Die alte autoverliebte Regierung in Sachsen wurde zwar im Herbst durch eine nicht ganz so autoverliebte ersetzt. Aber in den für Straßen verantwortlichen Behörden wird weiterhin geplant, als wolle man die Städte mit Autos fluten. Nach sieben Jahren hat die Stadt Leipzig nun wieder das Thema B 181 auf dem Tisch. Und Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau wundert sich nur über die Begriffsstutzigkeit des Landesamts für Straßenbau und Verkehr.

Denn Leipzig hat sich schon 2008 deutlich verwahrt gegen einen vierstreifigen Ausbau der B 181 bis ins Leipziger Stadtgebiet. Die B 181 verbindet Leipzig im Verlauf der Merseburger Straße mit der A 9 und dem Vergnügungs-, sorry: Einkaufspark Nova Eventis. Auch zu diesem gigantischen Einkaufspark gleich hinter der sachsen-anhaltinischen Grenze hat Leipzig in letzter Zeit mehrere Stellungnahmen geschrieben und sich gegen eine nochmalige Erweiterung des Shopping-Parks ausgesprochen. Denn der steht nun einmal in direkter Konkurrenz zur Leipziger City und deren Einkaufsangeboten. Und jede Flächenerweiterung im Nova Eventis sorgt dafür, dass im Leipziger Westen neue Verkehrsströme indiziert werden.

Und das bedeutet vor allem für die B 181 eine höhere Belastung.

Von der Autobahn bis zur Kreuzung der B 181 mit der B 186 hat das Land die B 181 schon vierstreifig ausgebaut. An der dortigen Kreuzung stauen sich immer wieder die Autopulks. Nicht alle wollen weiter geradeaus nach Leipzig, denn die Kreuzung ist auch Verteiler nach Süden Richtung Markranstädt und Norden zur B 6.

So weit gehen wir noch mit, formulierte die Stadt Leipzig damals ihre Position. Aber nicht weiter.

Und das betont das Baudezernat jetzt noch einmal in seinem Scheiben an die Landesdirektion Sachsen.

“Bereits im Dezember 2008 hatte das Straßenbauamt Leipzig (jetzt: Landesamt für Straßenbau und Verkehr, Niederlassung Leipzig) bei der Landesdirektion Leipzig (jetzt: Landesdirektion Sachsen) die Planfeststellung zum Vorhaben B 181, Ausbau westlich von Leipzig beantragt. Dieser beinhaltete den vierstreifigen Ausbau der B 181 zwischen der Bundesautobahn A 9 und dem westlichen Ortseingang (Ortsdurchfahrtsgrenze) von Leipzig im Ortsteil Rückmarsdorf. Mit Schreiben vom 11.02.2009 hatte die Stadt Leipzig als Träger öffentlicher Belange eine Stellungnahme zur Planfeststellung abgegeben und dabei grundsätzlich dem vierstreifigen Ausbau der B 181 zwischen der A 9/ Autobahnanschlussstelle Leipzig–West einschließlich des Knotenpunktes mit der B 186 (Markranstädt – Schkeuditz) zugestimmt, jedoch den vierstreifigen Neubau der B 181 zwischen dem Knoten mit der B 186 und der Stadtgrenze von Leipzig abgelehnt. Die Hauptgründe für die Ablehnung bestanden in der, durch den vierstreifigen Neubau der B 181 erzeugten, hohen prognostizierten Verkehrsbelegung, die im Stadtgebiet von Leipzig mit der bestehenden B 181 nicht bewältigt werden kann und den massiven Auswirkungen auf Natur und Landschaft sowie die umfangreichen Eingriffe in städtische Grundstücke.”

Denn die Merseburger Straße ist nun einmal nur zweistreifig, stößt in Lindenau dann auch noch auf die eh schon hoch belastete Lützner Straße.

Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr hat seine Ausbaupläne zwar ein bisschen angepasst. Aber man spürt die leise mitschwingende Verärgerung aus dem Leipziger Baudezernat, dass ein zweistreifiger Neubau von der B 186 bis zur Stadtgrenze nicht mal untersucht worden ist.

Ist das Ignoranz? Oder will das Landesamt einfach seine Macht demonstrieren?

Die neue Vorlage nennt sich 1. Textur: “Die 1. Textur beinhaltet als wesentliche Änderung, dass der geplante vierstreifige Ausbau der B 181 bereits am Knoten B 181/K 7961 (Rückmarsdorfer Straße nach Lindennaundorf/Miltitz) endet und nur 1 Fahrstreifen in Richtung Leipzig weitergeführt wird. Die an dem Knoten geplante Lichtsignalanlage soll eine Pförtnerfunktion erhalten, um die nach Leipzig fließende Verkehrsmenge zu steuern bzw. zu begrenzen. Der von der Stadt Leipzig bereits in der Stellungnahme von 2009 vorgeschlagene vierstreifige Ausbau der B 181 zwischen A 9 und B 186 in Kombination mit einer zweistreifigen Neubautrasse in Richtung Leipzig wurde vom Vorhabenträger nicht untersucht. Aus diesem Grund bestehen von der Stadt Leipzig erhebliche Bedenken, dass sich der bisher in den Spitzenzeiten zu beobachtende Stau vor dem Knoten B 181/B 186 an den Knoten B 181/K7961 und damit näher an die Stadtgrenze Leipzig verlagert.”

Was auch damit zu tun hat, dass die Verkehrsprognosen für eine vierstreifig ausgebaute Trasse eine Erhöhung der Fahrzeugzahlen bedeutet. Von 21.000 würde sich die tägliche Kfz-Zahl nach den Berechnungen der Leipziger Verkehrsplaner auf 23.000 erhöhen. Und das ganze Blech würde sich am neu geplanten Ende der vierstreifigen B 181 an der Ampel stauen – statt bei Dölzig wären die Staus dann bei Rückmarsdorf. Dahinter geht es rein technisch nur zweistreifig weiter nach Leipzig rein. Logische Folge, da die Merseburger Straße ja nicht aufnahmefähiger wird: Die Verkehrsbelastung in Rückmarsdorf würde steigen.

Selten war ein Straßenneubauprojekt um Leipzig derart unsinnig.

Und für die Stadt kommt noch erschwerend hinzu, dass der vierstreifige Straßenausbau auch noch wertvolle Naturschutz- und Ackerflächen fressen würde. Ein sinnloser Flächenverlust, der keine Angebotsverbesserung bedeuten würde, nur mehr Stau am Stadteingang. Und mögliche Kompensationsflächen für diesen Bodenverlust sind nicht mal in Sicht.

Einziger echter Fortschritt wäre die Anlage eines Radweges auf der Nordseite der B 181. Damit könnte man endlich auch mit dem Rad Richtung Günthersdorf fahren.

Und man ist bei der kritischen Sicht auf das Neubauvorhaben fast auf einer Wellenlänge mit dem Ökolöwen, der die kritische Haltung des Dezernates für Stadtentwicklung und Bau der Stadt Leipzig in Bezug auf dieses Bauvorhaben begrüßt.

„Die vierspurige B 181 ist eines der letzten Planungsrelikte aus den 1990er Jahren und ist schlichtweg die Verschwendung von Steuermitteln“, sagt Matthias Uhlig vom Ökolöwen. Die hohen Baukosten für den vierspurigen Neu- und Ausbau der B 181 von mindestens 11 Millionen Euro stünden in keinem Verhältnis zum erwartbaren Nutzen für die Förderung des Kfz-Verkehrs.

Die Prognose für die Kfz-Verkehrsbelegung östlich der B186 im Jahr 2020 wird mit 18.500 bis 20.500 Kfz/24h angegeben. Diese Kfz-Verkehrsmenge aber kann problemlos auch weiterhin im zweistreifigen Bestand abgewickelt werden.

„Wie schnell man auf der B181 vorankommt, ist abhängig von den ampelgesteuerten Knotenpunkten und nicht von einer Zwei- oder Vierstreifigkeit auf freier Strecke“, erläutert Uhlig.

Aus verkehrlicher Sicht besteht für die Strecke zwischen Leipzig in Richtung der Autobahn 9 auch aus Sicht des Ökolöwen vor allen Dingen in Bezug auf die Förderung des Radverkehrs sowie des öffentlichen Nah- und Regionalverkehrs dringenderer Nachholbedarf. Es gibt aktuell noch überhaupt keine Radverkehrsverbindung entlang der B 181. Eine schienengebundene Verbindung in Richtung Merseburg wurde eingestellt. Derzeit fährt nur ein Bus, und das lediglich im Stundentakt.

„Knappe Steuermittel sollten zukünftig dafür eingesetzt werden, die Ungleichbehandlung der umweltfreundlichen Verkehrsträger gegenüber der üppigen Förderung des Kfz-Verkehrs abzubauen“, sagt Uhlig.

Das Bauvorhaben widerspreche außerdem dem Luftreinhalteplan der Stadt Leipzig.

Die gefahrenen Geschwindigkeiten auf dem Neubauabschnitt werden steigen. Die Durchlässigkeit für den Kfz-Verkehr wird durch das Bauvorhaben auf jeden Fall bis Rückmarsdorf erhöht. Dadurch wird neuer Kfz-Verkehr induziert. Die negativen Auswirkungen werden in Richtung Rückmarsdorf und weiter in das Stadtgebiet Leipzigs verlagert, wo sich der Straßenquerschnitt wieder einengt, beschreibt auch der Ökolöwe das Dilemma. Die Straße wirkt dann wie ein Trichter, auf dem der Kfz-Verkehr sich in die Merseburger Straße hineindrückt. Und da wird der Verkehr zur Luftbelastung: Die B 181 im Stadtgebiet Leipzig sowie die weiterführende Lützner Straße weisen schon seit Jahren erhöhte Feinstaub- und Stickoxidwerte auf.

Und so weist der Ökolöwe auch auf dieses Thema hin, das scheinbar an ganz anderer Stelle der Ereigniskette erst sichtbar wird. Aber wie würden eigentlich die Feinstaubmesswerte in der Merseburger Straße aussehen? – Auch aufgrund der sogar nach der Kompletterneuerung der Lützner Straße wieder auftretende Grenzwertüberschreitung läuft derzeit ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen die Bundesrepublik Deutschland.

Eigentlich ist eine Stadt wie Leipzig verpflichtet dazu, alles zu tun, die Feinstaubbelastung zu verringern – nicht zu erhöhen, wie es das Landesamt für Straßenbau und Verkehr jetzt vorhat.

Die Stadt Leipzig muss künftig weitere Anstrengungen unternehmen, um die Kfz-Verkehrsmenge auf der B181 und der weiterführenden Lützner Straße zu senken und auf niedrigerem Niveau zu stabilisieren, fasst es der Ökolöwe zusammen. Mit einem vierspurigen Neu- und Ausbau der B181 werden die Anstrengungen der Stadt Leipzig konterkariert.

„Mit einem vierstreifigen Neu- und Ausbau der B 181 würde die heute problematisierte Situation für den Kfz-Verkehr zwischen Leipzig und Autobahn 9 nicht beseitigt sondern lediglich mit hohem Kostenaufwand nur in Richtung des Leipziger Stadtgebiets verschoben“, zieht Uhlig dieselbe Bilanz, die auch die Stadtverwaltung gezogen hat, auch wenn die Stellungnahme der Stadt noch sehr brav klingt.

Die Stellungnahme der Stadt Leipzig zum geplanten Ausbau der B 181

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Keine Kommentare bisher

“Von der Autobahn bis zur Kreuzung der B181 mit der B186 hat das Land die B181 schon vierstreifig ausgebaut.”

Nö. Schön wär´s… Das würde Sinn machen und der Platz dafür ist auch da…

“Damit könnte man endlich auch mit dem Rad Richtung Günthersdorf fahren.”

Man kann mit dem Fahrrad sogar bis Merseburg fahren. Schon mehrfach selbst gemacht. Man fährt halt auf der Straße, aber da gehören Fahrräder als Fahrzeuge ja auch hin!

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