Wenn am Mittwoch um 14 Uhr die oberbürgermeisterliche Klingel ertönt, haben die Stadträte das letzte Mal für 2016 einen vollen Arbeitszettel vor sich. Querbeet geht es dann um Anfragen, Beschlüsse und erste Vorlagen. Interessant für Anhänger des Rasenballsports wohl eine Anfrage der Linken zum Verbleib des Clubs im Zentralstadion, andere hätten gern ein schickes Kleingartenmuseum, die „Ostwache“ wird erstmals Thema und gern würde man es in Leipzig vermeiden, mit Fußbällen aus Kinderhand im Schulsport zu kicken. Lauschen sollte man wohl auch, wenn die Frage gestellt wird, ob es Strukturprobleme bei der Vermittlung von geduldeten Flüchtlingen in Arbeitsstellen gibt. Es scheint nämlich so.

Die Tagesordnung

Die Tagesordnung der Stadtratssitzung und aktuelle Dokumente im elektronischen Ratsinformationssystem ALLRIS: https://ratsinfo.leipzig.de/bi/to010.asp?SILFDNR=1001281

 Die Sitzung im Video-Mitschnitt

 

Bevor es endgültig in den Weihnachtstaumel und die Jahresendfeierlichkeiten geht, haben alle noch mal Fragen auf den Tisch gepackt und Anträge geschrieben. Die CDU möchte den Widerstand der Opposition in der DDR gegen das SED-Regime verstärkt im Stadtbild gewürdigt sehen. Zu diesem Zweck beantragte sie, die Stadtverwaltung damit zu beauftragen, ein Konzept zu erstellen, wie diese bei künftigen Straßenbenennungen stärker beachtet werden könnten. „Immer wieder haben sich Mutige dem Herrschaftsanspruch der SED und den daraus resultierenden Zuständen entgegengestellt, vom Widerstand gegen die kommunistische Gleichschaltung in der SBZ bis zur kirchlich geprägten Friedens- und Bürgerbewegung in den 80er Jahren“, heißt es dazu in dem entsprechenden Beschlussvorschlag.

Wenn möglich, sollten entsprechende Benennungen auch räumlich gebündelt werden, analog zu Gohlis-Nord, wo viele Straßennahmen nach Widerstandskämpfern gegen die Nazis benannt sind.

Mehr Geld für die Stadtkasse

Die Linke fordert derweil eine „Beherbergungssteuer“ für Touristen, und zwar nach dem Vorbild jener in Dresden. Dies sei auch eine der Forderungen aus einer Bürgerwerkstatt aus dem Jahr 2014. Durch die Einnahmen aus einer solchen Steuer solle die „umfangreiche touristische Infrastruktur“, welche durch die Stadt gefördert werde, finanziert werden.

Aber auch in den öffentlichen Nahverkehr, die Brückensanierung oder den Hochwasserschutz könnten die Einnahmen laut Linken fließen. Womit sie derzeit auch ein wenig auf einen der sechs Vorschläge des MDV schielen, welcher unter anderem die Idee einer „ÖPNV-Taxe“ ins Spiel gebracht hat. Dresden jedenfalls würde auf diese Weise allein im Jahr 2016 mehr als acht Millionen Euro einnehmen, so die Linken. Zudem: „Rechtssicherheit ist mit dem Urteil des Oberverwaltungsgericht Bautzen vom 06.10.2016 gegeben, da eine Revision am Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen wurde“, heißt es in der Antragsbegründung der Linken abschließend.

Spannend könnte die Antwort der Verwaltung auf die nachfolgenden Fragen der Linksfraktion werden. Könnte diese nämlich umfassend erfolgen, wüssten RBL-Fans bald, ob sie irgendwann weiter außerhalb zum Bundesligaschauen fahren dürfen. Denn die Linke fragt nach, ob nun RBL im Stadion in der Innenstadt verbleibt, oder einen Umzug auf die grüne Wiese plant. Und möchte gern wissen, „welche Gründe sprechen für den Verbleib von RB im Stadion auf dem Gelände des alten Zentralstadions?“. Und da weitere Überlegungen im Raum stehen, folgen natürlich auch die Fragen in die andere Richtung: „Wie wäre die Stadtverwaltung bei einer möglichen Veräußerung der Red Bull-Arena an RB zu beteiligen? Gibt es Überlegungen, das vorhandene Stadion auszubauen? Wenn ja, liegen entsprechende Anträge vor? Mit welcher Zielstellung soll ausgebaut werden?“

Strukturprobleme?

Die Grünen hingegen schildern Beobachtungen, die so manchen mutlos machen könnten, die sich eine schnelle Integration von geduldeten Flüchtlingen (demnach Kriegsflüchtlinge) in den Arbeitsmarkt wünschen. So heißt es seitens der Fraktion: „Das Jobcenter Leipzig bemüht sich mit Projekten und in der Beratung darum Migranten, Asylsuchende und Geflüchtete in Arbeit zu integrieren. Mitunter wurden in der Vergangenheit auch Menschen aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ mit eingebunden, die mit einer Duldung in Leipzig leben. Sie wurden in mehrere Praktika geschickt, um Arbeitserfahrung zu sammeln, sich in das deutsche Arbeitsleben zu integrieren und mit der Aussicht, dass bei guter Arbeit eine Übernahme in das Unternehmen möglich sei. Daneben wurden ihnen Stellenanzeigen, Jobangebote überreicht, mit der Aufforderung sich zu bewerben.“

Das Problem: „Nach erfolgreichem Praktikum oder Bewerbung mussten jedoch mehrere Betroffene die Erfahrung machen, dass ihnen von der Ausländerbehörde keine Arbeitserlaubnis mit Hinweis auf die aktuelle Asylgesetzgebung erteilt wurde.“ Und dann geht es rasch ins Detail: „Gibt es eine Zusammenarbeit zwischen Jobcenter und Ausländerbehörde, bei der die Chancen auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis kommuniziert wurden?“, wollen die Grünen nun wissen. Wie viele Fälle es mit welchem Ausgang in den Verfahren überhaupt gibt, auch.

Interessant wohl vor allem auch die letzte Frage, die quasi Geldverschleuderung in gegenläufig arbeitenden Strukturen bloßstellen könnte: „Wie viele der betroffenen Personen, deren Anträge auf Arbeitserlaubnis abgelehnt wurden, bekamen im Vorfeld als `Kunden` des Jobcenter Leipzig, Praktika, Maßnahmen zur Integration oder ähnliches vermittelt und wurden dazu aufgefordert, sich auf Stellenanzeigen zu bewerben?“ Die Antwort dürfte spannend werden – könnte sie doch eine sinnfreie Beschäftigungstherapie beschreiben.

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