Dass CDU und SPD die alte Imagekampagne des Freistaats „So geht sächsisch“ fortführen wollen, hatten beide schon im Koalitionsvertrag 2014 so vereinbart. Dem medienpolitischen Sprecher der Linksfraktion, Falk Neubert, leuchtete das nicht so richtig ein. Immerhin tauchte der Slogan an den seltsamsten Orten auf. Auf Milch aus einer privaten Molkerei etwa, auf diversen Postkarten und im Heimatprogramm im TV.

Er hatte auch extra nach einer Evaluierung der Kampagne gefragt. Und bekam – was er ja hätte ahnen können – sehr viele schöne Antworten zu Land, Leuten und schöner Landschaft. Aber die Abfrageergebnisse lassen auch durchschimmern, wie gezielt abgefragt wurde. Man kann durch so eine Art Test im Grunde alles Mögliche bestätigen, auch den Erfolg einer Kampagne, die Sachsen vor allem als heimeliges Urlaubsland anpreist, während die Botschaft des “wichtigen Standorts für Wissenschaft, Forschung und Innovation” nur bei 44 Prozent der Befragten angekommen war, die des “dynamischen Wirtschaftsstandorts” nur bei 43 Prozent.

Es hatte sich gegenüber der ersten Befragung 2011 (die man dann als Begründung der Kampagne nahm) nicht viel geändert. Und das müsste eigentlich zu denken geben. Denn Zuwanderer, Ansiedlungen oder Investitionen kommen nicht wegen der schönen Landschaft oder der hübsch restaurierten Städtchen. Das Land hat also immer noch vor allem den Ruf eine netten Reiseziels (die politische Außenwahrnehmung wurde in dieser Umfrage von 2014 gar nicht abgefragt), aber eben doch nicht den gewünschten eines zweiten Baden-Württemberg (an dessen Standort-Kampagne “Wir können alles, außer hochdeutsch” der sächsische Slogan eben doch irgendwie erinnert).

Den ganzen Antwortstapel zur recht provinziellen und eben doch sehr touristisch aufgelegten Kampagne nahm nun Rico Gebhardt, Vorsitzender der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, zum Anlass, ein Ende der Image-Kampagne zu fordern.

Er verbindet das mit der Feststellung des sächsischen Wirtschaftsministers Martin Dulig (SPD), dass integrationswillige und gebildete Flüchtlinge aus Sachsen in andere Bundesländer abwandern. Denn statt die Ankömmlinge mit guten Arbeitsplätzen in einem wirtschaftlich blühenden Land anzuwerben, tun einige spazierfreudige Sachsen und eine Menge provinzieller Politiker alles dafür, den Asylsuchenden einen Aufenthalt in Sachsen möglichst zu vermiesen.

Das passt natürlich zum Slogan “So geht Sächsisch”: Man pflegt die Abwehr und die provinzielle Einigelung. Weltoffen und innovativ geht wirklich anders.

Und so empfiehlt Gebhardt: “Eine uralte und ewig wahre Indianerweisheit lautet: ‘Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab!’ Das Pferd ‘So geht sächsisch’ ist lange tot. Jegliche Wiederbelebung ist zwecklos. Es wäre für das Ansehen Sachsens besser, die Koalition unterließe ab sofort alle Reanimierungsversuche. Von künftigen Etatposten für diesen Zweck im sächsischen Landeshaushalt sollte daher Abstand genommen werden.”

Der Webfehler für Gebhardt lag von Anfang an darin, Sachsen als heile und heimelige Welt anzupreisen. Ohne wirklich zugeben zu wollen, wie viel Abschottung in dieser sächsischen Heimattümelei steckt.

“Das ramponierte Image des Freistaates Sachsen wird man nicht mit Bildern vermeintlicher ‘heiler Welt’ aufpolieren, sondern durch ‘gute’ Taten auch der Regierung”, empfiehlt er deshalb. “Diese ‘gute’ Tat könnte sein, die Gelder aus der Kampagne in Integrationsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose und in die Integration von Geflüchteten zu stecken, weil bei beiden Gruppen die bisherigen Maßnahmen der Koalition versagt haben. Mit gebetsmühlenartig wiederholten Appellen an den regulierenden Markt kommen wir nicht weiter.”

Was schon fast viel zu euphorisch klingt, wo doch die Barden der sächsischen Gemütlichkeit derzeit gerade eine Liedstrophe ausgiebig singen und feiern: die von der schnellen Abschiebung.

Gastfreundschaft hört sich anders an.

Gebhardt: “Dass wahrscheinlich mehr als neun von zehn anerkannten Asylsuchenden Sachsen Richtung alte Bundesländer verlassen, ist seit vielen Monaten die gefühlte Wahrnehmung vieler Flüchtlingshelfer. Die Staatsregierung sollte neben den ständigen Zahlen der Erstaufnahme auch einmal diese Zahlen ermitteln und veröffentlichen, da sie zu einem realistischen Bild über ‘Asyl in Sachsen’ gehören. Tatsache ist: Wenn es nicht gelingt, Geflüchtete schon während des Asylverfahrens in die hiesige Arbeitswelt zu integrieren, werden sie zumeist nach Abschluss des Verfahrens kaum hier bleiben und mit uns zusammen an der Zukunft Sachsens bauen.”

Falk Neuberts Anfrage zur Wirkungskontrolle der Kampagne “So geht sächsisch”.

Falk Neuberts Anfrage zur “Image- bzw. Werbekampagnen Sachsen”.

Falk Neuberts Anfrage zu “So geht sächsisch” auf Milchverpackungen.

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