Wenn man Konflikte nicht wirklich lösen will, dann tanzt man um den heißen Brei herum und versucht irgendwelche Lösungen zu finden, die niemandem nützen, keinem wehtun und eigentlich auch nichts verändern. Auch das Dialogforum Flughafen Leipzig/Halle greift ja nach jedem Strohhalm, um irgendwie die betonierte Haltung der Flughafen-Betreiber aufzulösen, was vor allem den nächtlichen Fluglärm betrifft.

Auf der jüngsten Sitzung des Dialogforums Flughafen am Montag, 28. November, hatte man sich ein Projekt eingeladen, das nach jahrelangen zähen Kämpfen am Flughafen Frankfurt eingeführt wurde.

Wäre so eine Erprobung von Lärmpausen auch in Leipzig ein Thema?

Da musste eine, die das Thema bestens kennt, die Leipziger leider enttäuschen.

„Die Frankfurter Lösung der Lärmpausen ist keine Blaupause für andere Standorte“, konstatiert Regine Barth, Leiterin der Stabsstelle Fluglärmschutz vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung. „Es ist ein maßgeschneidertes Konzept und ich weiß nicht, ob eine Implementierung in Leipzig möglich wäre.“ Die Durchführung einer Lärmbewertung und die Gewinnung relevanter Akteure wären vielmehr erst die Voraussetzung dafür, in einen Diskussionsprozess zu starten.

Die Lärmpausen wurden am Frankfurter Flughafen erprobt, um für die Flughafenanwohner längere Ruhezeiten zu schaffen. Nachdem der Probebetrieb im April 2015 startete, wurden die Lärmpausen im März 2016 in den Regelbetrieb übernommen.

Regine Barth: „Die Lärmpausen beschränken die Nutzung einzelner Start- und Landebahnen in den Randstunden des Flugverbots am frühen Morgen zwischen 5 und 6 Uhr und am späten Abend zwischen 22 und 23 Uhr. Durch Bündelung der Ab- und Anflüge wird eine Verringerung der Lärmbelastung erreicht. Die Messwerte belegen, dass insgesamt eine deutliche Reduzierung der Lärmbelastung in diesen Stunden stattfindet.“

Auch wenn die subjektive Belastung unterschiedlich wahrgenommen wird, sprach sich in Frankfurt doch gut ein Anteil von 70 Prozent der repräsentativ Befragten dafür aus, die Lärmpausen beizubehalten.

Und dann nahm man in der Runde noch einen Absacker und genoss die jüngste Beschwichtigung der Landesdirektion Sachsen zum Lärmschutzgebiet.

Die hat die neueste „Überprüfung“ am 4. Oktober veröffentlicht. Das Problem ist: Sie arbeitet nur mit Daten, die sie vom Flughafen selbst bekommt und die sich nur auf das klar abgegrenzte Lärmschutzgebiet beziehen. Da ist natürlich alles wie erwartbar. Oder im Text: „Ziel dieser kontinuierlichen Überprüfung ist es, zu ermitteln, ob sich im Vergleich zwischen der im Rahmen der Planfeststellung prognostizierten und der tatsächlichen Fluglärmbelastung Differenzen ergeben. Ergebnis der diesjährigen Überprüfung ist, dass es gegenwärtig keiner weiteren Regelungen zum Schutz vor nächtlichem Fluglärm durch die Landesdirektion bedarf. In die Überprüfung sind das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr als oberste Luftfahrt- und Genehmigungsbehörde im Freistaat Sachsen sowie das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie als technische Fachbehörde einbezogen worden.“

Die Überprüfung der Nachtfluglärmbelastung am Flughafen Leipzig/Halle beruht auf den Bestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses vom 4. November 2004 zum Ausbau des Flughafens. Ziel ist zwar, irgendwie festzustellen, ob Änderungen im Nachtschutzgebiet oder sonstige Anordnungen zum Lärmschutz erforderlich sind. Aber alles, was abseits des Planfeststellungsbeschlusses nachher eingeführt wurde, wird gar nicht überprüft.

Das von Dieter Paul (Landesdirektion Sachsen) vorgestellte Ergebnis der diesjährigen Überprüfung der Nachtfluglärmbelastung von 2015 zeige, so teilt das Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport mit, dass gegenwärtig kein Handlungsbedarf festzustellen sei. Warum also all diese verärgerten Anwohner?

Diskutiert wurde dann im Dialogforum auch wiederholt die Bahnverteilung. Eine Gleichverteilung der nächtlichen Flüge zwischen Nord- und Südbahn stellt insbesondere für die im Dialogforum beteiligten Bürgerinitiativen eine wesentliche Möglichkeit dar, den Fluglärm für die vor allem an der Südbahn wohnenden Menschen zu reduzieren. Das Thema soll nun 2017 weiter intensiv im Dialogforum diskutiert werden.

Die Runde endete also, wie man sieht, ebenfalls in einvernehmlicher Ratlosigkeit.

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