Manchmal muss man wohl einfach noch jung sein, um Dinge zu sehen, die man mit ein wenig Aufwand ändern könnte. Auch wenn das Problem nicht ganz neu ist. Schon 2013 forderte eine Petition, neben Leipziger Abfallbehältern auch Sammelbehälter für Pfandflaschen anzubringen. Dies wurde damals von der Stadtspitze einfach abgewimmelt. Doch jetzt bringt das frisch gebildete Jugendparlament einen richtigen Antrag dazu in den Stadtrat.

„Menschenwürdige Pfandsammlung“, ist er überschrieben und erinnert daran, dass es nicht nur darum geht, abendlichen Flaschentrinkern das Abstellen leer getrunkener Flaschen zu erleichtern und die üblichen Scherbenteppiche auf den Bürgersteigen zu verhindern, sondern auch um die Menschen, die sich mit dem Einsammeln der Pfandflaschen etwas dazuverdienen.

„Die Leipziger*innen sind schon lange daran gewöhnt, dass zu unserem Stadtbild auch Menschen gehören, die durch die Stadt laufen und stehengelassene Pfandflaschen einsammeln oder im Müll danach suchen“, stellt denn der Antrag etwas fest, was augenscheinlich den Augen der älteren Stadtpolitiker völlig entgangen zu sein scheint. „Wir als Jugendparlament Leipzig finden diese Prozedur demütigend und erniedrigend für all die Menschen, die auf Pfand als Nebenverdienst angewiesen sind. Es muss eine Möglichkeit geschaffen werden, dass diese Pfandflaschen nicht mehr im Müll landen und leicht erreichbar für Pfandsammler*innen sind. Jedes Jahr landen in Deutschland Pfandflaschen im Wert von über 250 Millionen Euro in Müllverbrennungsanlagen. Beim Pfand ging es schon immer um Umweltschutzaspekte und Ressourcenerhaltung.“

Lösen ließe sich das Problem mit der Anbringung von sogenannten Pfandringen an den üblichen Leipziger Sammelbehältern. Und genau das beantragen die Leipziger Jugendparlamentarier jetzt auch.

„Die Stadtverwaltung wird beauftragt, im Rahmen des Papierkorb-Konzeptes alle von ihr bewirtschafteten Mülleimer mit sogenannten Pfandringen auszustatten, welche nur für Pfandflaschen ausgelegt sein sollen.“

Und weil so etwas auch in einer Verwaltung erst einmal Planungsaufwand verursacht, schlagen die Jugendparlamentarier bis 2018 drei Schritte zur Umsetzung vor:

  1. Kurzfristig (bis I. Quartal 2017) sollen alle Mülleimer mit Aufklebern ausgestattet werden, welche den Slogan „Pfand daneben!“ und eine Erklärung des Sachverhalts enthalten.
  2. Mittelfristig (bis III. Quartal 2017) sollen die Mülleimer in der Innenstadt mit Pfandringen ausgestattet werden.
  3. Langfristig (bis IV. Quartal 2018) sollen alle stadteigenen Mülleimer umgerüstet werden.

Und eigentlich 4.: Unabhängig davon sollen alle neu aufgestellten Mülleimer von vornherein Pfandringe besitzen.

Und die jungen Leute weisen auch darauf hin, dass es bei dem Thema auch um Umwelt und um Kreislaufwirtschaft geht, „denn Pfandflaschen sind dazu da, dass man sie in den Recycling-Kreislauf zurückführt. Pfandringe erhöhen somit die Erreichbarkeit von Pfandflaschen und holen Flaschensammler*innen aus dem Stigma der ‚Müllwühler‘ heraus. Jede Pfandflasche, die in so einem Ring landet, ist mit Sicherheit keine, die verbrannt wird und verloren geht. Denn während viele Menschen nicht auf Pfand angewiesen sind, gibt es bedürftige Menschen, die durch das Raster des Sozialstaats gefallen sind, und sich über diese Spenden freuen. Deswegen ist die Abgabe von einzelnen Flaschen auch kein Akt des Opferns, sondern eine solidarische Handlung mit den bedürftigen Menschen.“

Und falls die Verwaltung noch ein Argument in Sachen saubere Stadt braucht: „Die Einrichtung von Pfandringen ist außerdem positiv für das Stadtbild, da keine daneben gestellten Flaschen mehr kaputtgehen und es aufgeräumter wirkt. Pfandringe sind ein Zeichen der Solidarität und Toleranz in der Gesellschaft, denn jede Flasche in diesen Pfandringen wird mit dem Gedanken abgestellt, dass es jemanden gibt, der sich über diese Flasche freut, während man selbst diese nicht braucht.“

Ein fast vergessenes Wort: solidarisch. Nun auch noch mit den Ärmsten unter den Armen. Ob das zieht im Leipziger Stadtrat?

Da denkt man ja sehr viel über Geld nach, das nicht da ist, zumindest, wenn’s kleinere Summen sind. Also nehmen die Jugendparlamentarier auch das ernst und erbitten tatsächlich eine Kostenanalyse: „Im Verwaltungsstandpunkt wird eine Aussage über die Anschaffungs-/Herstellungskosten sowie über die Bewirtschaftungskosten erbeten.“

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Den Pfand für die Glasflaschen auch auf 30 Cent erhöhen, dann werden vielleicht nicht so viele mutwillig zerdeppert. Ich habe gesehen, wie junge Leute am Studentenclub in der Nürnberger Straße immer Glasflaschen an die Mauer geschmissen haben und alle Feiernden standen daneben. Da fragt man sich, was solche jungen Menschen eigentlich im Kopf haben oder auch nicht! Das hat mit Spaß haben nichts mehr zu tun.

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