Das passiert auch im Leipziger Stadtrat nicht allzu oft, dass eine Fraktion auf ihren Antrag eine komplette Ablehnung bekommt. Und das nun schon zum zweiten Mal. Passiert ist das der CDU-Fraktion, die ihren Antrag von 2015 noch einmal neu formuliert und eingereicht hat. Und nun das: „Die Beschlusspunkte I und II werden abgelehnt.“ Mehr als die beiden Antragspunkte waren es ja nicht.

Die beiden Punkte zum Nachlesen:

„I. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Eigenbetriebe Oper Leipzig (einschließlich der Musikalischen Komödie) und Schauspiel Leipzig bis zum Ende des IV. Quartals 2016 zu einem Eigenbetrieb ‚Städtische Bühnen der Stadt Leipzig‘ zu verschmelzen.

II. Die Fusion der unter I. genannten Eigenbetriebe soll dabei in der Weise erfolgen, dass eine gemeinsame Verwaltungsstruktur geschaffen wird, die künstlerische Autonomie der einzelnen Einrichtungen jedoch weitgehend gewahrt bleibt.“

Für Oberbürgermeister Burkhard Jung sind solche Vorschläge keine Konzepte mehr, die er unterstützen würde. Das hat er – quasi als Abschluss des Actori-Verfahrens aus seiner Sicht – im Februar 2014 deutlich gemacht. Da hat er dem Stadtrat eine Informationsvorlage unterbreitet, in der er seine Konsequenzen aus der Untersuchung der Struktur der Leipziger Kultureigenbetriebe formuliert hat. Zuvor hatte sich auch der Stadtrat auf keinen gemeinsamen Weg zu einer drastischeren Zusammenlegung innerhalb der Betriebe von Oper, Gewandhaus, Musikalischer Komödie, Schauspiel und Theater der Jungen Welt einigen können. Im Gegenteil: Die extra gebildete Arbeitsgruppe war mit der Erkenntnis auseinander gegangen, dass zwar einzelne Fraktionen zu drastischen Einsparungen und Fusionen bereit wären – gerade vor dem Hintergrund, dass nur mit der Schließung größerer Einheiten die angepeilten 5 bis 8 Millionen Euro Ersparnis zu gewinnen seien.

Aber die Mehrheit tendierte dann doch eher zur Haltung von OBM Burkhard Jung: Man hatte mit dem Actori-Gutachten zwar eine belastbare Analyse der großen Leipziger Kultureinrichtungen. Aber das Gutachten hatte auch ergeben, dass die Häuser selbst verwaltungstechnisch schon vergleichsweise schlank aufgestellt waren, manche – wie das Theater der Jungen Welt – sogar vorbildlich. Aber Synergien waren bestenfalls in der Verwaltung vorstellbar. Jeder Eingriff in den Bestand der Häuser hätte eine spürbare Folge für das Kulturangebot der Stadt gehabt.

Also lautete Burkhard Jungs Folgerung nach drei Jahren Diskussion: Wenn, dann müssten die Häuser selbst auf dem Weg weitermachen, ihre Verwaltungsstrukturen zu optimieren und mögliche Synergien auszuloten und umzusetzen. Aber jedes Experiment, die Häuser in ihrer künstlerischen Eigenständigkeit zu beschädigen, sollte tunlichst unterlassen werden. Im Gegenteil: Die Häuser sollten viel mehr dafür tun, wieder attraktiver auch für das heimische Publikum zu werden. Was den neuen Intendanten von Oper und Schauspiel auch sichtlich gelungen ist.

Eher müsste man sagen: Die Versuche, den Leipzigern neue Spielarten aufzuzwingen – gerade am Schauspiel Leipzig – sind schiefgegangen.

Und so ungefähr versucht es nun Kulturbürgermeister Michael Faber (Die Linke) auch der CDU-Fraktion zu erklären: Über die Information aus dem Februar 2014 hinaus „hat Actori im Rahmen einer Sondersitzung des Betriebsausschusses Kulturstätten am 02.07.2015 die Ergebnisse nochmals vor dem Hintergrund der seit 2013/2014 erfolgten Entwicklung in den Eigenbetrieben Kultur evaluiert. Im Ergebnis dessen konnte festgehalten werden, dass zwar Verwaltungsfusionen mit entsprechenden finanziellen Effekten verbunden sein können, aber auch Risiken bestehen, wie beispielsweise negative Auswirkungen auf Prozessabläufe, Abstimmungs- und Reaktionszeiten und damit auch auf die Flexibilität und Qualität der künstlerischen Produktion. Auch die mit Verwaltungsfusionen verbundenen Anlaufkosten, gegebenenfalls sich sogar ergebende dauerhafte Prozesskosten, können finanzielle Einspareffekte schnell aufzehren.“

Sein Fazit zum Anliegen der CDU-Fraktion: „Eine Strukturreform in Form der vorgeschlagenen Verschmelzung von Oper und Schauspiel zu einem einzigen Eigenbetrieb birgt zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr Risiken als Vorteile.“

Und in der Summe heißt das: Leipzig verzichtet auf die künstlerisch eigenständigen Häuser nicht. Dazu sind sie viel zu wichtig für die Außenwirkung der Stadt. Und was bei Actori als so bedrohlich erschien – die beständige Steigerung der Kosten allein durch die Tarifsteigerungen – müsse einfach aufgefangen werden.

Mit den Worten des Verwaltungsstandpunktes: „Die Verwaltung positioniert sich zur vorhandenen, gefestigten und sehr gut etablierten Struktur der Eigenbetriebe Kultur, die zudem effizient ist. Die im Rahmen der Wirtschaftspläne 2015 angezeigten finanziellen Probleme der Häuser in der Mittelfristperspektive, die im Wesentlichen lediglich aus den erwarteten Tarifsteigerungen der Folgejahre resultieren, werden im Rahmen der bereits durch die Verwaltung angekündigten Finanzierungsvereinbarung 2016 bis 2020 aufgegriffen. Diese wird gemeinsam mit den Wirtschaftsplänen 2016 ins Verfahren gebracht. Darüber hinaus stellt die Optimierung von Strukturen und Prozessabläufen in den Eigenbetrieben nach wie vor einen laufenden Prozess dar, der eng zwischen den Betriebsleitungen der Häuser und der Verwaltung vorangetrieben wird.“

Der Antrag der CDU-Fraktion.

Die Stellungnahme des Kulturdezernats.

Die Informationsvorlage des OBM vom Februar 2014.

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Die CDU Leipzig hat von Kulturbetrieben herzlich wenig Ahnung. Das Modell “Städtische Bühnen” funktioniert nicht in jeder größeren Stadt, vor allem nicht in solchen, wo es mehrere Standorte gibt.

Die mir bekannten Städtischen Bühnen haben 1-2 Standorte, allermaximal noch einen 3. quasi als experimentelle Kleinbühne, wo man die Kulissen mit Lkw schnell mal hinschaffen kann. Hier in Leipzig ginge es aber um die Fusion von vier(!) großen Häusern. Das kann rein räumlich nicht funktionieren.

Die CDU Leipzig macht sich schon ziemlich überflüssig. Am besten alle Fraktionsmitglieder aufs heimische Sofa. Die heutige Demo müsste jetzt gleich anfangen…

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