Für eine finanziell an der Wand stehende Stadt seien Flughafenanteile untragbar, erklärte unlängst Leipzigs Ex-Beigeordneter und heutiger CDU-Chef Detlef Schubert. Den von den Grünen beantragten Verkauf der Anteile nennt die frühere Kämmerin und heutige CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla im L-IZ-Interview "eine völlig verkürzte Sichtweise".

Leipzigs CDU-Chef und vormaliger Wirtschaftsbeigeordneter Detlef Schubert nennt die städtischen Flughafenanteile “in die Luft geblasenes und verflogenes Geld”. Die Grünen im Stadtrat drängen auf eine Reduzierung der Anteile. Sie hingegen sprechen sich gegen eine Veräußerung der Anteile aus. Warum?

Der Flughafen hat eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt und auch für die Region Leipzig. Ein moderner Wirtschaftsstandort braucht einen Flughafen und ganz besonders im Hinblick auf die hohe Anzahl der Logistikunternehmen in Leipzig und die Leipziger Messe. Für eine funktionsfähige Logistikbranche ist es zwingende Voraussetzung, dass Güter und Personen zügig transportiert werden können.

Wichtige nationale und vor allem internationale Messen können auf der Leipziger Messe nicht stattfinden, wenn nicht eine Flughafenanbindung vorhanden ist. Dies ist ein wesentliches Entscheidungskriterium, damit namhafte Unternehmen auf der Leipziger Messe ausstellen. Die Internationale Automobilausstellung (AMI) und Leipziger Buchmesse wären ohne Flughafenanbindung nicht durchführbar. Daher ist es von immenser Bedeutung, ob die Stadt Leipzig am Flughafen auch als Gesellschafter beteiligt ist und damit Einfluss ausübt.

Nun hat die Stadt Leipzig schon einmal Flughafenanteile veräußert, ohne dass dadurch die Geschäfts- und Investitionstätigkeit am Airport erkennbar Schaden nahm. Welche Gefahr würde denn aus Ihrer Sicht bei einer nochmaligen Reduzierung der Anteile drohen?

In der Amtszeit des damaligen Oberbürgermeisters Wolfgang Tiefensee wurden die Anteile am Flughafen von über 7 Prozent auf 2,1 Prozent reduziert durch Verkauf der Anteile an den Freistaat Sachsen. Der Grund für den Verkauf war, dass die Stadt Leipzig rund 30 Millionen Euro Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Landebahn Süd hätte aufbringen müssen. Insofern war der Verkauf isoliert betrachtet aus finanziellen Gründen nachvollziehbar.

Im Hinblick auf die Bedeutung des Flughafens aber das falsche Signal. Der Einfluss der Stadt Leipzig innerhalb der Gremien des Flughafens – es gibt die Mitteldeutsche Airport-Holding, an der der Freistaat Sachsen mit 67,6 Prozent, das Land Sachsen-Anhalt mit 18,5 Prozent, die Stadt Halle mit 0,2 Prozent, die Stadt Dresden mit 2,5 Prozent und die Stadt Leipzig mit 2,1 Prozent beteiligt sind – ist durch den damaligen Verkauf schon massiv geschrumpft und würde bei einem weiteren Verkauf noch mehr abnehmen.

Bereits jetzt ist der Anteil der Stadt Leipzig kleiner als der der Stadt Dresden – und das, obwohl in Leipzig der wesentlich größere Flughafen ist und nicht in Dresden.Welche Vorteile bringen denn, ganz allgemein gesprochen, die Flughafenanteile der Stadt Leipzig?

Der Flughafen ist eine Infrastruktureinrichtung, die einen erheblichen wirtschaftlichen Mehrwert für Leipzig bedeutet. Üblicherweise befinden sich Flughafenanteile immer in den Händen der öffentlichen Hand und nicht in den Händen von Privaten. Ein Flughafen ist aufgrund der kostspieligen Investitionen in der Regel ein defizitärer Betrieb – zumindest bei einem Flughafen mit einem überschaubaren Passagieraufkommen. Am Frankfurter Flughafen liegt das Aufkommen der Passagiere bei dem Zehnfachen als in Leipzig. Folglich befindet sich der Flughafen auch in einer anderen wirtschaftlichen Lage.

Durch das Halten der Flughafenanteile ist die Stadt Leipzig in den entsprechenden Aufsichtsgremien vertreten. Folglich hat die Stadt ein Informationsrecht über alle wichtigen Entscheidungen des Flughafens. Im Hinblick auf das Thema Fluglärm und die bestehende Lärmbelastung der Leipziger Anwohner sollte die Stadt ihr Informationsrecht und ihre Einflussmöglichkeit nutzen.

Was würde aus diesen Rechten bei einer Anteilsübertragung an den Freistaat?

All diese Rechte würde entfallen, wenn die entsprechenden Anteile verkauft würden. Auch eine symbolische Beteiligung, wie sie zum Beispiel die Stadt Halle hat, kann nicht im Interesse von Leipzig sein. Das Gewicht eines solchen Gesellschafters kann nicht das gleiche sein, wie das eines Gesellschafters, der sich finanziell beteiligt.

Wir haben in Leipzig immer wieder die Debatte, ob Leipzig eventuell gegenüber Dresden zum Beispiel in Sachen Fördermitteln oder anderen öffentlichen Einrichtungen beziehungsweise Behörden gegenüber Dresden benachteiligt wird. Hier stellt sich die Frage, was es für einen Eindruck auf die Landesregierung macht, wenn wir einerseits von der Landesregierung erwarten, dass sie den Flughafen entsprechend finanziert und andererseits die Stadt Leipzig nicht selbst bereit ist, etwas für den Flughafen zu tun. Mit einer solchen Haltung begibt sich Leipzig zwangsläufig in die schwächere Position zum Nachteil der Bürger.

Wer Anteile am Flughafen hält, muss bei Kapitalerhöhungen und Investitionen eigenes Geld beisteuern. Geld, das die finanziell klamme Stadt Leipzig nicht an anderer Stelle ausgeben kann. Wie rechtfertigen Sie die städtischen Investitionsmittel für den Flughafen gegenüber dem sattsam bekannten Investitionsstau bei Schulen, Kitas, Kultur und Straßen?

Nur durch Wirtschaftswachstum wird die Stadt Leipzig ausreichend Einnahmen haben, um die notwendigen kommunalen Investitionen zu tätigen. Gute wirtschaftliche Entwicklung des Flughafens und gute wirtschaftliche Entwicklungen in der Stadt Leipzig bedingen einander. Ich halte es für eine völlig verkürzte Sichtweise, sich heute wegen einiger weniger Millionen Euro vom Flughafen Leipzig zu verabschieden und das Geld womöglich noch durch konsumtive Ausgaben zu verfrühstücken.

In der Diskussion um städtische Beteiligungen wird gern das Argument bemüht, Leipzig müsse sich auf den Kern der öffentlichen Daseinsvorsorge beschränken. Inwiefern zählen denn Flughafenanteile zu diesem Kern?

Wie bereits erwähnt handelt es sich bei den Flughafenanteilen um eine Infrastruktureinrichtung. Ohne gute Infrastruktur wird es auch keine gute Daseinsvorsorge geben.

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