicht. Kann es auch nicht sein, wenn der Aufwand jedes Mal hoch ist und keine dauerhaften Strukturen bestehen, die Beteiligung niedrigschwellig jederzeit möglich machen.

Im Februar 2015 hatte die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen zwei Anträge mit den Titeln „Fortschreibung der ‘Leitlinien zur Bürgerbeteiligung in der Stadt Leipzig’ – Bürgerbeteiligungssatzung“ und „Frühzeitige Informationen durch Einrichtung einer zentralen Vorhabenliste“ ins Verfahren eingereicht, mit dem Ziel, Bürgerbeteiligung in Leipzig weiter zu professionalisieren.

Nun liegen die Verwaltungsstandpunkte zu den Anträgen vor, die Grünen-Stadtrat Tim Elschner in vier Punkten zusammenfasst:

1. Noch in diesem Jahr soll eine umfangreiche Bestandsaufnahme und eine Stärken-/Schwächen-Analyse der Leipziger Bürgerbeteiligung hinsichtlich der zurückliegenden drei Jahre durchgeführt werden.

2. Darauf aufbauend sollen unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit systematischer Bürgerbeteiligung in anderen deutschen Städten Vorschläge zur Verbesserung der Beteiligungskultur erarbeitet sowie zu erwartende Kosten dargestellt werden.

3. Die Ergebnisse sollen im 1. Quartal 2016 in einer Stadtwerkstatt mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadtverwaltung, der Bürgerschaft und der Stadtratsfraktionen diskutiert und danach dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

4.  Zur Verbesserung der Transparenz, zu welchen Vorhaben welche Beteiligungsmöglichkeiten bestehen, werden die Internetseiten unter „Leipzig weiter denken“ mit Informationen und Verknüpfungen zu laufenden Beteiligungsverfahren in der gesamten Stadtverwaltung ausgebaut.

Konkret beantragt hatten die Grünen eine richtige “Bürgerbeteiligungssatzung” und eine unter “LeipzigWeiterDenken” verfügbare Übersicht über alle Vorhaben, zu denen Bürgerbeteiligungsverfahren laufen.

Das sieht Tim Elschner, Sprecher für Transparenz und Bürgerbeteiligung der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, auch durch den Vorschlag der Verwaltung abgedeckt: “Wir zeigen uns über den konstruktiven Verwaltungsvorschlag erfreut, denn er nimmt die Intention unserer Anträge zielführend auf. Unsere gemachten Vorschläge zur Überprüfung der Bürgerbeteiligung werden weitgehend übernommen. Weg vom alleinigen ‘Wir haben beteiligt!’ ist es nämlich an der Zeit, den entscheidenden Fragen nachzugehen: ‘Wie wurde beteiligt?’ und ‘Was hat uns die Bürgerbeteiligung gebracht?'”.

Dabei freut sich der Grünen-Stadtrat besonders darüber, dass die Verwaltung sich tatsächlich lernbereit zeigt: “Wir begrüßen, dass seitens der Verwaltung selbstkritisch eingeräumt wird, dass es im Hinblick auf Verbindlichkeit und Transparenz von Beteiligungsverfahren sowie auch hinsichtlich einer kontinuierlichen Einbindung der Einwohnerinnen und Einwohner Optimierungsbedarf gibt; und des Weiteren die seit 2012 geltenden, aber auch wenig verbindlichen ‘Leitlinien zur Bürgerbeteiligung in der Stadt Leipzig’ von den einzelnen Dienststellen durchaus unterschiedlich gehandhabt werden.”

Nun kann die Ratsversammlung – voraussichtlich in ihrer nächsten Sitzung im Juni – über die von der Verwaltung vorgelegten “Alternativvorschläge” abstimmen. Stimmt sie dafür, wäre der Weg geebnet, dass der Arbeits- und Beteiligungsprozess zur Weiterentwicklung der Leipziger Bürgerbeteiligung tatsächlich zeitnah eingeleitet werden kann.

“Ich bin zuversichtlich, dass der Stadtrat unserem Anliegen zustimmen wird”, sagt Elschner. Betont aber, dass am Ende wirklich eine echte Satzung zur Bürgerbeteiligung stehen muss. “Ungeachtet dessen werden wir Grüne auch weiterhin für eine verbindliche Bürgerbeteiligungssatzung und eine zentrale Vorhabenliste nach dem Heidelberger Modell werben. Auf spannende und ergebnisorientierte Diskussionen freue ich mich, denn die Bürgerstadt Leipzig hat qualitativ gute Bürgerbeteiligung verdient. Es darf jedenfalls nicht das schale Gefühl zurückbleiben, dass Bürgerbeteiligung nur inszeniert wird, indem sie Teilhabe an Meinungsbildung und Entscheidungen suggeriert, ohne dies einlösen zu können.“

Verwaltungsstandpunkt zum Grünen-Antrag „Fortschreibung der „Leitlinien zur Bürgerbeteiligung in der Stadt Leipzig – Bürgerbeteiligungssatzung“.

Verwaltungsstandpunkt zum Grünen-Antrag “Frühzeitige Informationen durch Einrichtung einer zentralen Vorhabenliste“.

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