Ein Zentrum ist ein Zentrum. Das hätte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Leipziger Stadtrat, Katharina Krefft, auch gleich als Überschrift zu ihrem Änderungsantrag wählen können, nachdem die Stadtverwaltung in einer Stellungnahme den Grünen-Antrag zu einem Willkommenszentrum für Geflüchtete und Migranten und Migrantinnen einfach mal in ein Beratungs-Netz umgedeutet hat.

Die Begründung war nur zu verständlich: Die Stadt Leipzig hat schon eine ganze Reihe Anlaufpunkte und Beratungsstellen für Migranten im ganzen Stadtgebiet verteilt, dazu kommen noch die Kontaktbüros von Vereinen und Verbänden. Dahin könnte man all die Menschen, die in Leipzig Asyl gefunden haben, natürlich einfach schicken. Das fand zumindest die Stadtverwaltung so. Man könnte eine Art Netz draus knüpfen und die Menschen, die mit einem Problem irgendwo aufschlagen, dann gezielt weiterschicken.

Was ja so falsch nicht ist. Das kann man ausbauen, da kann man die Vereine und Initiativen aus dem Bereich Migrations- und Flüchtlingsarbeit mit einbeziehen, damit wirklich ein sinnvolles Konzept draus wird, betont Katharina Krefft in ihrem neuen Vorschlag zum Thema.

Aber damit die eigentliche Idee aus dem Grünen-Antrag nicht durchs Raster fällt, hat sie den Punkt, um den es eigentlich geht, extra fett eingefärbt: “Im Focus der Prüfung soll das Ziel einer zentralen, niedrigschwelligen Schnittstelle (Willkommenszentrum) zwischen MigrantInnen, Asylsuchenden, Flüchtlingen, BürgerInnen, Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Kultur stehen, welche neben Beratung und Information bereits vorhandene Vereine und Initiativen unterstützen, stärken, vernetzten und bewerben kann.”

Denn die Frage ist ja, ob Menschen, die neu in Leipzig sind, so ganz zufällig mal über eine der vielen Anlaufstellen stolpern.

Damit kann man nicht wirklich rechnen. Deswegen macht eine zentrale Anlaufstelle, die man nun einmal nicht verfehlen kann, Sinn. Und warum soll man die nicht zusätzlich schaffen, wenn man schon das Beratungsnetz besser figurieren will?

Ihr Vorschlag verknüpft also die eher zurückhaltende Herangehensweise der Stadt mit der Grünen-Idee eines wirklich existierenden Willkommenszentrums.

Das steht übrigens alles am Donnerstag, 19. November, auf der Tagesordnung des Stadtrates.

Und logischerweise gibt’s auch noch mal Schützenhilfe vom Grünen-Kreisverband. Der hatte ja die Idee zu einer Zeit, als Sachsen schon über die mit den Flüchtlingen kommenden Herausforderungen diskutierte, die Landesregierung aber noch immer im behäbigen Wir-machen-mal-langsam-Modus war. Seit Dezember 2014 haben die Leipziger Grünen die Einrichtung eines Willkommenszentrums gefordert – als zentrale Anlaufstelle für alle, die neu nach Leipzig kommen.

“Wir erleben sehr viel Unterstützung, bei der Umsetzung von Ankommenskultur in Leipzig. Doch Ehrenamt braucht immer einen professionellen Unterbau, damit langfristige und nachhaltige Unterstützungsstrukturen für die Neu-Ankommenden entstehen und verstetigt werden können”, betont Christin Melcher, Vorstandssprecherin der Leipziger Grünen, die Sinnhaftigkeit so einer zentralen Verknüpfungsstelle. “Das Willkommenszentrum soll als zentrale Anlaufstelle verschiedene Initiativen und Ebenen miteinander vernetzen – ob Informationen zum Asylverfahren, Ansprechpartner und Kontakte der verschiedenen Stadtteilinitiativen und internationale und – kulturelle Vereine, ob Spendenorganisation oder Sprachkurse – alles um das Ankommen in Leipzig zu erleichtern oder die Spendenbereitschaft zu koordinieren.”

Die Leipziger Grünen sehen in dem Willkommenszentrum die Möglichkeit, Ankommenskultur eben mal nicht nur bürokratisch, sondern integrativ und verantwortungsvoll zu gestalten. Aber nicht nur um Freundlichkeit geht es – sondern auch um all die Dinge, die Menschen brauchen, wenn sie in einem neuen Land und einer neuen Stadt Fuß fassen und wirklich heimisch werden wollen – das reicht von der Möglichkeit, eine Arbeit zu finden, bis hin zur medizinischen Betreuung.

“Aufgabe verantwortungsvoller Politik ist es nicht, die Zufluchtsuchenden zu verwalten, sondern Raum und Möglichkeiten zu schaffen, damit das Ankommen gelingt. Wir müssen langfristig und verantwortungsvoll handeln und den Neuankommenden Perspektiven geben”, betont Christin Melcher. “Das Willkommenszentrum soll deshalb auch Raum lassen für Selbstbestimmung und Austausch der Zufluchtsuchenden. Wir brauchen eine Stadtverwaltung, die Neuankommende nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance begreift. Die Stadt muss das Potential mehr nutzen: Ob Sprachmittler oder neue Wirtschaftsbeziehungen aufbauen oder verstetigen, Fachkräfte gewinnen und vieles mehr. Zufluchtsuchende müssen bei der Weiterentwicklung des Willkommenszentrums  mit einbezogen werden und ihren Belangen muss möglichst viel Raum und Struktur gegeben werden.”

Das geht dann freilich über das schon existierende Netzwerk hinaus. Es geht auch um ein gutes Stück Professionalisierung in der Integrationsarbeit. Und Arbeit ist es nun mal – für beide Seiten.

“Wir fordern die Stadt und die Fraktionen auf, den Schulterschluss zu suchen und die Weichen für eine verantwortungsvolle Ankommenskultur zu stellen. Wir dürfen nicht nur Verwalten, sondern müssen gestalten”, wiederholt Melcher. “Ein gemeinsames Zentrum, welches soziale, integrative und interkulturelle Aspekte vernetzt und an die bestehenden Strukturen und Initiativen weiterführt, kann hier ein wertvoller Ausgangspunkt sein. Dabei sollte es uns allen um das Bestmögliche für Migrant_innen und Zufluchtsuchende gehen – nur gemeinsam können wir Ankommenskultur gestalten.”

Der Änderungsantrag von Katharina Krefft zum Willkommenszentrum.

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So wie dieser Antrag hier dargestellt ist, wir es ihm wohl nicht viel anders ergehen, wie der Sache mit den Plastiktüten. Siehe Beitrag
“Leipzigs Umweltdezernat gibt sich begeistert – und lehnt den SPD-Antrag Punkt für Punkt ab”.
Also wenn der Elternrat “meiner”Schule was erreichen will, dann beschließt er nicht “Wir wollen dies und beantragen jenes”. Sondern wir sagen, dass Raum X genutzt werden soll, weil dessen derzeitige Nutzung mit Raum Y zusammengelegt werden kann. Wir sagen, wer was und wie tuen würde und reden nicht über das Blaue am Himmel.
Aber so unkonkret, da werden eher besorgte Aktive Projekte in besetzten Häusern verwirklichen, und zwar erfolgreich. Die machen sich auch konkret Gedanken und sagen nicht, man müsste …

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