Auch kleine Schritte bringen weiter. Das ist ein Umstand, den auch die Grünen in Sachsen anerkennen, wenn sie merken: Da geht was voran. Zum Beispiel in Sachen Transparenz in der sächsischen Politik. Mit einem Gesetzentwurf zum Thema sind die Grünen zwar zuletzt an der Landtagsmehrheit abgeprallt. Aber einen wichtigen Baustein setzt die sächsische Regierung trotzdem um, staunt Valentin Lippmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag.

Denn seit Anfang Mai 2015 veröffentlicht die Staatsregierung regelmäßig das Abstimmungsverhalten des Freistaates Sachsen zu den jeweiligen Bundesratssitzungen auf der Website der Staatskanzlei unter der Rubrik ‘Aktuelles aus dem Bundesrat’. Das teilte Staatskanzleichef Dr. Fritz Jaeckel auf eine Kleine Anfrage von Valentin Lippmann mit. Dafür wurde von der Sächsischen Staatskanzlei sogar eine eigene Seite eingerichtet, auf der nun das Abstimmungsverhalten der sächsischen Staatsregierung im Bundesrat seit dem  15. Oktober 2010 nachvollziehbar ist.

Das ist zwar wieder etwas für echte Informations-Junkies, die bereit sind, durch meterlange Protokoll-Listen zu scrollen und auch einzuschätzen wissen, was nun im Konkreten eine Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung der Staatsregierung bedeuten.

Andererseits zeigen hier die Vertreter der sächsischen Koalition auch, wie sie selbst ticken, wo sie von der Haltung der anderen Bundesländer abweichen und auch mal stur eigene Wege versuchen. Oder wo sie schlicht versuchen, das wertkonservative Weltbild einer bestimmten Wählerklientel zu bedienen, auch wenn es dabei nur um Vorurteile geht – wie zum Beispiel in der Bundesratssitzung am  12. Juni, als es um die Abstimmung der Entschließung des Bundesrates “Ehe für alle – Entschließung für eine vollständige Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Paaren” ging. Eingebracht hatten den Antrag die Länder Niedersachsen, Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen.

Sachsen hat sich auf die Seite der Verweigerer gestellt und die Entschließung nicht unterstützt, “da im Ergebnis Bedenken gegen die Vorlage bestanden.”

Aber auch so etwas sollten die Wahlbürger erfahren. Denn dass eine Regierungspartei in solchen Belangen streng konservativ tickt (und der Koalitionspartner augenscheinlich keine eigene Position hat), heißt ja nicht, dass die Mehrheit der Sachsen genauso denkt.

In der Vergangenheit mussten auch die Oppositionsfraktionen solche Abstimmungsergebnisse immer erst detailliert nachfragen, obwohl der Bundesrat ja nun wirklich kein geheim tagendes Gremium ist.

“In anderen Bundesländern war es schon lange selbstverständlich, die Bürgerinnen und Bürger und den Landtag über Bundesratsinitiativen und das Abstimmungsverhalten zu informieren. In Sachsen ist es nun endlich auch so weit”, freut sich nun Valentin Lippmann. Der sich den Vorgang natürlich auch auf die eigenen Fahnen heftet, denn mit Start des neuen Landtages hat er angefangen, die Regierung zu nerven mit Anfragen zum Verhalten der Regierung im Bundesrat. Kein leichtes Unterfangen. Lernprozesse sind manchmal nicht ganz einfach.

Mit Beginn der 6. Legislatur im Herbst 2014 hatte Lippmann nach den Sitzungen des Bundesrates die Staatsregierung nach ihrem Abstimmungsverhalten gefragt und oft genug unzureichende Antworten bekommen.

Um die Staatsregierung zu mehr Transparenz zu drängen, hatte die Grünen-Landtagsfraktion als ersten Gesetzentwurf in der jetzigen 6. Legislatur ein Parlamentsinformationsgesetz eingereicht. Bürgerinnen, Bürger und Abgeordnete sollen Entscheidungen der Regierung direkt nachvollziehen können.

“Unser Gesetzentwurf wurde leider im Juni-Plenum abgelehnt. Doch dass das Abstimmungsverhalten Sachsens im Bundesrat neuerdings transparent dargestellt wird, verbuchen wir als kleinen Erfolg”, findet Lippmann. “Mein hartnäckiges Nachfragen bei der Staatsregierung hat sich gelohnt.”

Und so erfährt man nun auch aus der Juli-Sitzung des Bundesrates am 10. Juli, dass Sachsen bei fast allen Themen durchaus so tickt wie die anderen Bundesländer. Und dass man auch auf Regierungsebene Sinn darin sieht, die Elektromobilität deutlich stärker zu unterstützen als bisher.

Zum Beispiel durch die Einführung des E-Kennzeichens, das auch die Einrichtung von extra für Elektrofahrzeuge reservierten Stellflächen ermöglicht.

Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann “Positionen und Abstimmungsverhalten der Landesregierung Sachsen in der 934. Sitzung des Bundesrates am 12. Juni 2015” (Drs 6/1871).

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