Seit Jahren ein Dauerbrenner - Betreuungsplätze für die kleinsten Leipziger. Für die Eltern, die in der wachsenden Stadt einen Betreuungsplatz für ihre Kinder suchen und im Ratssaal. Die Linksfraktion hatte am 8. März das Thema wieder auf dem Schirm und fragte nach: Wie sieht es mit Krippen- und Kitplätzen in Leipzig aus? Wo genau fehlen noch welche und wie ist die Betreuungssituation? Wissen wollte die Fraktion auch, wie viele Kinder von Geflüchteten sich nunmehr in Betreuung befinden. Thomas Fabian antwortete mit einem regelrechten Zahlengewitter.

Zuerst eine Feststellung der Linksfraktion in ihrer Nachfrage: Es gäbe „Defizite bei der Versorgung mit Kitaplätzen. Vor allem im Krippenbereich ist das Angebot knapp. Gleichzeitig klagen Eltern darüber, dass die Platzanmeldung über das Elternportal KIVAN nicht zufriedenstellend funktioniert.“. Das klang irgendwie vertraut. Schon seit Jahren hechelt die Stadt beim Aufbau von Kitaeinrichtungen hinterher und auch die Beteiligung der Kitas selbst an der kommunalen „Verteileinrichting“ KIVAN war lange mau.

Manche Einrichtung hatte es schlicht nicht nötig, freie Plätze zu melden – denn es gab keine oder man vergab hier und da gern mal „freihändig“ und teils nach lang und länger werdenden Voranmeldungen. Und dann kamen ja auch noch die Flüchtlinge und auch die Kinder der neu in Leipzig lebenden Menschen sollten Plätze erhalten?

Doch der Reihe nach, wie stellt sich das Ganze nun aus Sicht der Stadtverwaltung im Jahr 2017 dar? Frage 1 der Linksfraktion lautete: „Wie viele Bedarfsanmeldungen für welche Betreuungsform liegen der Stadt Leipzig vor, die noch nicht bedient werden konnten?“ Weiterhin interessierte es, ob nun all Betreuungseinrichtungen am städtischen KIVAN teilnehmen würden, in welchen Stadtbezirken noch Platz-Probleme bestünden, ob die bereits beschlossenen Betreuungsplätze genügen würden. Und natürlich zum Schluss die spannende Frage – konnte die Stadt Leipzig bei der bereits seit spätestens 2012 sichtbarer werdenden Klemme das Tempo so hoch halten, dass auch die Aufnahme von Kindern von Asylsuchenden und Geflüchteten gelang?

Die Linksfraktion nahm den Stichtag 1. März 2017 und wollte wissen, „wie viele Kinder von Asylsuchenden und Flüchtlingen unter sechs Jahren“ zu diesem Tag in Leipzig lebten und wie viele davon eine Kita besuchten?

Die Antworten

Thomas Fabian beantwortete die Anfrage mit einem wahren Zahlenregen. „1.170 Kinder sind ohne Betreuung“ im Krippenbereich, so der Sozialdezernent. Allerdings sei unklar, ob sie nicht doch Plätze haben, denn nicht alle Plätze seien im KIVAN erfasst.

Derzeit sei in Leipzig ein Bedarf von 7.913 Plätze bei der Krippenbetreuung gemeldet, 3.301 Plätze werden derzeit in der Kindertagespflege gebraucht und 21.213 Kitaplätze sei der Bedarf für die über 3-jährigen Kinder. Welchen die Stadt noch immer nicht ganz zu decken vermag – doch Thomas Fabian sah ihn als „ausreichend, um den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz zu decken.“. Eine der Folgen weiterhin knapper Verhältnisse: manche Kinder bleiben beispielsweise länger in der Krippe, auch wenn sie das dritte Lebensjahr bereits überschritten haben. Was praktisch die fehlenden Kitaplätze zu fehlenden Krippenplätzen macht, da andere Kinder nicht nachrücken können.

Zu den Stadtteilen, in welchen zu wenige Kita-Plätze vorhanden sind, nannte Fabian „Südost, Altwest, West, Südwest, Mitte, Nordwest und Nord“. Immerhin seien dies 7 von 10 Stadtteilen, wie Juliane Nagel (Linke) feststellte – also praktisch überall in Leipzig.

235 Kitas nehmen derzeit laut Fabian am städtischen Verteilungssystem KIVAN teil, 12 hingegen (noch) nicht. Hier würde man nun über neue Vereinbarungen mit den Betreibern für eine Teilnahme ab dem 1. Juli 2017 sorgen wollen. Zur allgemeinen Situation führte der Sozialdezernent aus: „Das Interesse von privaten Investoren scheint nachzulassen, neue Kitas zu bauen.“, man habe zudem als Stadt nicht genügend Flächen. Deshalb habe man jetzt eher vor, bestehende Kitas zu erweitern und bestehende, noch anders genutzte Kitas in Leipzig wieder umzuwidmen und erneut als Kitas zu nutzen.

Mehrbedarfe aufgrund der Kinder Geflüchteter

Zum Stichtag 1. März 2017 sind laut Thomas Fabian 1.571 Kinder von Geflüchteten und im Alter von unter sechs Jahre in Leipzig in einer Kitabetreuung. Davon seien, so Fabian, 579 dieser Kinder unter sechs Jahre als und selbst als Asylberechtigte oder als zeitweise schutzwürdig anerkannt. Weitere 739 Kinder besitzen normale Aufenthaltsgenehmigungen und 104 Kinder seien noch im Asylverfahren, so dass ihr Status noch nicht sicher ist. Hier sind also die Wohnanschriften die Gemeinschaftsunterkünfte.

Juliane Nagel (Die Linke)n stellte anschließend erst einmal fest, dass „in sieben von 10 Leipziger Stadtbezirken weniger Plätze vorhanden sind, als der Bedarf ist.“ Weiterhin seien so also 12 Kitas nicht im KIVAN-System, was unverständlich sei, angesichts des langen Bestandes mancher Einrichtung. Dass diese nun durch neue Verträge hinzukommen sollen, sicherte Fabian nochmals zu.

Die Fragerunde & Debatte am 8. März im Stadtrat. Videoquelle: Livestream Leipzig.

Steffen Wehmann (Linke) ließ nicht locker und fragte anschließend nach der Auslastung der bislang neu geschaffenen Kitas. Denn nach 12 Monaten läge die Auslastung erst bei 90 Prozent. Rechnerisch habe man sonst eigentlich kein Problem – und plötzlich ging statt um Kapazitäten um die tatsächlichen Belegungen der bereits vorhandenen Plätze – welche mangelhaft sei.

Thomas Fabian versuchte es daraufhin mit einer Erklärung: Durch Lücken könne letztlich keine 100-prozentige Belegung geben, da es nie ganz möglich sei, nahtlos bei neu hinzukommenden Kindern „einen Vertrag an den anderen anzuschließen“. Zudem würden auch die Mitarbeiter darauf achten, dass „immer eine gute Mischung in den Kitas“ vorhanden wäre.

Auch das Finden geeigneten Personals zur Kinderbetreuung vor allem in neuen Kitas verhindere, dass man die fertig gebauten Kitas binnen von 12 Monaten voll auslasten können. Hierbei sei eben auch darauf zu achten, dass man die fachgerechte Betreuung der Kinder gewährleisten könne. „Würde ich massiv darauf drängen, dass sofort alle Plätze belegt werden – komme, was da wolle -, würden sie mir umgekehrt die Frage stellen, ob ich die verschiedenen pädagogischen Belange berücksichtigen würde.“

Dissenz blieb mit dem nachbohrenden Linken-Stadtrat Steffen Wehmann am Ende, warum es dennoch 18 Monate bis zur Auslastung dauern würde. Die Zahlen bei 3 Monaten mochte der Stadtrat lieber gar nicht verlesen. Was dann wohl oder übel im Laufe der kommenden Monate zur nächsten Anfrage irgendwann im Stadtrat führen dürfte. Denn zufrieden war man bei der Linksfraktion eher nicht.

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