Das ist doch mal ein hübscher Vorgang: Seit fünf Jahren köchelt der Wunsch aus dem Stadtrat vor sich hin, dass die Leipziger Stadtbezirksbeiräte ähnliche Kompetenzen wie die Ortschaftsräte der in den Jahren 1999/2000 eingemeindeten Ortsteilen bekommen. Vier Jahre lag das Projekt irgendwo in der Ecke. Im April 2015 holte es die Linksfraktion aus der Versenkung. Jetzt macht Leipzigs Verwaltung tatsächlich einen Vorschlag – für 2019.

Aus Sicht des Verwaltungsbürgermeisters geht es beim Linke-Antrag irgendwie um die Stärkung der Beteiligungsrechte für die Bürger. Motto: Mehr Demokratie wagen.

Aber wie würde das die zehn existierenden Stadtbezirksbeiräte strukturell ändern? Bekommen sie echte Entscheidungskompetenzen?

Nur die Frage hängt über allem: Sind die 1999 gewährten Rechte für die Ortschaftsräte der richtige Weg? Denn die haben sie ja vor allem bekommen, um den Verlust der Eigenständigkeit der eingemeindeten Dörfer ein bisschen zu versüßen. Deswegen stehen auch eher ungewöhnliche Zugaben etwa für „örtliches Brauchtum“ in ihrer Liste.

Die Frage soll jetzt im Leipziger Stadtrat und in Werkstätten doch etwas intensiver diskutiert werden, findet das Verwaltungsdezernat und knüpft an die Diskussion von 2012 an: „Ob die stadtübergreifende Einführung der Ortschaftsverfassung dafür ein probates Mittel ist, wurde bereits 2012 in der Ratsversammlung kontrovers diskutiert. Im Ergebnis dieser Diskussion wurde entschieden: die bisherigen Ortschaften auch in der Kommunalwahlperiode 2014 bis 2019 zunächst fortzuführen und die Kompetenzen der Stadtbezirksbeiräte zu erweitern.“

Ob man da nun zur Wahl 2019 etwas ändert, soll sich jetzt in einem Diskussionsprozess klären, schlägt die Verwaltung vor: „Zum weiteren Verfahren wurde von der Verwaltung angekündigt, dass im Jahr 2018 rechtzeitig vor der Wahlperiode 2019 bis 2024 geprüft wird, ob die bestehenden Strukturen noch angemessen sind und ob bzw. wann eine Vereinheitlichung der Strukturen erfolgen kann.“

Das Verwaltungsdezernat schlägt jetzt vor, „diesen Prozess in den beiden folgenden Jahren intensiv und ergebnisoffen zu führen. Als Auftakt plant das Dezernat Allgemeine Verwaltung mehrere Veranstaltungen zur ‚Stärkung der lokalen Demokratie und lokalen Verwaltung‘ für Dezember dieses Jahres. Mitglieder und Vorsitzende der Stadtbezirksbeiräte, der Ortschaftsräte sowie die Quartiersmanager werden dabei jeweils zu eigenständigen ‚Werkstattgesprächen‘ eingeladen. Ziel der Veranstaltungen soll ein Austausch zu Veränderungsbedarfen für eine notwendige Verbesserung der Gremienarbeit sein. Neben Vorschlägen zu künftigen Strukturanpassungen sollen dabei auch weitere – aus Sicht der Akteure notwendige – Veränderungen diskutiert und aufgenommen werden.“

Die erzielten Ergebnisse sollen dann im 1. Quartal des Jahres 2017 Grundlage für die Auftaktgespräche mit Vertretern der Stadtratsfraktionen werden. Was schon ein erstaunliches Tempo ist. Denn das hieße ja: Heute geht’s schon los. Ist das zu schaffen?

Denn das Ziel ist ja quasi die komplette Neudefinition dessen, was Leipzigs Stadtbezirksbeiräte seit 1996 sind. Dass sie in der Stadtentwicklung immer wichtiger werden, haben schon viele Diskussionen in den vergangenen Jahren gezeigt.

Es ist nur noch offen, wie ihre Arbeit wirklich modern und transparent strukturiert werden kann.

„Prozessziel ist die Entwicklung eines umsetzungsfähigen Maßnahmenkataloges“, betont das Verwaltungsdezernat. „Die Entwicklung einer möglichst einheitlich wirksamen und einer modernen Großstadt angemessenen demokratischen Beteiligung steht dabei im Mittelpunkt.“

Die komplette Stellungnahme des Verwaltungsdezernats.

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