Die Sachsen waren 2012 krimineller als noch 2011. Die Polizei registrierte im vergangenen Jahr 312.406 Straftaten. Dies bedeutet insgesamt einen Zuwachs um 6,3 Prozent. In Leipzig stieg die Kriminalitätsrate sogar um 7,2 Prozent. Die Aufklärungsquote sank um 1,5 Punkte auf 55,4 Prozent. Es wurden dennoch mit 172.958 Straftaten 5.814 Fälle mehr aufgeklärt als 2011. Bei Gewaltdelikten konnten durchschnittlich in drei von vier Fällen die Tatverdächtigen ermittelt werden.

“In den vergangenen Jahren hatte sich die Kriminalität sowohl in den einzelnen Deliktbereich als auch regional immer wieder unterschiedlich entwickelt”, erklärte Innenminister Markus Ulbig am Dienstag in Dresden. “Dominierten noch vor Jahren landesweit die Kraftfahrzeugdiebstähle, Firmeneinbrüche oder Buntmetalldiebstähle das Kriminalitätslagebild, so sind es aktuell Fahrraddiebstähle, Kellereinbrüche, Diebstähle aus Kraftfahrzeugen oder die Rauschgiftkriminalität.”

Vergangenes Jahr kamen 131.939 Diebstähle zur Anzeige. Rund 11.000 mehr als 2011. Deutlich zugenommen haben der Fahrraddiebstahl einschließlich unbefugten Gebrauchs (+ 4.625 Fälle), Diebstahl aus Boden-, Kellerräumen und Waschküchen (+ 1.915 Fälle) sowie aus Kraftfahrzeugen (+ 1.618 Fälle). Das häufigste Delikt im Freistaat ist übrigens der Ladendiebstahl (6,9 Prozent aller Fälle).

Die Wirtschaftskriminalität ging um 1.768 Fälle auf 5.294 Straftaten zurück. Dies bedeutet einen Rückgang von 25 Prozent. Weitere Rückgänge sind im Bereich der Veruntreuung (- 10,8 Prozent), der Urkundenfälschung (- 10,6 Prozent) und der Umweltkriminalität (- 4,9 Prozent) zu verzeichnen. Zahlenmäßig konnten diese Deliktgruppen den Kriminalitätsanstieg im Bereich der Massendelikte nicht ausgleichen.

Die Rauschgiftkriminalität ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Insgesamt wurden 8.875 Straftaten registriert, 779 Fälle bzw. 9,6 Prozent mehr als 2011. Die Gesamtaufklärungsquote bei den Rauschgiftdelikten betrug 95,3 Prozent. Etwa jedes zehnte Delikt fiel im vergangenen Jahr in die Gruppe der Rohheitsdelikte. Diese nahmen um insgesamt 1.728 Fälle gegenüber 2011 zu.
Die Polizei ermittelte 104.753 Tatverdächtige. Unter ihnen befanden sich 3.774 Kinder (3,6 Prozent), 7.212 Jugendliche (6,9 Prozent), 7.489 Heranwachsende (7,1 Prozent) und 86.278 Erwachsene (82,4 Prozent). 13,7 Prozent der Tatverdächtigen besaßen keine deutsche Staatsbürgerschaft. 31,6 Prozent von ihnen verstießen ausschließlich gegen ausländerrechtliche Bestimmungen.

Im Jahr 2012 gab es im Freistaat Sachsen mit 2.191 Fällen in der politisch motivierten Kriminalität gegenüber dem Vorjahr (2.794 Fälle) insgesamt einen Rückgang um 22 Prozent. Auch im Teilbereich der politisch motivierten Gewaltdelikte war ein deutlicher Rückgang festzustellen (2011: 296 Fälle, 2012: 147 Fälle).

Die rückläufige Gesamttendenz resultiert zu einem Großteil aus dem gesunkenen Straftatenaufkommen im Phänomenbereich “PMK -links-“. Gegenüber 952 Fällen im Vorjahr registrierte die Polizei im Jahr 2012 nur noch 430 Fälle. Der Rückgang ist fast allein darauf zurückzuführen, dass im Zusammenhang mit den Demonstrationen aus Anlass des 13. Februar in Dresden weniger Straftaten registriert wurden (2011: 546, 2012: 35). Dies lag offensichtlich an einem veränderten Einsatzkonzept der Polizei, deren überzogenes Vorgehen 2011 zahlreiche Neonazi-Gegner provozierte.
Im Bereich der rechtsmotivierten Kriminalität wurden nach 1.693 Delikten im Vorjahr 2012 nur noch 1.616 Fälle verzeichnet. Die rückläufige Tendenz in diesem Phänomenbereich ist durch die geringere Anzahl von Gewaltdelikten (2011: 84 Fälle, 2012: 58 Fälle) gekennzeichnet. Die Zahlen belegen, dass in Sachsen Neonazis ein weit höheres Gewaltpotenzial bergen als die linke Szene.

Der Anteil fremdenfeindlicher Straftaten lag im Berichtszeitraum mit insgesamt 138 Fällen im Gegensatz zum Vorjahr leicht über dem Niveau des Jahres 2011 (117). Die rückläufige Tendenz bei den antisemitischen Straftaten (2011: 66 Fälle, 2012: 58 Fälle) setzt sich weiter fort. Das Aufkommen politisch motivierter Ausländerkriminalität bewegte sich mit lediglich drei Straftaten, wie in den Vorjahren, auf vergleichsweise niedrigem Niveau (2011: eine), so dass sich keine Tendenzen erkennen lassen.

Das Fazit aus den vielen Zahlen könnte eindeutiger nicht ausfallen: Die Kriminalität in Sachsen nimmt zu. Die Aufklärungsquote bewegt sich dagegen langsam auf die 50-Prozent-Marke zu. Dass Ulbig trotz dieses Hintergrunds den Stellenabbau bei der Polizei vorantreibt, sorgt bei der Dresdner Opposition für Kopfschütteln.

“Das hat nicht nur, aber ganz sicher auch mit der zurückgehenden Präsenz der Polizei in der Fläche des Landes sowie mit immer weniger Beamten auf den Straßen der Großstädte zu tun, die zudem kaum noch Zeit für die wichtige präventive Arbeit haben”, meint André Hahn (Die Linke). “Gerade angesichts dessen ist es in höchstem Maße unverantwortlich, wenn die Staatsregierung in den kommenden zehn Jahren die Streichung weiterer 2.000 Stellen bei der sächsischen Polizei plant.” So wie die Kultusministerin in ihrem Bereich muss Ulbig endlich in seinem Ressort für eine bessere Personalausstattung der Polizei kämpfen. “Ansonsten wird es weder gelingen, die Kriminalität zurückzudrängen noch die Aufklärungsquote zu steigern”, prophezeit Hahn.

“Wer seit Jahren den Abbau von Polizeistellen propagiert, darf sich nicht wundern, wenn die Kriminalitätsraten steigen und die Aufklärungsquote sinkt”, stellt Eva Jähnigen (Bündnis 90/Die Grünen) fest. “Ich fordere den Innenminister auf, die aktuelle Kriminalstatistik zum Anlass zu nehmen, dass Polizeiabbaukonzept ‘Polizei.Sachsen.2020’ zu überarbeiten und den Stellenabbau bei der Polizei zu stoppen.”

Mehr Beamte fordert auch die SPD-Fraktion. “Die sichtbare Präsenz der Polizei im Straßenraum muss erhöht werden”, meint Sabine Friedel, innen- und rechtspolitische Sprecherin der Sozialdemokraten. “Gerade in den besonders belasteten Städten braucht es Sicherheitspartnerschaften zwischen der Polizei und den lokalen Ordnungsbehörden.” Weitere Polizeistellen würden abgebaut, die Struktur ausgedünnt. Im Bereich der Prävention werde gedankenlos gekürzt. Und der soziale Ausgleich sei im sächsischen Sparhaushalt gar keine staatliche Aufgabe mehr. “So wird der steigenden Straßenkriminalität nicht der Boden entzogen”, ärgert sich Friedel. “Im Gegenteil: Der Anstieg der Kriminalitätszahlen ist die Quittung schwarz-gelber Regierungspolitik.”

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