So geht es wirklich nicht. Der Freistaat Sachsen rechnet sich arm, baut sich milliardenschwere Finanzpolster auf - und schaut fast desinteressiert zu, wie den sächsischen Kommunen die Luft ausgeht. Nicht nur Großstädte wie Leipzig leiden unter den seit 2011 geschrumpften Mittelzuweisungen. Auch die Landkreise sind von einer immer schmerzlicher spürbaren Unterfinanzierung betroffen. Die sich noch verschärft durch das Absacken der EU-Strukturförderung für Westsachsen ab 2014.

Lange befürchtet, nur ein wenig abgefedert durch eine Sonderregelung mit Sonderzahlung, die die Region nicht gänzlich ungebremst aus der EU-Förderung fallen lässt.

Zum 7. Wirtschaftstag der Landkreise Leipzig und Altenburger Land in der Stadthalle Markranstädt am Donnerstag, 21. März, überreichte nun die 1. Beigeordnete der Stadt Markranstädt, Beate Lehmann, dem sächsischen Staatsminister Sven Morlok eine Petition der Region Leipzig zur EU-Strukturfondsförderung 2014 bis 2020 mit der Bitte, diese dem Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich zu überreichen.

Die Petition wurde gemeinsam von den Kommunen Delitzsch, Eilenburg, Grimma, Markkleeberg, Markranstädt, Wurzen und Zwenkau unterzeichnet.

Darin heißt es: “Leider ist es jedoch nicht gelungen, das befürchtete Ungleichgewicht zwischen den sächsischen Regionen Chemnitz und Dresden auf der einen Seite sowie Leipzig auf der anderen Seite vollumfänglich zu verhindern. Zwar ist die für die Region Leipzig ausgehandelte Sonderzahlung von 200 Mio. Euro sehr erfreulich, gemessen an der Mittelausstattung der Regionen Chemnitz und Dresden mit ca. je 800 Mio. Euro fallen die insgesamt zu erwartenden etwa 340 Mio. Euro für die Region Leipzig recht bescheiden aus, zumal hier die für die EU 2020-Strategie relevanten Kriterien Industriebeschäftigung, Forschung und Entwicklung, Arbeitslosigkeit, Einkommen und Schulabbrecheranteil sich negativ darstellen.”In Teilen sind die westsächsischen Strukturprobleme freilich auch Ergebnis einer unausgewogenen innersächsischen Strukturförderung. Beim Schulhausbau hat eine Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag das Thema ziemlich deutlich ans Tageslicht gebracht. Wirklich transparent waren die Dresdner Investitionsentscheidungen in den letzten Jahren nicht – viele westsächsische Förderanträge wurden immer wieder mit der Begründung abgelehnt, die Fördertöpfe seien ausgereizt.

Normalerweise steuert eine Landesregierung dann gegen, versucht alle Landesteile mit gleicher Gewichtung zu fördern. Aber das Gefühl, dass es so ist, hat man nun so langsam auch in den westsächsischen Landkreisen nicht mehr.

“Zur Sicherstellung der in der Verfassung des Freistaates Sachsen garantierten ausgewogenen Entwicklung aller Landesteile erwarten wir von der sächsischen Staatsregierung dafür Sorge zu tragen, dass die Schlechterstellung der Region Leipzig, die bekanntlich nur aufgrund einer marginalen Abweichung beim BIP/Einwohner zustande gekommen ist, durch sinnvolle Maßnahmen kompensiert wird”, heißt es in der Petition.

Und die Abweichung kam auch nur zustande, weil die letzte große Gebietsreform den Direktionsbezirk Leipzig noch weiter beschnitt, so dass der Großstadtfaktor dafür sorgte, dass der Fördergrenzwert überschritten wurde. Während die Direktionsbezirke Dresden und Chemnitz scheinbar schlechter da standen, weil bei ihnen noch große Teile der strukturell schlechter aufgestellten Lausitz bzw. des Erzgebirges in die Rechnung fielen.

Die Kommunen, die sich für die Petition zusammen getan haben, befürchten nun auch direkte wirtschaftliche Einbußen. Sie wünschen sich die Zusicherung, dass “die Region Leipzig im Rahmen der Umsetzung der Regionalleitlinien zum EU-Beihilferecht als nicht vor-definiertes c-Fördergebiet angemeldet wird, um eine weitere Verschärfung des Fördergefälles auszuschließen, zumal die Wirtschaftsförderer der Kommunen der Region bereits seit 2011 die Erfahrung machen, dass sich Investoren aufgrund des geltenden Phasing out-Status und dem dadurch hervorgerufenen Fördergefälle kaum noch vor Ort ansiedeln und stattdessen Regionen mit besseren Förderkonditionen als Standort wählen.”

In Markranstädt ist man mittlerweile sogar sehr besorgt. Denn gerade war bekannt geworden, dass die F.S. Fehrer Automotive GmbH zum Jahresende ihren Standort in Markranstädt aufgeben will. In dem seit Anfang der 1990er Jahre ansässigen Unternehmen werden zur Zeit rund 170 Mitarbeiter beschäftigt. Der Betrieb ist für Markranstädt sehr wichtig. Und der geplante Weggang zeigt zumindest, wie labil die Wirtschaftsstruktur in Westsachsen nach wie vor ist.

Die Petition als PDF zum download.

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