Wagen Immobilienentwickler in Leipzig jetzt so langsam, größere Wohnungsbauprogramme aufzulegen? Eine Zahl könnte darauf hindeuten: die Zahl der Baugenehmigungen für das erste Quartal 2016. Der Bau von 960 neuen Wohnungen wurde beantragt. Damit kommt die Zahl so langsam in die Nähe dessen, was Leipzigs Stadtspitze als Mindestzahl von neu zu bauenden Wohnungen betrachtet, wenn Leipzig so weiter wächst.

Es sind zwar nur Daumenrechnungen, wenn man bei 16.000 neuen Einwohnern Zuwachs jährlich auf 4.000 bis 5.000 Wohnungen kommt, die gebraucht werden. Es könnten auch deutlich weniger sein, mahnen Immobilienmakler. Denn das Wachstum wird immer stärker von jungen Familien getragen. Und das sind auch wieder öfter Familien nicht nur mit einem Kind, sondern zweien oder mehr.  Da kommen dann nicht nur 1,9 Bewohner auf eine Wohnung, sondern drei oder vier. Es werden etwas weniger Wohnungen gebraucht, dafür größere. Was schon heute ein Problem ist, denn gerade größere Wohnungen für Familien sind rar geworden.

Die 960 beantragten Wohnungen freilich sind nur ein Beginn. Die Bau-Gewerkschaft IG BAU sieht beim Wohnungsbau „noch Luft nach oben“ – insbesondere auch beim altersgerechten und energetischen Sanieren. Andernfalls werde auf dem Wohnungsmarkt ein zunehmend „eisiger Wind wehen“.

Für 960 Wohnungen gab es im ersten Quartal dieses Jahres in Leipzig eine Baugenehmigung. Die Bauherren und Investoren gaben dabei an, in den Bau von Wohnhäusern rund 65,2 Millionen Euro investieren zu wollen. Die Bau-Gewerkschaft IG Bau beruft sich dabei auf aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Doch die IG BAU warnt vor „zu großen Neubau-Fantasien“.

„Nicht hinter jedem Bauantrag, der einen Stempel bekommt, steckt auch eine ernsthafte Bauabsicht. Oft werden Baugenehmigungen nur eingeholt, um damit den Wert des Baulands zu heben – um also die Grundstückspreise nach oben zu jubeln“, sagt Detlef Zeiß.

Der Bezirkschef der IG BAU Nord-West-Sachsen sieht beim Wohnungsneubau in Leipzig „noch Luft nach oben“. Insbesondere auch beim altersgerechten Umbau vorhandener Wohnungen bestehe noch „ein enormer Nachholbedarf“. Seniorengerechte Wohnungen seien nach wie vor „Mangelware“. Auch bei der energetischen Gebäudesanierung gebe es noch eine Menge zu tun. Zeiß appellierte an Haus- und Wohnungseigentümer in Leipzig, hierbei die Förderprogramme der KfW intensiver zu nutzen. Die staatliche Förderbank (www.kfw.de) biete für den altersgerechten Umbau beispielsweise einen zinsgünstigen Kredit von bis zu 50.000 Euro oder einen Investitionszuschuss von maximal 6.250 Euro pro Wohneinheit.

Dass sich etwas tut, zeigt freilich auch der Vergleich mit dem Vorjahr: Insgesamt sind im vergangenen Jahr in Leipzig 1.837 Wohnungen neu genehmigt worden – darunter 794 Eigentumswohnungen. Viel zu wenig, um auch nur in die Nähe der kalkulierten 4.000 Wohnungen zu kommen. Wobei der Blick in die Zahlenwerke zeigt, dass sich tatsächlich etwas tut. In den Vorjahren dĂĽmpelten die Baugenehmigungen zwischen 848 (2012) und 1.689 (2013). Wirklich fertiggestellt wurden noch viel weniger – zwischen 661 (2010) und 1.441 (2013). 2014 erloschen sogar 201 Baugenehmigungen fĂĽr Wohnungen.

Und nicht alle Baugenehmigungen gelten tatsächlich für Neubau. Die wirkliche Zahl von neu gebauten Wohnungen lag nur zwischen 477 (2010) und 967 (2011). Natürlich helfen auch die rekonstruierten Altbauwohnungen, den Markt etwas zu entspannen. Aber wirklich viel hilft das nicht, wenn man nicht mal in die Nähe von 3.000 oder 4.000 neuen Wohnungen pro Jahr kommt.

Ein Ausreißer waren schon im 3. Quartal die Baugenehmigungen für 1.013 Wohnungen, 597 davon im Neubau. Wenn hinter den Zahlen aus dem 3. Quartal 2015 und dem 1. Quartal 2016 eine neue Entwicklung stecken sollte, könnte Leipzig tatsächlich wieder einen ausreichenden Wohnungsbau bekommen.

„Der Wohnungsneubau ist die beste Mietpreisbremse. Jede Wohnung, die neu entsteht, zählt im System von Wohnungsangebot und Mieternachfrage“, sagt dazu Detlef Zeiß. Um den Wohnungsneubau attraktiver zu machen und ihm einen schnellen Impuls zu geben, müsse es hier allerdings bessere steuerliche Anreize geben: Die lineare Absetzung für Abnutzung (kurz AfA) müsse von 2 auf 3 Prozent erhöht werden. In Ballungsräumen und Universitätsstädten, wo die Wohnungsnot besonders hoch sei, bedürfe es zusätzlicher Anreize für Investoren im Mietwohnungsbau. Diese Förderung müsse sich dann aber auch in den Mietpreisen niederschlagen.

„Diese Botschaft mĂĽssen die heimischen Bundestagsabgeordneten mit nach Berlin nehmen“, fordert ZeiĂź. In Berlin wird nun schon seit geraumer Zeit um eine deutlich höhere Fördersumme fĂĽr den sozialen Wohnungsbau gerungen. Und weil man einfach nicht zu einer Einigung kommt, weil es genauso wie in Sachsen ist – die ländlichen Räume bremsen, wo die GroĂźstädte vorpreschen mĂĽssen – sieht es ganz nach einem Thema aus, das bis zur nächsten Wahl so richtig hochkochen wird. Der Wohnungsbau werde auch im Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr eine zentrale Rolle spielen, ist sich der IG BAU-Bezirkschef sicher.

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