Die FDP sitzt zwar seit Ende 2014 nicht mehr im Sächsischen Landtag, aber immer wieder meldet sie sich mit kritischen Tönen zur Regierungspolitik zu Wort. Der Jugendverband JuliA bringt jetzt wieder ein Thema auf den Tisch, das bislang eher bei der Linken zu Hause war: die staatliche Alimentierung der beiden großen Kirchen in Sachsen. Nach 22 Jahren gehöre der Kirchenstaatsvertrag neu verhandelt, fordern die Jungliberalen.

„Die Kirchen leisten als moralische Instanz zweifelsfrei einen wichtigen Beitrag für Teile unserer Bevölkerung“, betont der Landesvorsitzende der Jungliberalen Aktion Sachsen (JuliA), Philipp Hartewig. „Die Kirchenstaatsverträge sind dennoch überarbeitungsbedürftig, insbesondere hinsichtlich der regelmäßigen Zahlungen des Freistaates an die Kirchen. Eine Ewigkeitsklausel für Abgeltungsansprüche aus dem Jahr 1803 wirkt für viele Bürger realitätsfremd, zumal dieser Betrag jährlich weiter ansteigt.“

Ihren Ursprung haben die Zahlungen aus den Kirchenstaatsverträgen in den Säkularisierungen kirchlichen Eigentums im Jahr 1803. Um die Kirchen für den Besitzverlust zu entschädigen, wurden in der Folgezeit entsprechende Abgeltungsansprüche in Geldwert vereinbart.

Das Verhältnis von Staat zu Religion bestimmt sich heute in Sachsen nach den Artikeln 109-112 der Sächsischen Verfassung, näheres regeln Kirchenstaatsverträge. Diese enthalten sogenannte Abgeltungszahlungen für Enteignungen der Kirchen aus dem Jahre 1803, für welche die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin zur Zahlung verpflichtet ist. Die Höhe dieser Zahlungen ist in Sachsen freilich an die Entwicklung der Beamtenbesoldung gekoppelt. Das heißt: Immer wenn sächsische Beamte neue Gehaltszulagen aushandeln, steigt automatisch auch die Summe, die an die Kirchen überwiesen wird.

Im Lauf der Zeit flossen auf diese Weise über 450 Millionen Euro an die beiden großen Kirchen, so das Ergebnis einer Landtagsanfrage des Linke-Abgeordneten André Schollbach von 2015.

Die Jungliberale Aktion Sachsen (JuliA) fordert nun die Kirchen und Staatsregierung auf, die Kirchenstaatsverträge grundlegend zu reformieren.

Zur Lösung des Problems schlägt der Landesvorsitzende der JuliA vor: „Da die rechtlichen Einschätzungen zur Veränderung der Staatsverträge strittig sind, setzen wir auf einen Dialog zwischen Kirchen und Staatsregierung auf Augenhöhe. So könnte man beispielsweise diese Abgeltungszahlungen durch Einmalzahlungen befristen, die jährliche Erhöhung streichen oder sich auf ein Stufenmodell zur Senkung der Höhe der Zahlungen einigen.”

Dabei ist Hartewig irgendwie noch auf einem älteren Stand der Dinge: „Seit 1995 flossen über 300 Millionen Euro an Kirchen durch Staatsverträge, hinzu kommen die jährlichen Kirchensteuereinnahmen, die der Staat für diese eintreibt. Wir sollten uns darüber bewusst sein, dass in Sachsen gerade einmal 4 Prozent katholisch, 21 Prozent evangelisch und die Mehrheit der Bevölkerung atheistisch geprägt sind. Die Kirchenstaatsverträge belegen, dass eine Trennung von Kirche und Staat nur formal in der Verfassung steht, aber längst nicht umgesetzt wird.“

Auch das ein Punkt, den die Linke seit Jahren kritisiert – bis hin zu den Sendezeitregelungen für die sächsischen Kirchen im MDR. Gleichzeitig sitzen Vertreter der Kirchen wie selbstverständlich in den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Und das in einer Gesellschaft, in der auch die religiöse Vielfalt immer größer wird, wie Hartewig feststellt: „Im Zuge der Bearbeitung der Kirchenstaatsverträge sollte ebenso ein allgemeiner Religionskundeunterricht an sächsischen Schulen als Ziel formuliert werden, um einen besseren Dialog zwischen Religionen zu forcieren und ethische Fragen kontroverser im Unterricht erörtern zu können. Wir sollten uns dabei an Vorreitern, wie beispielsweise Luxemburg orientieren.“

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