Wenn der Landtagsabgeordnete der Linken, André Schollbach, die sächsische Staatsregierung mit Fragen löchert, dann schimmert immer ein wenig durch, wie transparente und ehrliche Politik eigentlich sein müsste. Doch selbst nach eindeutigen Gerichtsurteilen mauert Sachsens Regierung - zum Beispiel, was das ominöse Treffen mit der Pegida-Spitze im Januar 2015 betrifft. Jetzt steht ein neuer Verdacht im Raum.

Den hat zumindest die „Dresdner Morgenpost“ so geäußert. Und die hat ihn wieder vom Landtagsabgeordneten der AfD, Carsten Hütter, der – laut „Dresdner Morgenpost“ – äußerte: „Mir sind Informationen angetragen worden, dass es Geld für den PEGIDA-Verein vom Freistaat gegeben hat.“

In seinem Fragenkatalog, den er am 28. Juli ins Informationssystem des Sächsischen Landtags stellte, klingt das noch viel selbstgewisser: „Warum und aus welchem Fonds bezahlte die Staatsregierung Geld an das sogenannte ‚Orga-Team‘ von ‚Pegida‘ in Dresden? Wie viel Geld wurde wann gezahlt?“

Denn so, wie es die Zeitung darstellt, könnte Innenminister Markus Ulbig (CDU) bei dem ominösen Treffen mit dem Orga-Team von Pegida eine staatliche Geldspritze für den Pegida-Verein zugesagt haben, damit das Trommelfeuer der wöchentlichen Umzüge in Dresden aufhört und die Demonstrationen nur noch einmal im Monat stattfinden. Das Geld scheint dann der Grund für das Zerbrechen der Pegida-Spitze gewesen zu sein.

Was dann wieder Schollbachs Verdacht nährt, dass hinter dem Treffen von Innenminister Markus Ulbig mit der Pegida-Führungsspitze am 26. Januar 2015 mehr steckte, als der Minister dann öffentlich werden lassen wollte. Als André Schollbach mittels Kleiner Anfrage (Parlaments-Drucksache 6/857) Näheres zu Ulbigs Pegida-Date wissen wollte, gab dieser sich wortkarg und weigerte sich, den Ort des Treffens mitzuteilen. Darüber sei zwischen den Beteiligten und dem die Räumlichkeit zur Verfügung stellenden Dritten „Stillschweigen vereinbart“ worden.

Dies ließ sich der Jurist André Schollbach nicht bieten und zog vor den Verfassungsgerichtshof. Dessen Urteil vom 28. Januar 2016 (Aktenzeichen Vf. 63-I-15) war eindeutig: Die Staatsregierung hat Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung verletzt, indem sie die Anfrage unvollständig beantwortete. Mit dem Urteil im Rücken stellte Schollbach eine neue Kleine Anfrage (Drucksache 6/4092). Eine inhaltliche Antwort erhielt er wieder nicht. Auch in seiner Auskunft vom April 2016 wich der Innenminister aus, versteckte sich hinter einem „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ der Regierung.

Im Grunde machte Ulbig mit der Antwort deutlich, wie sehr sich die in Sachsen etablierte Regierungspolitik mittlerweile schon als eine Geheimkabinettspolitik versteht. Man verweigert grundsätzlich Auskünfte über das eigene Handeln, selbst da, wo es sichtlich um Steuergelder geht.

Der Gipfel der vorgebrachten Ausreden, die Schollbach vom Innenminister bekam, klingt so: „Eine Offenlegung hätte einen Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust zur Folge, der künftig ähnlich gelagerte Aktivitäten wesentlich erschweren, wenn nicht ausschließen würde.“

Schollbach ist deshalb in dieser Sache erneut vor den Verfassungsgerichtshof gezogen – mit einer Entscheidung ist im Laufe des Jahres 2016 zu rechnen.

Nach dem Artikel der „Dresdner Morgenpost“ erscheint die Geheimniskrämerei Ulbigs um sein Pegida-Date in einem ganz neuen Licht: Nun steht der Verdacht im Raum, dass Pegida staatlich gefördert worden sein könnte, stellt Schollbach fest. Der Sprecher des Staatsministeriums des Innern wurde am 5. August von der „Dresdner Morgenpost“ dazu mit der Behauptung zitiert, Ulbig hätte „niemals eine entsprechende Vereinbarung getroffen“, allerdings räumte er ein, man sei „in der Tiefenprüfung, ob es nicht in anderem Zusammenhang eine Förderung gab.“

Was natürlich die Frage aufwirft: Was hat Ulbig da mit dem Orga-Team von Pegida besprochen?

Also hat auch André Schollbach gleich am Freitag, 5. August, eine weitere Kleine Anfrage zu Ulbigs Pegida-Date und der Frage formuliert, ob und in welchem Umfang der Innenminister „Pegida“ oder Mitgliedern des „Pegida-Organisationsteams“ Zahlungen oder die Gewährung sonstiger geldwerter Vorteile des Freistaates Sachsen anbot oder in Aussicht stellte. Er muss ja die finanzielle Spritze nicht selbst versprochen haben. Das kann ja durchaus auch ein eifriger Ministeriumsmitarbeiter in Formen gegossen haben.

André Schollbach: „Die bisherige Geheimniskrämerei um das Treffen des Innenministers mit Pegida erscheint in einem neuen Licht. Die Umstände des Pegida-Dates müssen endlich restlos aufgeklärt werden. Sollte tatsächlich staatliches Geld an Pegida geflossen sein, wäre das ein handfester Skandal.“

Die neue Kleine Anfrage von André Schollbach

Die neue Nicht-Antwort von Markus Ulbig aus dem Februar 2016. Drs. 4092

Die Anfrage von Carsten Hütter (AfD). Drs. 5857

Update vom 6. August 2016: Staatsgelder für PEGIDA? Markus Ulbig legt sich fest

Staatsgelder für PEGIDA? Markus Ulbig legt sich fest

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