Dass die Dresdner immer mal wieder für eine Überraschung gut sind, ist spätestens seit dem deutschlandweit einzigartigen Aufstieg der Pegida-Bewegung in der sächsischen Landeshauptstadt und den Umliegergemeinden bekannt. Am 5. Juli 2015 könnte neben Leipzig und Chemnitz das letzte der drei wirklich wichtigen Rathäuser Sachsens an die SPD fallen. Könnte, denn so richtig gut stehen die Chancen für die Kandidatin Dr. Eva-Maria Stange (SPD), welche für das rot-rot-grüne Bündnis „Gemeinsam für Dresden“ antritt, trotz Platz 1 im ersten Wahlgang heute nicht wirklich. Zudem sinkt die Wahlbeteiligung.

+++ 20:10 Uhr: Zu Ende gezählt, fertig gewählt +++

Mit 54,2 Prozent wird Dirk Hilbert (FDP) neuer Oberbürgermeister “für alle Dresdner” (Hilbert) in Dresden. Knapp 30.000 Stimmen konnte er heute mehr auf sich vereinen, als noch am 7. Juni 2015. Man könnte sagen, weitere 30.000 Dresdner gesellten sich gegen rot-rot-grün an die Seite Hilberts. Und so stimmten am Ende 100.118 Dresdner für den derzeitigen Vertreter der aus Krankheitsgründen ausgeschiedenen Helma Orosz (CDU). Das Mandat gilt für 7 Jahre, in einem ersten Statement gegenüber dem MDR versprach Dirk Hilbert, die “Stadt wieder zu einen”. Einerseits dürfte damit der Riss gemeint sein, welchen Pegida in den vergangenen Monaten in Dresden hinterlassen hat. Zum anderen war der Wahlkampf auch als Richtungskampf zwischen dem rot-rot-grünen Bündnis und dem zuletzt als “bürgerliches Lager” Hilberts empfunden worden.

Inwieweit Hilbert die Einigung hinbekommt, wird sicher an Sachfragen entschieden werden. Eva-Maria Stange (SPD) jedenfalls hatte in ersten Einlassungen gegenüber dem MDR heute betont, dass sich die Dresdner erst einmal mehr Kitas und weniger Straßenbauten wünschen würden. Da wäre sie also schon, die erste Frage an den neuen OBM.

Zum Endergebnis und den Stimmverteilungen in den einzelnen Wahlbezirken geht es hier entlang. (einmal scrollen)

Schlussstand in Dresden. 42,7 Prozent Wahlbeteiligung und über 100.000 Dresdner für Hilbert. Screen Dresden.de
Schlussstand in Dresden. 42,7 Prozent Wahlbeteiligung und über 100.000 Dresdner für Hilbert. Screen Dresden.de

+++ 19:56 Uhr: Erstaunliches an der Stimmenfront +++

Es wird immer deutlicher, dass Hilbert von der grundlegenden Ablehnung der Kandidatin Stange im rechtsnationalen und schwarzen Lager profitieren konnte. Während nunmehr die Wahlbeteiligung mit 42 Prozent zum Zeitpunkt der Schließung der Wahllokale angegeben wird, ist der Stimmenzuwachs bei Dirk Hilbert enorm. Fast 30.000 Stimmen mehr, nach dem ersten Wahlgang mit rund 70.157 nun hin auf 98.429. Ein durchaus einmaliger Vorgang, für gewöhnlich können Kandidaten ihre Stimmenzahlen halten, mit Schwankungen in beide Richtungen. So bei Eva-Maria Stange zu sehen. 79.583 Stimmen für sie im ersten und nun 79.877 im zweiten Wahlgang. Lars Stosch (Die PARTEI) erging es etwa ähnlich, bei leichten Verlusten.

442 von 445 Wahlbezirken. Das "Stimmenwunder" hat zugeschlagen. Screen Dresden.de
442 von 445 Wahlbezirken. Das “Stimmenwunder” hat zugeschlagen. Screen Dresden.de

+++ 19:21 Uhr: Hilbert mit Pegida-, AfD- und CDU-Stimmen ins Amt +++

423 Wahlbezirke von 445 sind durch, das Bild bleibt unverändert. Der OBM steht fest, sein Name lautet Dirk Hilbert. Interessant hingegen, wie sich bereits jetzt die reinen Stimmenanzahlen verändert haben. Während Stange, wie prognostiziert, mit derzeit knapp 73.000 Wählern ihr Potential vom ersten Wahlgang (79.583 Stimmen) wohl erneut abrufen konnte, ist der Zuwachs auf Seiten Hilberts dramatisch. Noch kann Stange etwas an Boden gutmachen, denn die Bezirke wurden wieder von “außen” nach “innen”, also Richtung Innenstadt ausgezählt. Doch stimmten am 7. Juni noch insgesamt 70.157 Dresdner für Dirk Hilbert, stehen heute bereits jetzt 20.000 Stimmen mehr bei gesunkener Wahlbeteiligung und noch fehlenden Wahlbezirken.

423 Wahlbezirke und eine überraschende Stimmenmehrung bei Hilbert. Screen Dresden.de
423 Wahlbezirke und eine überraschende Stimmenmehrung bei Hilbert. Screen Dresden.de

Die Wahlbeteiligung selbst fällt von 51,1 Prozent am 7. Juni auf voraussichtlich 45 Prozent am heutigen Tage.

Nicht verwunderlich dennoch die Stimmenvermehrung bei Hilbert. Die Rückzüge von Markus Ulbig (15,4 %, CDU), Tatjana Festerling (9,6 %, Pegida) und Stefan Vogel (4,8, AfD) hatten ein Potential von 65.791 Stimmen rechts von der SPD freigegeben. Pegida hatte aufgerufen, Hilbert zu wählen, um Stange zu verhindern, auch so manchem CDU- und AfD-Wähler dürfte nach dem bereits bestehenden Übergewicht von Rot-Rot-Grün im Dresdner Stadtrat die Vorstellung einer SPD-Bürgermeisterin Grund genug gewesen sein, nochmals auch ohne eigenen Kandidaten zur Wahl zu gehen.

Der Stand nach 394 Wahlbezirken. Hilbert wird neuer OBM in Dresden. Screen Dresden.de
Der Stand nach 394 Wahlbezirken. Hilbert wird neuer OBM in Dresden. Screen Dresden.de

+++ 18:54 Uhr: Der MDR geht ab 19 Uhr live, Hilbert wird OBM +++

Im Sachsenspiegel kann man sich dann wohl live das enttäuschte Gesicht der amtierenden Staatsministerin Eva-Maria Stange anschauen. Denn heute wird es nichts für die gemeinsame Kandidatin von Rot-Rot-Grün plus Piraten in Dresden. Wie vorausgesagt musste sich der Trend zur ersten Wahl drehen, da alle Kandidaten, welche am 7. Juni noch Hilbert Stimmen kosteten, für den zweiten Gang zurückzogen. Doch nach 394 Wahlbzirken ist klar – Dirk Hilbert (FDP) wird neuer Oberbürgermeister in Dresden.

Ein bisschen verschiebt sich alles noch weiter für Stange, doch Hilbert ist wohl enteilt. 339 Wahlbezirke von 445. Screen Dresden.de
Ein bisschen verschiebt sich alles noch weiter für Stange, doch Hilbert ist wohl enteilt. 339 Wahlbezirke von 445. Screen Dresden.de

+++ 18:45 Uhr: Zu früh gemutmaßt? Die Aufholjagd bekommt ein wenig Fahrt +++

Eher noch ein Schluss-Halali, bevor bei Hilberts Mannschaft die Korken knallen dürften. Stange holt auf, aber zu langsam. Auch bei der Auszählung im ersten Wahlgang am 7. Juni hatte sich Stange noch ein wenig deutlicher gegen Ende absetzen können und am Schluss gewonnen. Heute wird es nicht reichen, auch wenn der Trend gegen Ende gleich ist. Mehr als 5 Prozent waren es auch in Wahlgang 1 nicht, um die sich das Ergebnis ab der Hälfte der Wahlbezirke verschob.

18:35 Uhr und 256 Wahlbezirke. Zwar verkürzt sich der Abstand noch ein wenig, aber das dürfte für die Staatsministerin nicht reichen. Der Interims-OBM scheint auch der reguläre zu werden. Umzugskosten fallen also wahrscheinlich nicht an. Screen Dresden.de
18:35 Uhr und 256 Wahlbezirke. Zwar verkürzt sich der Abstand noch ein wenig, aber das dürfte für die Staatsministerin nicht reichen. Der Interims-OBM scheint auch der reguläre zu werden. Umzugskosten fallen also wahrscheinlich nicht an. Screen Dresden.de

+++ 18:32 Uhr: Knapp die halbe Stadt ist durch – der Trend bleibt +++

215 Wahlbezirke sind es jetzt, doch der Abstand zwischen den beiden eigentlichen Kandidaten Dr. Eva-Maria Stange und Dirk Hilbert bleibt. Unverändert steht Hilbert (FDP) bei 57 Prozent wie festgenagelt und 41,3 stehen bei Stange (SPD). Der Abstand dürfte zu groß sein, um ihn in der verbleibenden Stadt wettzumachen. Dresden scheint einen liberalen Oberbürgermeister zu wählen.

Bei 162 Wahlbezirken um 18:27 Uhr: Eine kleine Verkürzung des Abstandes - aber der Trend für Hilbert bleibt. Screen Dresden.de
Bei 162 Wahlbezirken um 18:27 Uhr: Eine kleine Verkürzung des Abstandes – aber der Trend für Hilbert bleibt. Screen Dresden.de

+++ 18:18 Uhr: Die ersten Ergebnisse – Kein Glück für Eva-Maria Stange +++

Es scheint so zu kommen, wie vorausgesagt. Eva-Maria Stange liegt, bei zwar erst 53 ausgezählten Wahlbezirken, vom Start weg weit hinten. 39,7 Prozent zu 58, 6 Prozent sind verdammt viel Abstand. Das sieht eher nach einem Start-Ziel-Sieg für Dirk Hilbert aus.

Die Ergebnisse in 53 von 445 Wahlbezirken um 18:18 Uhr. Screen Dresden.de
Die Ergebnisse in 53 von 445 Wahlbezirken um 18:18 Uhr. Screen Dresden.de

+++ 17:55 Uhr: Die Wahlbeteiligung sinkt +++

Auch 17 Uhr waren erst knapp über 40 Prozent der Dresdner wählen. Foto: Screen Dresden.de
Auch 17 Uhr waren erst knapp über 40 Prozent der Dresdner wählen. Foto: Screen Dresden.de

 

+++ 17:45 Uhr Die Situation vor den ersten Ergebnissen +++

Die Rechnung zeigte bereits im Vorfeld Vorteile für den derzeitigen Interims-Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP, Unabhängige Bürger für Dresden e. V.).

Im ersten Wahlgang am 7. Juni 2015 stimmten 36 %, bei 79.583 Stimmen für Eva-Maria Stange und 31,7 % oder 70.157 Dresdner für Dirk Hilbert. Über 9.000 Stimmen Vorsprung, welche schnell zusammenschmelzen könnten. Denn die Reaktion der weiteren Kandidaten nach dem 7. Juni sprachen alle gegen Stange. Markus Ulbig (15,4 %, CDU), Tatjana Festerling (9,6 %, Pegida) und Stefan Vogel (4,8, AfD) zogen sich zurück und gaben so ein Potential von 65.791 Stimmen rechts von der SPD frei. Und das Lied von der „bürgerlichen Mitte“ erklang, als Innenminister Markus Ulbig seine Wähler um die Stimme für Dirk Hilbert bat.

439 von 445 Wahlkreisen sind in Dresden ausgezählt. Zeit für ein erstes Resumée. Screen: Dresden.de
Screen: Dresden.de

Tatjana Festerling hingegen rief auf einer Pegida-Versammlung im Anschluss erneut zum Widerstand gegen alles auf, was irgendwie links scheint. Weggefährte Lutz Bachmann nannte den Rückzug Festerlings eine taktische Maßnahme, um den Sieg Stanges zu verhindern und forderte die Pegida-Anhänger auf, Hilbert zu wählen. Der kann nun auf Pegida-, CDU- und AfD-Stimmen hoffen, ganz gleich, ob die CDU dazu nicht offensiv aufrief. In einer Stadt, in welcher in den letzten Monaten das Wort „Heimat“ einen strammen Klang bekommen hat, könnte es auch eine Rolle spielen, dass hier ein Dresdner gegen eine geborene Mainzerin antritt.

Schlechte Voraussetzungen für Stange

Ein dramatischer Anstieg der Wähler für das Bündnis aus SPD, Linken, Grünen und den Piraten könnte zudem ausbleiben. Der Wahlkampf gestaltete sich zäh, zündende Ideen blieben aus. Einzig der chancenlose dritte Kandidat Lars Stosch, alias Lara Liqueur von der Partei DIE PARTEI (5.446 Stimmen, 2,5 %) konnte mit einem Angebot eines gemeinsamen Friseurbesuchs der beiden Kandidatinnen ein wenig Schwung zumindest in den Onlinewahlkampf bringen. In einem eher weniger geschmackvollen Stickermotiv attackierte die PARTEI-Kandidatin und DJane Bürgermeister Hilbert, auf welchem sich hinter den FDP-Mann im Ringerdress von Festerling in SS-Uniform, Ulbig als DDR-Soldat und Vogel im Wehrmachtsoutfit stellen.

Ob es für Stange gereicht hat, in Dresden jugendlich „Vote for Eva“ zu plakatieren, wird sich ab 18 Uhr zeigen. Da erfahrungsgemäß weniger Wähler zu einem zweiten Wahlgang gehen, stehen die Chancen 2015 nicht schlecht, dass Dresden nach der Amtszeit Ingolf Roßbergs (FDP) von 2001 bis 2008 ein weiteres Mal von einem liberalen Politiker regiert wird.

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