Die offiziellen Zahlen aus dem Statistischen Landesamt fehlen zwar noch. Aber ein Trend, über den Ruth Schmidt im Leipziger Quartalsbericht III/2015 schrieb, verfestigt sich auch 2015: "Leipzig wächst - sein Umland wächst mit", hatte es Ruth Schmidt auf den Punkt gebracht. Oder jetzt mit griffiger Formal aus Borna: "Bevölkerungswachstum wird zum Trend".

Denn Borna gehört zu jenen Städten im Leipziger Umfeld, die direkt teilhaben an der doppelten Aufwärtsentwicklung in Leipzig – bei Bevölkerung und Arbeitsplätzen. Ruth Schmidt hatte sich in ihrer Untersuchung vor allem auf die direkt an Leipzig angrenzenden Gemeinden beschränkt, die im sogenannten “Speckgürtel”. Sie profitieren direkt vom Leipziger Wachstum. Denn wer in der großen Stadt keine passende Wohnung (möglichst “im Grünen”) mehr findet, der sucht direkt im angrenzenden Vorfeld, was zuerst Städte wie Markkleeberg am Wachstum teilhaben ließ, mittlerweile aber auch Orten wie Markranstädt, Brandis und Zwenkau ein stabiles Wachstum verschafft. Der Landkreis Leipzig profitiert dabei deutlich stärker als der Landkreis Nordsachsen, was sicher auch mit der Attraktion des Leipziger Neuseenlandes zu tun hat.

Auch im Leipziger Norden sind es vor allem Städte, die direkt an Leipzig angrenzen, die vom Wachstum profitieren: Schkeuditz und Taucha vor allem, auch wenn die Suche nach Wohnmöglichkeiten im “Grünen” jetzt auch Krostitz, Jesewitz und Schönwölkau erfasst hat.

Aber die Meldung aus Borna macht auch noch auf einen anderen Effekt aufmerksam, denn es gibt auch Kommunen, die nicht direkt im “Speckgürtel” liegen, die sich aber eine gute Position im nahen Umfeld erarbeitet haben – auch mit guten Straßen- und S-Bahn-Anbindungen an den Arbeitgeber Großstadt. Dazu gehört Borna.

Auch dort hat man zum Jahresbeginn ins Melderegister geschaut. Das Ergebnis: “Zum Stichtag 31. Dezember 2015 lebten in Borna und Ortsteilen insgesamt 20.030 Einwohner – dies sind 316 mehr als zum Ende des Vorjahres. Der sogenannte Wanderungssaldo spricht eine noch deutlichere Sprache. Dem leichten Plus des Jahres 2013 von 11 standen bereits 2014 in Summe 314 mehr Zu- als Wegzüge entgegen. Im Jahr 2015 konnte die Stadt diesen Trend weiter stabilisieren, so weist die Wanderungsstatistik der Pass- und Meldestelle einen Saldo von 528 aus. Das heißt insgesamt zogen 528 Menschen mehr nach Borna als von hier weg.”

So die Stadt Borna zu einem Zuwachs, der aus Leipziger Perspektive winzig wirkt, aber wichtig ist. Denn es sind solche Knotenpunkte wie Borna, die dafür sorgen, dass eine von permanenter Abwanderung geprägte Region wieder stabile Netzstrukturen entwickelt – noch nicht flächendeckend, sondern eben in solchen Kleinstädten, die noch genügend dichte Infrastrukturen aufweisen, um ein Familienleben möglich zu machen, und die gleichzeitig – wie auch Borna – mit S-Bahn an Leipzig angebunden sind.

Die am stärksten gewachsene Bevölkerungsgruppe in Borna sind, wie auch schon 2014, Kinder zwischen null und zehn Jahren.

“Die familienfreundliche Stadt Borna profitiert heute von den Entwicklungen, die wir Ende der 2000er Jahre angeschoben haben. Ein kinder-, familien- und seniorenfreundliches Klima in der Kernstadt und den Ortsteilen unterstreicht die Attraktivität Bornas für Menschen jeden Alters. Besonders die stetig wachsende Zahl der Kinder führt uns vor Augen, wie viel wir schon geschafft haben und woran wir weiter beharrlich arbeiten müssen – eine hervorragende soziale Infrastruktur bildet eine solide Basis für zukünftige Generationen“, kommentiert Oberbürgermeisterin Simone Luedtke die positive Entwicklung.

Auch die Zahl der Geburten in der Stadt ist wieder leicht angestiegen. So hat sich die Anzahl der Neugeborenen gegenüber dem Jahr 2013 um fast ein Viertel von 118 auf 144 gesteigert. Die Zahl der Todesfälle ist mit 351 im Vergleich zu den Vorjahren weitgehend stabil.”

Wie man sieht, könnte auch Borna sich aus eigener Kraft nicht erhalten, die Zahl der Geburten liegt noch deutlich unter der der Todesfälle. Um das zu ändern, müsste sich in Deutschland eine völlig andere Haltung zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie entwickeln, die jungen Familiengründern auch wieder das Vertrauen gäbe, dass drei und mehr Kinder nicht zum echten Haushaltsrisiko werden. Aber so lange das nicht so ist, werden auch die sächsischen Landkreise auf Zuwanderung angewiesen sein, um ihre Bevölkerungszahl zu stabilisieren. Und diese Zuwanderung findet eben nicht in der Fläche statt, sondern in Netzwerk-Strukturen.

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