Es geht weiter im Neuseenland. Auch der Rest der großen Projekte, die den Gewässerverbund im Leipziger Süden herstellen sollen, kann nun noch gebaut werden. Auch wenn die Unterschriften unterm neuen Verwaltungsabkommen noch fehlen. Die Zusagen stehen. Der Harthkanal kann fertig gebaut werden. Die Wasserverbindung von der Pleiße zum Markkleeberger See scheint möglich.

Dass das Bangen im Leipziger Seenland wieder einmal so groß war, hing damit zusammen, dass niemand so recht wusste, ob es nach Auslaufen des aktuellen Verwaltungsabkommens zur Bergbaufolgelandschaft ab 2018 eine Fortsetzung geben würde. Immerhin hat die Sanierung der in DDR-Zeiten ausgehöhlten Tagebaue bis jetzt schon eine Stange Geld gekostet.

Die Braunkohlesanierung in den neuen Ländern wird seit 1992 auf der Grundlage eines Verwaltungsabkommens zwischen Bund und Ländern betrieben. Dafür wurden bis 2016 über 10 Milliarden Euro aufgewendet. Oberstes Entscheidungsgremium ist der durch die Vertragspartner besetzte Steuerungs- und Budgetausschuss (StuBA); auf der regionalen Ebene sind die Sanierungsbeiräte zuständig. Die Projektträgerschaft liegt im Regelfall bei der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) mbH als Sanierungsträger.

Nachdem die Verwaltungsabkommen bislang die Finanzierung für die Zeiträume 1992-1997 (Verwaltungsabkommen Altlastenfinanzierung) sowie 1998-2002, 2003-2007, 2008-2012 und 2013-2017 (ergänzende Verwaltungsabkommen über die Finanzierung der Braunkohlesanierung) regelten, war nunmehr der Finanzrahmen für den Zeitraum 2018-2022 zwischen Bund und Ländern zu regeln.

Was die Akteure im Leipziger Neuseenland nicht ganz kalt ließ. Sie zogen alle Register, um noch ein letztes Mal Geld für die Projekte im Leipziger Südraum zu gewinnen

Die Region Leipzig-Westsachsen und die Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland wurden hierzu im ersten Halbjahr 2016 aktiv. Sie luden zur Seen-Tour ein, machten Termine, um den Entscheidern den aus ihrer Sicht noch anstehenden Handlungsbedarf aufzuzeigen. Dazu dienten insbesondere die Informationsfahrt vom 18. April 2016 mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Sächsischen Landtages, Kommunen, Behörden, Verbänden und Sanierungsträgern sowie die „Leipziger Erklärung“ des Regionalen Planungsverbandes Leipzig-Westsachsen vom 24. Juni 2016.

Nachdem sich der Verhandlungsauftakt zwischen den Beteiligten zunächst schwierig gestaltete, konnten die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zwischenzeitlich mit Ergebnissen abgeschlossen werden, mit denen man auch in der Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland recht glücklich ist.

Insgesamt stehen für die neuen Länder zwischen 2018 und 2022 noch einmal 1,230 Milliarden Euro zur Verfügung. Dies entspricht exakt der Mittelausstattung für den Zeitraum 2013 bis 2017. Davon entfallen 910 Millionen Euro auf die Grundsanierung im Rahmen der Rechtsverpflichtungen der LMBV mbH. Das sind sogenannte § 2-Maßnahmen. Hier teilen sich Bund und Länder im Verhältnis 75:25 in die Finanzierung, ergänzt durch Eigenmittel der LMBV mbH. Weitere 320 Millionen Euro fließen in Maßnahmen zur Abwehr von Gefährdungen im Zusammenhang mit dem Grundwasser-Wiederanstieg und für sonstige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Braunkohlesanierung ohne Anerkennung einer Rechtsverpflichtung (§ 3-Maßnahmen). Hier teilen sich Bund und Länder 50:50 in die Kosten.

Damit hat die Steuerungsgruppe eher nichts zu tun. Das ist im Wesentlichen Arbeitsfeld des Sanierers LMBV.

Für die Entwicklung des touristisch angelegten Seenkonzeptes sind die § 4-Mittel entscheidend. Da geht es um Maßnahmen zur Erhöhung des Folgenutzungsstandards und zur Gefahrenabwehr im Bereich des Braunkohlealtbergbaus über die Verpflichtungen der LMBV mbH hinaus. Diese Mittel werden durch den Freistaat Sachsen zur Verfügung gestellt.

Seit 1998 wurden hierfür in Sachsen 226 Millionen Euro bereitgestellt. Gemäß dem Kabinettsbeschluss der Staatsregierung vom 31. Januar 2017 stehen dafür im Zeitraum 2018 bis 2022 nun weitere 75 Millionen Euro zur Verfügung, in die sich die beiden Sanierungsgebiete in der Lausitz und im Leipziger Revier teilen müssen. Wer welche Gelder davon kommt, muss also noch auf Grundlage der Anträge entschieden werden.

„Wir kämpfen jedenfalls um 50 plus X“, sagt Prof. Andreas Berkner, Leiter der Regionalen Planungsstelle.

Hinzu kommen noch Mittel aus dem Jahr 2017 einschließlich erfolgter Aufstockungen sowie Ausgabenreste. Damit sei jetzt sichergestellt, dass auch noch die letzten Großprojekte im Leipziger Neuseenland gebaut werden könnten.

Die Finanzausstattung ermöglicht die Fertigstellung des Harthkanals als derzeit anspruchsvollste Einzelmaßnahme. 10 Millionen Euro flossen hier schon in die Baugrundverdichtung. Weitere 10 Millionen sollen in den Kanalbau selbst fließen. Zu 58 Prozent ist hier übrigens der Bund beteiligt, denn der Kanal gilt nicht nur als wassertouristisches Projekt, sondern soll auch Anforderungen von Hochwasserabführung und Überschusswasserableitung erfüllen.

Eine Fertigstellung des Harthkanals sieht Berkner in den Jahren 2021/2022.

Weiter gebe es jetzt, so Berkner, die Chance, die Anbindung des Markkleeberger Sees an die Pleiße („Wasserschlange“) zu realisieren. Das klingt, als könne gleich losgebaut werden. Aber auch Berkner schätzt, dass bis zum möglichen Baubeginn „gefühlt noch fünf Jahre vergehen“. Augenblicklich sei man in der Genehmigungsphase. Daran würde sich das Planfeststellungsverfahren anschließen, in dem auch geklärt werden müsse, ob die bisherigen Verlaufsvarianten für den Kanal überhaupt genehmigungsfähig sind. Ein Thema werden auf jeden Fall die naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen. Erst vor zwei Jahren wurden ja die Ausbaggerarbeiten an der Pleiße gestoppt, weil dieses Flüsschen sich wieder zum Lebensraum der Grünen Keiljungfer entwickelt hat. Naturschutzrechtliche Belange könnten also durchaus dazu führen, dass sich die Planungen für die Bootsverbindung zwischen Pleiße und Markkleeberger See noch einmal deutlich ändern.

Andererseits sieht man in der Steuerungsgruppe den zunehmenden Nutzungsdruck auf die schon betriebsfähigen Bootskurse im Gewässerverbund – vor allem auf Kurs 1 durch den Floßgraben zum Cospudener See. Man brauche auch den Kurs 5 zum Markkleeberger See als Entlastung.

Andererseits hat man durchaus registriert, dass die Bewohner der Region sehr großen Wert auf eine Umweltverträglichkeit der wassertouristischen Projekte legen.

Und nicht nur Harthkanal und „Wasserschlange“ könnten jetzt von den § 4-Mitteln bis 2022 finanzierbar sein.

Die Kommunen wurden darüber informiert, dass auch neue Maßnahmevorschläge beim Sächsischen Oberbergamt zur Vorprüfung eingereicht werden können. Vorstellbar sei das etwa für die Stadt Leipzig, wenn sie am Nordufer des Zwenkauer Sees noch Bedarf an wichtigen Investitionen zur Inwertsetzung habe, betont Berkner. Etwa wenn man einen Rundweg baue oder noch ein Parkplatz benötigt werde.

Um aber konkret zu planen, fehlen jetzt noch ein paar Unterschriften. Die Unterzeichnung des Verwaltungsabkommens durch die Vertragspartner ist für das Frühjahr 2017 vorgesehen.

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