Wer auf Braunkohle lebt, lebt auf unsicherem Boden. Erst recht seit der unausgegorenen Energiewende. Das planlose und überhastete Abschalten der AKWs hat der fossilen Braunkohle zu einem neuen Boom verholfen. Das bekommen seit geraumer Weile auch die Bewohner von Pödelwitz zu spüren, wo sich sieben Familien standhaft den Abbaggerungsplänen der Mibrag widersetzen und sich dabei auf der Seite des Rechtes sehen. In einem Gespräch mit der L-IZ erklären sie warum.

Jens Hausner, einer der Initiatoren von “Pro-Pödelwitz” ist ein “Zugezogener”. Aber die Familie seiner Frau blickt auf eine über 300-jährige Geschichte im 700 Jahre alten Pödelwitz zurück. “Wahrscheinlich die älteste Familie hier im Dorf”, mein Hausner nachdenklich.

300 Jahre, das ist gelebte Geschichte. Geschichte, die man nicht so einfach hinter sich lässt und die man sich nicht wegbaggern lassen will. Das unterstreicht Jens Hausner mit Nachdruck und lässt sich auch nicht davon beirren, dass in Groitzsch so was wie ein “Neu-Pödelwitz” entsteht: “Man kann ja als Privatperson einen Vertrag mit der Mibrag abschließen, individuell. Das steht ja jedem frei. Wer da bis jetzt unterschrieben und das notariell unter die Haube gebracht hat, das ist in Ordnung. Sollen sie das so machen. Das ist ja nicht unser Problem. Ob die Mibrag die Grundstücke kauft, ob sie neu baut, das interessiert uns wenig. Für uns ist alleine Fakt, dass wir nicht weg wollen. Es gibt dafür keine rechtliche Grundlage und wir müssen darüber mit niemandem verhandeln. Anders als es in den Medien bisher dargestellt wird.

Auch die Aussage, dass dieses Dorf im Jahr 2028 abgebaggert wird. Mit solchen Aussagen will man die Öffentlichkeit verschaukeln.”Auch die Begründung der Mibrag hält Hausner für fadenscheinig: “Es kann nicht sein, dass im Braunkohleplan steht, dass angrenzende Ortschaften rechtzeitig mit Lärm- und Staubschutzmaßnahmen zu versehen sind. Dieses ist vom Oberbergamt zu überwachen. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, sind sie zu erweitern. Es kann doch nicht sein, dass die beste Lärm- und Staubschutzmaßnahme eine Umsiedlung ist beziehungsweise eine Enteignung derjenigen, die nicht umsiedlungswillig sind. Warum sollen wir für etwas gerade stehen, was von der Mibrag nicht eingehalten wird? Dafür sind nicht wir, sondern das Oberbergamt zuständig. Und das wiederum ist dem Wirtschaftsministerium unterstellt. Hier muss der Bürger dafür gerade stehen, dass Lärm- und Staubschutzmaßnahmen nicht so eingehalten werden, wie es im Braunkohleplan vorgeschrieben ist. Außerdem wurde Pödelwitz mit dem Heuersdorfgesetz zum Schutzgut erklärt. Hier wird also gegen alle rechtlichen Grundlagen verstoßen. Das ist eigentlich eine riesengroße Schweinerei, was hier läuft.”

Unterstützung aus dem Landtag erfährt Pödelwitz lediglich von Seiten der Grünen. Auch mit mehr Öffentlichkeitsarbeit will man auf den “Fall Pödelwitz” aufmerksam machen, um die Landesregierung dazu zu bewegen, sich für den Erhalt von Pödelwitz einzusetzen. Inzwischen sind noch zwei andere Mitglieder der Bürgerinitiative zum Gespräch erschienen. Tilo Kraneis – Nachbar von Jens Hausner -, der hier im Dorf auch sein Metallbau-Unternehmen hat und der Schweißer André Kremkow sind wie Hausner fest entschlossen, nicht aus Pödelwitz zu weichen. Auch wenn sie wissen, dass die umzugswilligen Dorfbewohner schon ihre Verträge für neue Grundstücke und Häuser in der Tasche haben.

Tilo Kraneis: “Die meisten Verträge sind abgeschlossen und das grobe finanzielle Muster ist abgesteckt. Die sitzen schon in den Startlöchern.” Noch einmal betont Hausner, dass man alles dafür tun werde, dass hier die Bagger nicht beißen. “Das wird ein finanzielles Verlustgeschäft für die Mibrag. Wir werden hier nicht weggehen. Dann sitzen wir auf der Kohle, die das Unternehmen haben will. Also praktisch auf dem Gegenwert für das, was sie an die anderen gezahlt haben. Das heißt, die machen eine Umsiedlung, obwohl sie nicht wissen, ob sich das refinanziert.”

Demnächst in der L-IZ: Der Fall Pödelwitz: “Irgendwann wirds hier richtig attraktiv – solange müssen wir durchhalten” – Wie Geld eine Dorfgemeinschaft spaltet (4)

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar