Die Leipziger sollen nach dem Katholikentag 2016 erneut ein Kirchenevent in Millionenhöhe subventionieren. Naja, fast. Die Veranstalter des evangelischen "Kirchentags auf dem Weg" begnügen sich mit bescheidenen 950.000 Euro. Das Glaubensfest wird von der evangelischen Landeskirche ausgerichtet.

Kurze Rückblende

Vergangenes Jahr tobte in Leipzig eine hitzige Debatte, ob die chronisch klamme Kommune den Katholikentag mit einer Million Euro fördern solle. Ein Bürgerbegehren erreichte binnen drei Monaten immerhin über 18.000 Unterschriften, welche einen Bürgerentscheid über den Zuschuss aus dem Stadtsäckel verlangten. Parallel hatten die Katholikentagsmacher verschiedene Stadträte zu einer nichtöffentlichen Präsentation ihrer Vorhaben eingeladen und so unmittelbar vor der entscheidenden Ratsversammlung am 17. September 2014 unter Ausschluss der Presse versucht, Argumente für den Fördermittelbedarf zu liefern.

Bereits zu diesem Zeitpunkt war klar: Das Land Sachsen wird vom Gesamtetat des Katholikentages 2016 in Höhe von 9,9 Millionen Euro 3 Millionen Euro tragen, die Stadt Leipzig sollte eine Million und der Bund 400.000 Euro zuschießen. Neben der klammen Haushaltslage der Stadt Leipzig ging die Kritik im Vorfeld längst bis in den Bereich der Frage, ob staatliche Institutionen die Ausrichtung von religiösen Festen überhaupt in einer Gesamthöhe von 4,4 Millionen subventionieren sollten.

Vor allem Linke und Grüne stimmten am 17. September mehrheitlich gegen die satte Finanzspritze, dennoch ging der Beschluss, wenn auch knapp, mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP durch den Leipziger Stadtrat in der damaligen Zusammensetzung vor der Kommunalwahl im Mai 2015. Der Vorwurf bis heute: Transparent waren die Beantragung der Gelder und die Mittelverwendung durch den Veranstalter zu keinem Zeitpunkt wirklich. Fast gleichzeitig hatte kurz darauf die Stadt Münster den Zuschuss an den Katholikentag 2018 in ähnlicher Höhe abgelehnt. Dennoch findet die Veranstaltung in Münster 2018 statt, der befürchtete Rückzug des Katholikentages blieb aus.

Der Kirchentag in Stuttgart 2015 in finanziellen Zahlen. Screen Kirchentag.de
Der Kirchentag in Stuttgart 2015 in finanziellen Zahlen. Screen Kirchentag.de

Die nächste Runde in Leipzig

Geht es nach OBM Burkhard Jung (SPD), werden die Leipziger 2017 erneut zur Kasse gebeten. Die evangelischen Landeskirchen in Mitteldeutschland möchten das Lutherjahr – parallel zum 36. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin und der “Weltausstellung Reformation” in Wittenberg – mit eigenen “Kirchentagen auf dem Weg” zelebrieren. Die Veranstaltungen werden in Magdeburg, Halle/Eisleben, Erfurt, Jena/Weimar, Leipzig und Dessau-Roßlau stattfinden.

Dabei befindet sich Leipzig noch eher in der Diaspora der Veranstaltungsplaner, Leipzig wird versuchen müssen, attraktive Angebote zu unterbreiten. Auf der Internetseite des Kirchentages werden maßgeblich Berlin und Wittenberg als zentrale Orte für den 24. bis 28. Mai 2017 genannt. Im Gegensatz zum Katholikentag, welcher mit einem Eigeninterview aus dem September 2014 die Zuschüsse zu begründen sucht, finden sich zumindest ausführliche Darstellungen und Finanzzahlen auf der Seite des Kirchentages am Beispiel Stuttgart. Hier findet sich eine ähnliche Verteilung zwischen Staat und Kirche, wie beim Katholikentag 2016.

Ob OBM Burkhard Jung die 2014 auf Drängen der FDP zugesagte transparentere, allgemeine Förderrichtlinie für Großveranstaltungen vorlegt, ist nach wie vor offen. Interessant in diesem Zusammenhang sind sicherlich die stetig steigenden Zuschüsse seitens der Steuerzahler auch beim Kirchentag. Mit immerhin 8,4 Millionen Euro wird bereits das Land Berlin den Deutschen Evangelischen Kirchentag 2017 unterstützen, gesamt ist der staatliche Zuschuss damit laut Medienberichten bereits auf knapp zwölf Millionen Euro für 2017 gewachsen. Der Zuschuss soll damit noch höher ausfallen, als jemals zuvor und nun wird seitens der Veranstalter auch von Leipzig ein Scherflein erwartet. Wie schon beim Katholikentag hatte es auch rings um die Entscheidungen des Landes Berlin zum Kirchentag erneut Kritik an der fehlenden Transparenz in den Entscheidungsprozessen bis März 2015 gegeben.

Musik im Zentrum der Stadtvorlage

“Für Leipzig ist dieser Reformationssommer in zwei Richtungen von großem Interesse”, heißt es in der Vorlage. Zunächst werde zu prüfen sein, inwieweit sich die Kommune im Rahmen der Weltausstellung als Lutherstätte, also als Reiseziel für spirituelle Reisende anbieten kann. “Zweitens muss die Kommune dafür Sorge tragen, dass sie für die mehreren Hunderttausend erwarteten Gäste der Weltausstellung als Ankunftsdestination und Beherbergungsort für einen längeren Besuch interessant wird.”

Die Organisatoren möchten in Leipzig einen musikalischen Schwerpunkt setzen. “Leipzig spielt mit dem 800 Jahre alten Thomanerchor und insbesondere durch das Kantorat Johann Sebastian Bachs eine herausragende Rolle in der evangelischen Kirchenmusik”, so die Vorlage. Neben musikalischen Highlights werden sich die evangelischen Bläser in Leipzig versammeln. Erwartet werden 10.000 Musiker, die in verschiedenen Konstellationen live zu erleben sein werden.

Das Konzept klingt vielversprechend. Vorausgesetzt, man ist evangelischer Christ. Bleibt die Frage, ob die Allgemeinheit in Zeiten voller Kirchenkassen und angespannter Haushalte abermals die Zeche mitbezahlen darf? Was Leipzig betrifft, wird der Stadtrat eine Entscheidung fällen müssen. Wann abgestimmt wird, steht noch nicht fest. Dass nach der Bezuschussung des Katholikentages hier eine Ablehnung folgen könnte, ist eher unwahrscheinlich.

Die Beschlussvorlage VI-DS-01881 im Ratsinformationssystem
https://ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1002760

Zu allen Artikeln rings um den Katholikentag auf L-IZ.de

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Es gibt 2 Kommentare

Bleibt die Frage, ob die Allgemeinheit in Zeiten voller Kirchenkassen und angespannter Haushalte abermals die Zeche mitbezahlen darf?

Wer die letzte Rede des OBM im Stadtrat verfolgt bzw. das Interview in der LVZ mit ihm gelesen hat, konnte zur Schlussfolgerungen kommen, dass die Haushaltslage der Stadt Leipzig nicht einmal wegen der Asylproblematik angespannt ist, da doch diese Ausgaben fast vollständig wieder in das Stadtsäckel zurück fließen werden. Wer das glaubt, der glaubt sogar an den Klapperstorch.

Wo ist also diese klamme Stadt Leipzig?

Und nun!!!!????

Was ist Wahrheit, was ist Utopie, was ist Volksverdummung??? Wo sind die Experten unter den Kommentatoren und Journalisten????

Wer wag es, wer sagt es, wer schreibt es, ich zähle schnell bis drei…

Habe gestern eine neue Kirche gegründet: Heilige Kirche der Steuerzahler”.
Nächstes Jahr erwarte ich bei unserem Kirchentag in Leipzig 25 % der Steuerzahler hier. Ich werde Herrn OBM Jung um einen Kostenzuschuß in Höhe von nur 50 Cent pro Steuerzahler in der BRD bitten. Die indirekten Einnahmen der Stadt belaufen sich gemäß geheimen Gutachten in den 5 Tagen auf ca. 100 Millionen €. Welch gutes Geschäft für unsere Klamme Stadt!
Der Stadtrat in seiner göttlichen Weisheit wird sich dieses Geschäft doch nicht entgehen lassen.

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