Das geht so nicht, Herr Oberbürgermeister. Zumindest Nicole Wohlfahrth, Stadträtin der SPD, sieht das so. Da kann sich der Leipziger OBM nicht einfach ein paar Dauerkarten beim Fußballclub RB Leipzig wünschen und das mit einer Umsorgung eventueller Gäste der Stadt begründen. Gleich mit zwei Anträgen macht sie ihr Erstaunen über dieses ganz spezielle Fanprojekt deutlich.

Denn dass über solche fußballfreudigen Entwicklungen in Leipziger Chefetagen erheblicher Diskussionsbedarf besteht, hatte jüngst ja erst das beabsichtigte Sponsoring der Leipziger Gruppe bei RB Leipzig gezeigt. Genau da, im Leipziger Stadtrat, muss aber auch über den eventuellen Kauf von Dauerkarten aus dem Stadtsäckel diskutiert werden, findet Nicole Wohlfahrt: „Der Verwaltungsausschuss gibt die Vorlage zum Erwerb von Dauerkarten bei RB zur Diskussion und Beschlussfassung an die Ratsversammlung.“

Ihre Begründung: „Der Erwerb von Dauerkarten ist von großem öffentlichen Interesse. Bereits das Sponsoring durch die LVV hat den Weg in die Medien gefunden und ist in der Stadtgesellschaft kontrovers diskutiert worden. Dieser Debattenbedarf wird auch zu diesem Thema groß sein. Auch Stadträte und Stadträtinnen haben hier Fragen, daher sollte die Entscheidung über den Erwerb von der Ratsversammlung getroffen werden. Diese Rückfragen resultieren aus der Vorlage selbst, die die Probleme in Bezug zur Vermeidung von Korruption deutlich benennt, zeitgleich aber den Kreis der potentiellen Gäste offenlässt. Diese Fragen müssen zwingend vor einer Beschlussfassung geklärt werden.“

Womit sie das eigentliche heiße Eisen benannt hat, denn nicht ohne Grund hat der OBM ja schon vorab mit dem Korruptionsbeauftragten der Stadt gesprochen und ein Prozedere ausgehandelt – das dem Antrag nicht beilag. Was Nicole Wohlfahrts zweiten Antrag begründet: Solange der Stadtrat nicht alle Informationen über diesen Deal hat, darf er eigentlich nicht genehmigt werden. Also muss der Beschluss logischerweise vertagt werden, egal, ob RB Leipzig dann noch in der 1. Liga spielt oder nicht.

„Der Erwerb von Dauerkarten für RB wird bis zum 3. Quartal 2017 zurückgestellt und frühestens für die Saison 2017/2018 beschlossen“, beantragt die SPD-Stadträtin. Und schreibt auch gleich noch hin, was die Stadtratsfraktionen wissen sollten, bevor sie einem solchen Kartenerwerb zustimmen:

„Vor einer Beschlussfassung ist der Ratsversammlung ein Konzept vorzulegen, das folgende Punkte beinhaltet:
– Benennung des Kreises der potentiell Begünstigten
– Maßnahmenkatalog zur Verhinderung des Korruptionsverdachts, der in Zusammenarbeit mit dem Antikorruptionsbeauftragten erstellt wird
– Vergaberegularien für eine Verwendung bei Nicht-Nutzung  zu repräsentativen Zwecken
– Übersicht der zu erwartenden Kosten.“

Die Art der Dauerkarten war tatsächlich nicht angegeben, also sind auch die möglichen Kartenpreise noch ein Rätsel. Aber irgendwie geht die SPD-Stadträtin davon aus, die Ratsversammlung könnte dem Fußballspaß tatsächlich zustimmen und beantragt als dritten Punkt: „Nach Ablauf der Spielzeit 2017/2018 wird die Ratsversammlung über die Nutzung der Karten informiert.“

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Es gibt 8 Kommentare

Ein schönes Beispiel für Prioritäten (oder noch Einiges mehr). Wie lange hat der Stadtrat über das Großmotorisierte Gewässerausbau Konzept diskutiert?

Lieber JG,
der Stadtrat glaubt derzeit erst einmal noch gar nichts, sondern es reagieren nun die ersten Räte auf den Vorstoß des OBMs. Nun findet also die erste Meinungsbildung zum Vorgang im Stadtrat statt und anschließend wird er eine Entscheidung treffen. Sicher nicht ohne Debatte darüber und somit also öffentlich begründet. Parlamentarische Demokratie durch gewählte Bürgervertreter eben. Ob RBL als Präsentationsobjekt der Stadt Leipzig für offizielle Besucher / Delegationen dienlich ist und es deshalb aus dem Steuersäckel zu bezahlen wäre, wird also noch diskutiert. Sicher wird es dabei auch eine Rolle spielen, was eigentlich noch so in Leipzig vorzeigbar wäre 😉
M.F.

Man erkläre mir bitte, was das politische Gremium “Stadtrat” mit dem privat initiierten und finanzierten “RB” zu tun hat.
Die Frage ist doch, weshalb der Stadtrat überhaupt glaubt aus Steuergeldern Karten des RB kaufen zu müssen.
Für Herrn Jung und Andere nach dem deren “Bedürftigkeit” geprüft und festgestellt wurde etwa?
Man finde den Fehler.

Es ist das Geld der Bürger (Steuergeld), welches dafür ausgegeben wird. Also sollte der gewählte Stadtrat auch
entscheiden. Wer käme sonst noch in Betracht?

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