Was helfen eigentlich „wegweisende Maßnahmen“ zur Lärmminderung und zur Verbesserung der Luftqualität, wenn sie einfach nicht umgesetzt werden? Wenn es auch keine klaren Abrechnungen nach eingesetzten Mitteln gibt? Leipzigs Umweltdezernat legt zwar gern Umsetzungsberichte vor. Aber den verwendeten Ampelfarben misstraut auch die Grünen-Fraktion.

In den vergangenen Wochen hat die Stadt Leipzig die Umsetzungsberichte zum Lärmaktionsplan 2015 und zum Luftreinhalteplan 2014 veröffentlicht. Gleichzeitig mit der Veröffentlichung werden sowohl der Lärmaktionsplan als auch der Luftreinhalteplan fortgeschrieben.

Aber die beiden Umsetzungsberichte haben es in sich.

In den beiden aktuellen Umsetzungsberichten werden Maßnahmen mit Formulierungen wie „weitestgehend umgesetzt“ oder „teilweise umgesetzt“ aufgeweicht, obwohl sich diese immer noch in der Umsetzung befinden. Andere Maßnahmen werden lapidar mit der Begründung „nicht erfolgt“ ad acta gelegt.

Zu lapidar, findet Anett Ludwig, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: „Saubere Luft sowie Maßnahmen zur Begrenzung von belastenden Lärmereignissen sind die Aufgabe aller im Stadtrat vertretenen Parteien und aller Dezernate der Stadtverwaltung. Gesundheit ist ein hohes Gut, welches es zu schützen und zu wahren gilt. Die beiden Berichte zeigen aus unserer Sicht, dass sich aus den Tatsachen zu schlechter Luftqualität und Lärmbelastungen nur unzureichende Reaktionen oder Maßnahmen der Stadtverwaltung ergeben. Die Fraktionen im Stadtrat und die Stadtverwaltung müssen gemeinsam Entscheidungen zum Schutz der Menschen, der natürlichen Umwelt und zugunsten der Lebensqualität in der wachsenden Stadt treffen. Der unbefriedigende Umsetzungsstand bei den Maßnahmen sowohl im Luftreinhalte- als auch im Lärmaktionsplan kann in der Konsequenz aufgrund bestehender Regelungen der EU-Umgebungslärmrichtlinie und der EU-Luftqualitätsrichtlinie zu Strafzahlungen führen.“

Die Grundlagen waren eigentlich gut. Nur an der Umsetzung hapert es. Auch für die vorliegenden Pläne hat die Stadt Leipzig unter breiter Beteiligung wegweisende Maßnahmen zur Minderung des Lärms und der Luftverschmutzung erarbeitet. Zusätzlich zu den aktuell vorliegenden Plänen wurden auch im Stadtentwicklungsplan Verkehr und öffentlicher Raum, im Integrierten Stadtentwicklungskonzept und im Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept der Stadt zukunftstaugliche Ideen und Ziele sowie auch die Maßnahmen entwickelt.

„Wir haben also, was wir brauchen, wir müssen es jetzt aber auch umsetzen!“, findet Anett Ludwig. „Dabei darf auch Geld keine verhindernde Rolle spielen: Die Maßnahmen des Luftreinhalteplans und des Lärmaktionsplans müssen finanziell untersetzt werden!“

Die betroffenen Ämter und Dezernate sind mit dem Stadtratsbeschluss beauftragt, in eigener Verantwortung die erforderlichen Haushaltsmittel im Rahmen der Haushaltsplanungen bereitzustellen. Nur war es in den vergangenen Jahren stets so, dass etliche Maßnahmen aus beiden Plänen in den Verhandlungen zum Haushalt aus dem Rennen fielen. Kein Geld, keine Umsetzung. Nun wollen die Grünen wieder darauf achten, dass die Stadtverwaltung die notwendigen Haushaltsmittel im kommenden Haushalt 2017/2018 wie vorgesehen einstellt.

„Es braucht angesichts des Bevölkerungswachstums und dem steigenden Verkehrsaufkommen unbedingt erweiterte und strengere Maßnahmen in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans!“, sagt die Grünen-Stadträtin und kritisiert im gleichen Atemzug die Leichtfertigkeit, mit der die Verwaltung Projekte immer wieder verzögert und vertagt: „Im Gegensatz zur Verwaltung sieht die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen alle Maßnahmen als zur Umsetzung erforderlich an, um die Situation der Luftverschmutzung und Lärmbelastung für die Leipzigerinnen und Leipziger zu mindern.“

Die heftige Debatte zur Einführung einer Umweltzone vor einigen Jahren hätte deutlich gemacht, dass die grüne Stadtratsfraktion mit der Forderung der Einführung einer Umweltzone richtig lag. Nur so hätte die hohe Konzentration an Feinstaub wenigstens eingedämmt werden können.

Trotz der daraus resultierenden Reduktion von Feinstaub und Stickoxiden ist die Luftbelastung in Leipzig weiterhin so hoch, dass die Fristverlängerung seitens der EU-Kommission nicht reichte, die Tagesgrenzwerte für Feinstaub (PM 10) einzuhalten. Das Vertragsverletzungsverfahren dauert an. Auch die Konzentration an Stickstoffdioxiden (NOx) ist weiterhin zu hoch und übersteigt an mehreren Straßenabschnitten Leipzigs den Grenzwert.

Logisch, dass Anett Ludwig die Entscheidung der Verwaltung kritisiert, einige Maßnahmen einfach gar nicht anzupacken: „Maßnahmen nicht umzusetzen, weil sie keinen großen Einfluss auf die Baustellen NOx- und PM 10-Emissionen hätten, ist nicht zielführend.“

Einer der wichtigsten Bausteine aus dem Luftreinhalteplan scheiterte immer wieder am nicht bereitgestellten Geld: Das Pflanzen von Straßenbäumen. Und das in einer Zeit, in der das „Baum-ab-Gesetz“ der Landesregierung tausende Bäume auf privaten Leipziger Grundstücken gekostet hat.

„So ist es nach wie vor ein wichtiges Anliegen unserer Fraktion, die Straßenbegrünung und Baumbepflanzung voranzutreiben. Das durch die Verwaltung selbst gesetzte und vernünftige Ziel von 5.000 gepflanzten Bäumen bis 2015 wurde bei Weitem nicht erreicht“, stellt Ludwig fest. „Dem entgegengesetzt werden diverse Baumfällungen gar nicht gegengerechnet, sonst würde die Bilanz noch schlechter ausfallen als sie sowieso schon ist. Bäume sind Luftfilter und deswegen für die  Luftqualität und für viele Bürgerinnen und Bürger ein unverzichtbares Thema.“

Der Umsetzung beider Pläne, die in den Berichten so hübsch in Ampelfarben erscheint, gibt die Grünen-Stadrätin denn schlicht die Note „Mangelhaft“, also eine 5. So bekommt man natürlich keine Struktur in die Entlärmung der Stadt und das Luftreinhalteprogramm, sondern wurschtelt sich nur irgendwie durch, ohne auch nur an einer Stelle wirklich nachhaltige Effekte zu erreichen.

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